Jobst Knoblauch:
Mein kategorischer Imperativ lautet: Politisches Wollen darf nur dann in staatliches Handeln umgesetzt werden, wenn es der Allgemeinheit nützt.

Das ist bei dem von Ihrer Partei favorisierten Projekt Stuttgart 21 absolut nicht der Fall:
  • Ihr Handeln schadet der Allgemeinheit über die gesamte Laufzeit von 100 Jahren immens.
Dazu einige Beispiele: * Unbeherrschbarer Brandschutz: Todesfalle für Hunderte Bahnreisende in den 60 km gebauten und den weiteren 60 km geplanten Tunnel sowie der unterirdischen Haltestelle * Andauerndes, baubedingtes Gefahrenpotential durch unbeabsichtigt wegrollende Züge während des Umsteigens der Fahrgäste aufgrund der gefährlich starken Gleisneigung (6 m Höhe auf 400 m Länge) in der schrägen Tiefhaltestelle * Überhöhte Feinstaubbelastung in der unterirdischen Tiefhaltestelle: Die Wolke aus dem Abrieb von Eisen und heißen Bremsbacken wird von jedem einfahrenden Zug aus den Tunnel in die Halle hineingeschoben. * Erwiesener, irreparabler Leistungsrückbau * Kein integraler Taktfahrplan möglich * Im Verhältnis zum Effekt übertrieben ausufernde Kosten * Über die Jahrzehnte wiederkehrende Betriebsstörungen wegen möglicher Reparaturen in den Tunnel, die durch den quellfähigen Gipskeuper beschädigt werden. * Automatisch geflutete Bahnsteighalle bei extremen Hochwasserlagen, damit die Halle insgesamt wegen des erhöhten Grundwasserspiegels nicht aufschwimmt.
Von vernunft-begabten Menschen erwartet man, dass sie umkehren, wenn man ihnen durch unwiderlegbare Fakten beweist, dass der Weg, den sie eingeschlagen haben, ins absolute Desaster führt. Deswegen: Baustopp jetzt und das bisher Erreichte kostengünstig und sinnvoll umnutzen. Mit freundlichen Grüßen
(Jobst Knoblauch)




Am 14.01.2012 um 21:43 schrieb M.Rupp:
 
Liebe Stuttgart 21 Interessierte,
 
/* Gerne auch die E-Mail weiterleiten */
 
Vorwort zur Stuttgart 21 Volksabstimmung
 
„Dazu kam natürlich der Überdruss an dem viel zu lange andauernden Streit. Die Menschen sind in ihrem Medienkonsumverhalten gar nicht mehr gewohnt, dass ein Thema länger als zwei-, drei Wochen auf der Tagesordnung ist. Im Abstimmungswahlkampf war - gleich ob von Stadt- oder Landbevölkerung - die meistgehörte Äußerung, dass es nur noch nervt. Daraus den Schluss zu ziehen, wie auch oft zu hören war, dass man den Bahnhof doch bauen soll, damit endlich Ruhe herrscht, hat etwas zutiefst Unreifes und Dummes.“ (Zitat aus dem Internet)
 
 
Einleitung
 
Viele Menschen verstehen nicht, warum die Proteste gegen Stuttgart 21 nach der Volksabstimmung weitergehen. Es geht den Bürgern, die sich weiterhin engagieren, nicht nur um das Projekt "Stuttgart 21", sondern auch darum, wie mit ihnen umgegangen wird: Sie wollen nicht ignoriert, getäuscht und belogen werden. Sie wollen eine andere Politik. Sie wollen, dass die Bürger auch zwischen den Wahlen eine gewisse Mitsprachemöglichkeit haben. Eine Volksabstimmung ist deshalb grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings nicht eine Volksabstimmung, wie wir sie am 27.11.2011 erlebt haben. Diese Volksabstimmung war in weiten Teilen "unfair". Sie war eine Farce. Sie ist ein Lehrbeispiel, wie eine Volksabstimmung nicht laufen sollte. Hier meine Erläuterung warum:
 
