immer dienstags 7:00 Uhr

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Letzten Dienstag waren es etwa 30 Blockierer zum 5. Jahrestag des Abrissbeginns des Nordflügels, heute fünf Leute (zwei Frauen, drei Männer), die blockerten. Polizei war zu sehen, hat aber bis 7:40 noch niemand angesprochen oder zum Räumen aufgefordert.
Mein ICE fuhr 7:51, deshalb kann ich jetzt noch nichts über den weiteren Verlauf der Blockade berichten, möchte es aber an dieser Stelle noch anfügen.
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Nachtrag am 14.9.2015 aus BAA:

Zynismus mag eine psychologisch scharfe Waffe sein, doch damit lässt sich S21 nicht stoppen. Das wissen auch die S21-Gegner, die sich jeden Dienstag ab 7:00 vor einem der Bautore an der Baustelle am Hauptbahnhof treffen. Sie protestieren dort gegen das Projekt mit Worten, Flyern und Bannern. Es ist eine als Versammlung anerkannte Demonstration. Seit einigen Wochen findet sie dienstags vor dem Nordausgang am Kurt-Georg-Kiesinger-Platz statt. Hier werden all die Menschen erreicht, die jenseits des Platzes in den Büros am Mailänder Platz arbeiten und morgens schnellen Schrittes an der Baustelle vorbei zu ihren Arbeitsstellen streben. Gespräche kommen zwar nicht zustande, man hetzt zur Arbeit, doch Flyer werden mitgenommen.
Da kann man doch nichts mehr machen, es ist vorbei, sie bauen“, sagte eine Dame im Vorbeigehen. Es ist erstaunlich, wie wenig sich „der Bürger“ zutraut. Doch Fatalismus zieht sich wie ein roter Faden durch die Menschheitsgeschichte.  Schon vor knapp 500 (!) Jahren schrieb der Philosoph und Politiker Michel de Montaigne (1533-1592): „Ich war immer erstaunt, dass Könige so leicht glauben können, sie bedeuteten alles, und dass das Volk so leicht glaubt, es bedeute nichts.“  
Schade, dass dieser Glaube sich beharrlich hält, denn mit dem
Vertrauen in die eigene Kraft, die im Zivilen Ungehorsam ihren Ausdruck findet, wäre es möglich, dem Projekt die Stirn zu bieten. Ein Dutzend Parkschützer waren es am gestrigen Dienstag, die vor dem Bautor standen und mit Bannern die immer wiederkehrende Forderung nach einem Stopp der Stadt- und Naturzerstörung postulierten. Mehrere Fahrzeuge, die die Baustelle verlassen bzw. dort einfahren wollten, wurden zunächst von der Polizei zurückgeschickt (die Baustelle hat nicht nur eine Zufahrt). Schließlich – nach eineinhalb Stunden – beugten sich jedoch die Einsatzbeamten der Weigerung der LKW-Fahrer, eine andere Route zu nehmen und so wurde die Versammlung aufgelöst und den Demonstranten ein neuer Versammlungsort zugewiesen. Nach einer dreimaligen Durchsage des Einsatzleiters rollten die Demonstranten ihre Banner zusammen und verließen den Kurt-Georg-Kiesinger-Platz.
Kurz vorher machte der Bauleiter noch ein paar Fotos von der Situation vor dem Bautor und erklärte auf Nachfrage, dass er ja Beweise haben müsse, wenn seine Firma
Regressansprüche wegen der Bauverzögerung (!) machen wollte. Das ist dann der ganz normale (Denk)-Wahnsinn, den S21 produziert. Man braucht immer wieder solche Erlebnisse, damit man merkt, dass bei S21 Welten aufeinander prallen. Immerhin ist eine Demonstration ein vom Grundgesetz geschützter Akt des Bürgerrechts und zudem …  zum Thema Regress hätten doch zunächst einmal all die S21-Geschädigten –  in Stuttgart von Lärm, Staub, Erschütterungen und Verspätungen betroffenen Bürger - das Recht, hier Ansprüche anzumelden.
Die gestrige Demonstration dauerte
von 6:45 bis 8:45 und stand unter dem Motto, das Bahnchef Grube (s.o.) vor zweieinhalb Jahren selber so eindrucksvoll ausgesprochen hatte. Allerspätestens seit diesem Zeitpunkt – März 2013 – ist die Forderung nach einem Baustopp aufgrund des mit Grubes Aussage verbundenen Eingeständnisses von Fehlplanung und Konzeptlosigkeit die Basis für jede Demonstration. Die Gründe für einen Baustopp sind so vielfältig wie der Protest. Juristische, technische und finanzielle Tatsachen sprechen für einen sofortigen Baustopp.
Die Argumente gegen S21 sind weder Meinungen noch Behauptungen, sondern
Tatsachen, die den Argumenten der Bahn für einen Bau von S21 entgegen stehen. Vor genau fünf Jahren wurde an der Stelle der gestrigen Demonstration mit dem Baggerbiss der Abriss des Nordflügels begonnen. Es war nicht ein behutsames Abtragen der wertvollen historischen Natursteine, sondern es war ein Tatsachen schaffendes, hektisches Zerstören des denkmalgeschützten Nordflügels. Und das alles, noch bevor über den Einspruch entschieden war, den der Enkel des Architekten Bonatz, Peter Dübbers, gegen den Abriss erhoben hatte.  Auch an diesen Teil der mutwilligen Stadtzerstörung – Unrecht pflastert den Weg von S21 -  wollte die gestrige Demonstration erinnern.
(Fotos und Bericht: Petra Brixel)