 
1. Zeitpunkt der Abstimmung
 
Eine Abstimmung muss am Anfang stattfinden und nicht wenn schon fast zwei Jahre gebaut wurde. Alles andere ist Blödsinn, da Zeit und Geld verschwendet wird. Die Bürgerbewegung wollte schon 1997 und 2007, dass eine Abstimmung stattfindet. Diese wurde ihnen verweigert. Somit gingen die Kopfbahnhof Befürworter bei der Volksabstimmung mit einem schweren Handicap ins Rennen.
 
 
2. Machtmissbrauch durch den Staat
 
Der Staat missbrauchte seine Macht, indem er das Steuergeld seiner Bürger nahm und eine höchst einseitige Information verbreitete. So geschehen durch den Stuttgarter OB Dr. Wolfgang Schuster, der mit dem Briefkopf der Stadt Stuttgart kurz vor der Volksabstimmung einen persönlichen Brief an jeden wahlberechtigten Stuttgarter Bürger verschickte. Das Schreiben fängt eigentlich gut an: "...
Wie immer im Leben, gibt es auch bei diesem großen Projekt nicht nur schwarz oder weiß. Vor- und Nachteile müssen abgewogen werden ...“ Aber dann folgt eine äußerst einseitige Darstellung.
 
Und es wurden Dinge behauptet, die nachweislich nicht stimmen. Dies ist verheerend für die Demokratie, wenn die staatliche Macht mit Lügen arbeitet. Hier beispielhaft zwei Auszüge:
 
"Es ist meine Pflicht Ihnen zu sagen, dass wir als Bürger Schadensersatz in schwindelerregender Höhe, mehr als 1,5 Milliarden Euro, an die Deutsche Bahn zahlen müssen.“
Das ist falsch. Wie viel Schadensersatz zu bezahlen wäre, kann aktuell niemand sagen. Die Höhe wird letztendlich von einem Gericht festgelegt. Von "müssen" kann also nicht die Rede sein.
 
"Völlig offen ist, wer darüber hinaus für die notwendige Sanierung der riesigen Gleisanlagen und des Bahnhofsgebäudes in Höhe von 1,3 Milliarden Euro aufkommen wird."
Auch das ist falsch. Die Bahn ist zuständig, sie bekommt jährlich Steuergelder für die Instandhaltung der Gleisanlagen und des Bahnhofs.
 
Hier der vollständige Brief von OB Dr. Wolfgang Schuster zum Nachlesen:
http://www.uploadarea.de/files/9newvt1kj2lk7pasepxzo8wnk.pdf
 
Weiterhin gibt es zahlreiche weitere derartige Beispiele von öffentlichen Körperschaften (Rathäuser, Landratsämter, Regionalparlamente). So hat zum Beispiel der Verband Region Stuttgart (eine aus Steuergeldern finanzierte Körperschaft des öffentlichen Rechts) vor der Volksabstimmung eine 1,0 Million Euro teure einseitige Werbekampagne für Stuttgart 21 aus der allgemeinen Verkehrsrücklage finanziert.
 
 
3. Drohungen und Versprechungen
 
In der Informationskampagne für Stuttgart 21 wurde wenig auf die Vorteile von Stuttgart 21 abgehoben. Stattdessen wurde viel mit Drohungen gearbeitet. Wenn Stuttgart 21 nicht gebaut wird:
 
- muss 1,5 Milliarden Schadenersatz bezahlt werden
- wird nichts in den Ausbau des Bahnhofs Stuttgart investiert
- wird Stuttgart vom Fernverkehr abgehängt
- wird die Neubaustrecke auch nicht gebaut
- fließt kein Geld nach Baden-Württemberg
- ist der Standort Deutschland in Gefahr
 
Es fehlt noch, dass ohne Stuttgart 21 das Abendland untergehen würde. Mit Drohungen wurde die Volksabstimmung gewonnen. Bedenklich!
 
Versprochen wurde vor der Volksabstimmung, dass auch die Großbäume versetzt werden (Ergebnis aus der Schlichtung). Davon sind die Bürger vor der Abstimmung ausgegangen. Nach der Volksabstimmung erfährt der Bürger, dass diese gefällt werden sollen (Anmerkung: Es geht nicht um die Frage, ob eine Versetzung sinnvoll ist).
 
Versprochen wurde vor der Volksabstimmung, dass durch Stuttgart 21 keine anderen Verkehrsprojekte in Baden-Württemberg verdrängt werden. So sollte die Elektrifizierung der Südbahn Ulm-Lindau und die Neubaustrecke Mannheim-Frankfurt spätestens 2015 begonnen werden. Nach der Volksabstimmung erfährt der Bürger, dass diese beiden sinnvollen Verkehrsprojekte auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wurden (aktueller Investitionsrahmenplan, Kategorie D, Beginn damit ca. 2025).
 
Versprochen wurde vor der Volksabstimmung, dass der Stuttgart 21 Bahnhof leistungsfähiger sei als der bestehende Bahnhof. Dies wurde von der Bahn im Stresstest auch so dargestellt. Jetzt wurde in einem wissenschaftlichen Gutachten nachgewiesen, dass die Bahn beim Stresstest massiv manipuliert hat. In Wirklichkeit leistet der neue Bahnhof weniger als der bestehende. Es handelt sich bei Stuttgart 21 also um einen Abbau von Schienenkapazität. Die Bahn vermochte die seit Mitte November 2011 vorliegenden Vorwürfe bislang nicht zu entkräften. Einer der führenden Verkehrswissenschaftler Österreichs, Prof. Dr. Hermann Knoflacher, bestätigte die von WikiReal vorgebrachten Vorwürfe. Details siehe:
http://www.wikireal.org
 
 
4. Fehlende Transparenz
 
Im Koalitionsvertrag zwischen den Grünen und der SPD von April 2011 steht:  „
Die Landesregierung wird für vollständige Transparenz über Prämissen und Ergebnisse des Stresstests sorgen. Nach Abschluss des Stresstests und der Bewertung der Ergebnisse wird eine aktualisierte Kostenrechnung von der Deutschen Bahn AG eingeholt und von der Landesregierung geprüft.“  Das hatten die Bürger vor der Volksabstimmung auch erwartet. Es kam aber ganz anders. Die Bahn hat wieder einmal gemauert. Es gab keine Transparenz über den Stresstest und keine neue Kostenberechnung. Die Leistungsfähigkeit des heutigen Bahnhofs wurde auch nicht ermittelt. Und unser neuer grüner Ministerpräsident lässt sich das gefallen, um die Koalition mit der SPD nicht zu gefährden.
 
Es ist typisch für dieses Projekt. Einfach Behauptungen in den Raum stellen (Dauerarbeitsplätze, Verlagerung Verkehr auf die Schiene, etc.), die sich zwar gut anhören, aber nicht nachvollziehbar sind. Am Ende stimmen die Bürger dann über „Sprechblasen“ ab.
 
 
 
Erschwerend kam hinzu, dass eine Parteien-Übermacht (CDU, FDP, SPD) und die Mehrheit der Wirtschaft sich für Stuttgart 21 eingesetzt haben. Daher hatten die Stuttgart 21 Befürworter wesentlich mehr Geld für Werbemaßnahmen zur Verfügung. In anderen Ländern gibt es für die eingesetzten Gelder Ausgabenlimits oder Offenlegungspflichten - bei uns leider nicht.
 
Falsch ist auch, Leute abstimmen zu lassen, die nicht direkt betroffen sind. Bei der Frage, ob der Stuttgarter Bahnhof unter die Erde kommt oder oben bleibt, wäre es richtig gewesen, dass nur die Stuttgarter Bürger abstimmen. Das wollten die Kopfbahnhof Befürworter auch. Aber die Übermacht im Stuttgarter Rathaus aus CDU, SPD, FDP und Freie Wähler hat dies jahrelang abgeblockt.
 
Wenn man sich diese Punkte vor Augen hält, ist klar, dass die Volksabstimmung aus Sicht der Kopfbahnhof-Befürworter nicht zu gewinnen war. Es war von vornherein auch klar, dass die Volksabstimmung aufgrund des hohen Quorums nicht zu gewinnen war. Das wusste auch die pro Stuttgart 21 SPD-Führung, die die Volksabstimmung initiiert hatte.
 
 
Es hat sich in Stuttgart eine vielschichtige Bürgerbewegung gebildet, die sich selber informiert und sich nicht mehr alles Gefallen lässt. Diese Bürgerbewegung ist für einige Politiker unbequem und deshalb unerwünscht. Deshalb war es für diese Politiker auch so wichtig mit der Volksabstimmung die Bürgerbewegung zu schwächen – egal welche Mittel eingesetzt werden. Nun kann man sich das demokratische Deckmäntelchen umhängen: „…was wollt ihr denn noch, das Volk hat doch entschieden…“.
 
Der Verein "Mehr Demokratie e.V" beobachtet und bewertet landes- und europaweit Volksabstimmungen. Dieser Verein hat die Stuttgart 21 Volksabstimmung unter dem Strich als „unfair“ bewertet. Details siehe:
http://www.mehr-demokratie.de/stuttgart-21-volksabstimmung.html
 
An den Argumenten gegen Stuttgart 21 hat sich auch nach der Volksabstimmung nichts geändert:
Murks bleibt Murks.
 
Also weiterhin gegen Lügen in der Politik und gegen unfaire Volksabstimmungen kämpfen!




E-Mails von M. Rupp zu „Stuttgart 21“ an seine Freunde und Bekannte im Zeitraum von Mai 2009 bis Januar 2012

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E-Mail 1: 01.05.2009
Gegen Stuttgart 21, Großkundgebung 14. Mai 18 Uhr Stuttgarter Schlossplatz

Liebe Mitbürger,

hier einige Informationen zum Thema "Gegen Stuttgart 21 (S21), für Kopfbahnhof 21 (K21)

1. Das Wichtigste (01.05.2009)


Stuttgart 21 ist noch nicht unumkehrbar, auch wenn es so von einigen Politikern dargestellt wird. Ziel dieser Politiker ist es, die Stuttgart 21 Gegner zu entmutigen: "Gegen Stuttgart 21 zu kämpfen, macht keinen Sinn mehr". Dem ist nicht so!

Die geplanten Kosten für Stuttgart 21 werden von der Stadt mit 3.100 Millionen EURO angegeben. Allerdings ist der Bundesrechnungshof (eine einigermaßen neutrale Instanz) bei seiner Prüfung auf Kosten von 5.300 Millionen EURO gekommen. Das von den Stuttgart 21 Gegnern beauftragte Münchner Ingenieursbüro Vieregg & Rößler kam auf Kosten von 6.900 Millionen EURO bis 8.700 Millionen EURO. Interessant ist, dass dem Bundesrechnungshof im Rahmen der Finanzierungsvereinbarung erweiterte Prüfrechte eingeräumt werden mussten (PS: Teile der Finanzierungsvereinbarung sind streng geheim. Nicht einmal der Fraktionsvorstand der Landtags-CDU, geschweige denn die Presse durfte diese sehen - warum wohl?)

Bisher war ich noch nie politisch aktiv. Aber das was in Stuttgart gerade passiert (Missachtung des Bürgerentscheids durch bestimmte Politiker, Falschinformation der Bürger, etc.), möchte ich mir nicht gefallen lassen. Lasst es Euch auch nicht gefallen und werdet aktiv!


2. Warum bin ich gegen Stuttgart 21? (01.05.2009)

Weil es für das was es bringt viel zu teuer ist. Das Geld, das in das Mega-Projekt Stuttgart 21 investiert wird, wird in vielen kleineren sinnvollen Bahnprojekten und für viele andere Dinge fehlen.

Weil es das bessere Konzept Kopfbahnhof 21 (K21) gibt (Kosten von 2.000 Millionen EURO).


3. Allgemeine Informationen (01.05.2009)

Diese Email stellt natürlich meine persönliche Meinung dar. Wer die Zeit investieren will, sollte sich also am besten selbst im Internet (zum Beispiel: Google) informieren. Hier die zwei Hauptadressen:

Gegen Stuttgart 21: http://www.kopfbahnhof-21.de
Für Stuttgart 21: http://www.das-neue-herz-europas.de

Stuttgart 21 hat sehr viele Vorteile, wenn man es mit dem jetzigen alten Zustand des Stuttgarter Bahnhofes bzw. Gleisanlagen vergleicht. Ein solcher Vergleich hinkt natürlich. Dazu eine interessante Seite: S21-Werbe-Broschüre "21 GUTE GRÜNDE FÜR STUTTGART 21" mit Kommentierung der S21-Gegner:
http://www.siegfried-busch.de/page18/page18.html

Vorsicht ist bei der Lektüre der "Stuttgarter Zeitung" und der "Stuttgarter Nachrichten" geboten. Diese sind abhängig von der Stadt und berichten entsprechend einseitig. Berichte in der FAZ, TAZ, Deutschlandfunk, etc. sind wesentlich kritischer. Interessant ist folgende Tatsache: Obwohl der Stuttgarter Oberbürgermeister das Informationsmonopol und viel Geld (unser Steuergeld) für Hochglanz-Broschüren für jeden Haushalt zur Verfügung hat, ist eine deutliche Mehrheit der Stuttgarter Bürger gegen Stuttgart 21.

Vorsicht auch bei bestimmten Gutachten, die von der Stadt "beauftragt" wurden oder vor den Veröffentlichungen des Herrn Arnold, des Technikvorstands der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), also quasi eines "Mitarbeiters" des Oberbürgermeisters.


4. Wie funktioniert das Konzept Stuttgart 21 (S21)? (01.05.2009)

Der heutige Stuttgarter Hauptbahnhof ist ein Kopfbahnhof mit 16 Gleisen. Mit Stuttgart 21 wird dieser in einen Durchgangsbahnhof mit 8 Gleisen gewandelt. Die Bahnhofsgleise werden um 90 Grad gedreht und in die Tiefe gelegt. Die Bahnhofsgleise befinden sich dann dort, wo man heute in die Züge einsteigt. Auf der einen Seite des S21-Bahnhofs gehen die Gleise neben dem Wagenburgtunnel in den Berg hinein und führen in dem 9,5 km langen Filderaufstiegstunnel zum Flughafen und von dort entlang der Autobahn Richtung Wendlingen. Ein weiterer Tunnel beginnt beim Hauptbahnhof, unterquert den Neckar und endet im neuen Abstellbahnhof Untertürkheim. Ingesamt werden 34 Kilometer Tunnel benötigt. Die langen Tunnelstrecken machen Stuttgart 21 so immens teuer.


5. Wie funktioniert das Konzept Kopfbahnhof 21 (K21)? (01.05.2009)

Das Konzept Kopfbahnhof 21 (K21) wurde 2004 von dem VCD (Verkehrsclub Deutschland) basierend auf Plänen der Deutschen Bundesbahn (der Variante H') entwickelt. Der Hauptbahnhof wird renoviert (da könnte man wirklich was Schönes draus machen) und die Bahnhofs-Kapazität durch eine Neuordnung der Gleisanlagen wesentlich erhöht. Für den Schnellverkehr werden zwei zusätzliche Gleise entlang der bisherigen Bahnstrecke im Neckartal gebaut. Diese überqueren dann zwischen Obertürkheim und Mettingen den Neckar und führen in einem 9 km langen Tunnel Richtung Scharnhausen und von dort wie bei S21 entlang der Autobahn Richtung Wendlingen. Bei K21 führt die ICE-Strecke nicht über den Flughafen. Das Konzept K21 wurde auch von einigen namhaften Verkehrsexperten geprüft und die Funktionsfähigkeit bestätigt. Hinweis zu dem Verband VCD: Dieser umfasst 70.000 Mitglieder und propagiert alternative Verkehrsmittel, vertritt also unter anderem die Interessen der Bahnfahrer.


6. Warum hat man sich nicht für das Konzept K21 entschieden? (01.05.2009)

Die Geschichte von Stuttgart 21 beginnt bereits im Jahr 1986 und beruht auf einem Vorschlag von Gerhard Heimerl, einen unterirdischen viergleisigen Durchgangsbahnhof zu bauen, wobei die oberirdischen Gleise des bestehenden Kopfbahnhofes erhalten geblieben wären. Verschiedenen Strecken- und Bahnhofs-Varianten wurden untersucht. Die Bahn wollte bis Herbst 1993 aus Kostengründen die Variante H-Minus bauen (diese entspricht ungefähr dem Konzept K21). 1994 ist der offizielle Startzeitpunkt von Stuttgart 21. Die Politik wollte unbedingt die direkte Anbindung des Flughafens an die Schnellbahntrasse und de facto ging es der Deutschen Bahn unter dem damaligen Vorstand Heinz Dürr um die Veräußerung von Bahnflächen und die Stadt Stuttgart war natürlich an den freiwerdenden Flächen für die Stadtentwicklung sehr interessiert. Stuttgart 21 ist also primär kein Bahnprojekt, sondern hauptsächlich ein Immobilienprojekt. Deshalb weist es ja auch so viele funktionelle Mängel auf. Weitere Informationen zur Geschichte siehe: http://www.wikipedia.de (Suche "Stuttgart 21").


7. Macht eine ICE Anbindung des Flughafens überhaupt Sinn? (01.05.2009)

Eigentlich nicht. Der TGV in Frankreich ist so erfolgreich, weil er wenige Haltepunkte hat. Bei S21 würde der ICE bereits nach 14 Kilometern am Flughafen halten. Deshalb ist geplant, dass nur jeder dritte ICE am Flughafen halten soll. Das heißt, wenn man mit der Anschlussverbindung nicht gerade Glück hat, wartet man dafür länger auf den nächsten ICE. Zudem muss für den ICE ein neuer Flughafenbahnhof zwischen Messe und Flughafen in 26 Meter Tiefe gebaut werden. Rechnet man die Zeit für die zusätzliche Fußgänger-Wegstrecke dazu, gelangt man mit dem Alternativkonzept K21 genauso schnell vom Hauptbahnhof zum Flughafen. Wichtig für die Flughafenanbindung ist der Regionalverkehr und weniger die ICE-Verbindung. Wer fährt schon von Mannheim oder Augsburg auf den "Großflughafen" Stuttgart. Richtig ist aber, dass man mit S21 von Ulm schneller am Stuttgarter Flughafen ist.


8. Städtebaulicher Aspekt (01.05.2009)

Ein Vorteil von S21 ist, dass die freiwerdenden Gleisflächen für städtebauliche Maßnahmen genutzt werden können. Allerdings können die meisten Flächen frühestens 2020 bebaut werden (wenn alles nach Plan läuft). Offen: Brauchen wir den Wohnraum dann noch? Durch die Bebauung wird eine schlechtere Belüftung des Talkessels befürchtet, da die heutige Gleisschneisse auch eine Frischluftschneisse darstellt. Übrigens bleibt das später funktionslose Bahnhofsgebäude (der Bonatz-Bau) zum größten Teil stehen und bildet zusammen mit der 8m-Erhöhung des S21-Halbtiefbahnhofs eine Trennung zu dem neuen Stadtteil (da die S-Bahn Gleise von dem S21-Halbtiefbahnhof überquert werden müssen, befindet sich der S21-Bahnhof nicht komplett unter der Erde, sondern bildet eine Erhöhung von 8m Höhe quer durch den Schlossgarten). Auch bei K21 werden Flächen für die Stadtentwicklung frei (ca. 75% der S21-Flächen), aber mit dem großen Vorteil, dass diese sofort genutzt werden könnten.


9. Nutzen für den Bahnkunden? (01.05.2009)

Je nach Einstiegspunkt und Ziel ist der Bahnkunde mit S21 oder mit K21 schneller. Für den Regionalverkehr ist K21 vorteilhaft. Dadurch dass der Kopfbahnhof 21 doppelt so viele Gleise aufweist wie der S21-Bahnhof, können mehr Umsteigebeziehungen zwischen den Zügen hergestellt werden. Der integrale Taktfahrplan, das Erfolgsrezept der Schweizer Bahnen, kann nur mit K21 realisiert werden. Interessant ist, wie der S21-Halbtiefbahnhof auf den Fahrgast wirkt. Selbst die S21-Befürworter sagen, dass der Bahnhof einen höhlenartigen Charakter hat (die Deckenhöhe ist begrenzt, oder man müsste die 8m-Erhöhung des Bahnhofs höher machen). Zu denken geben muss allen Bahnfahrern, dass der VCD (der Interessenverband der Bahnfahrer) ein vehementer Gegner von S21 ist!


10. Reicht der Kopfbahnhof für die Zukunft aus? (01.05.2009)

Das von den S21-Gegnern beauftragte Münchner Ingenieursbüro Vieregg & Rößler gab dazu folgende Auskunft: "Die Kapazität des verbesserten 16-gleisigen Kopfbahnhofes liegt um ca. 50% über der des geplanten nur 8-gleisigen Durchgangbahnhofes, dessen knappe Kapazitäts-Bemessung in Fachkreisen häufig kritisiert wird". Bei K21 ist eine nachträgliche Kapazitätserhöhung möglich, bei S21 so gut wie unmöglich (da unterirdische Bauweise).


11. Ist Stuttgart 21 ein Konjunkturprogramm? (01.05.2009)

Das ist eingeschränkt richtig. Es bringt Arbeit für bestimmte höherqualifizierte Stuttgarter Arbeitskräfte (Verkehrsplaner, Vorarbeiter, etc.). Die Mehrzahl der Arbeitsplätze entsteht für Arbeiter aus Osteuropa, die bei den Bauunternehmen als Sub-Sub-Unternehmer beschäftigt sind (die Arbeitsplätze gönne ich diesen auch). Geplant ist ein Containerdorf für 3900 Arbeitskräfte zu errichten. Die Mehrzahl der Arbeitsplätze wird aber nicht in 2010 entstehen, da S21 erst einmal anlaufen muss. Bei K21 wird mit genauso vielen Arbeitsplätzen für Stuttgarter Unternehmen gerechnet, da die teuren S21-Tunnelarbeiten vermutlich von ausländischen Firmen aus den Alpen mit dem entsprechenden Know-How ausgeführt werden.


12. Kostet S21 die Stadt Stuttgart nur 31,56 Millionen EURO? (01.05.2009)

Die offizielle Zahl der Stadt suggeriert, dass die Anderen (Bund, Land, Bahnfahrer) den Großteil der Kosten bezahlen. Laut BUND Kreisrundbrief März 2009 müssen aber noch folgende Kosten für die Stadt dazugerechnet werden:
+ 260 Mio. (da aller Voraussicht der Risikofond in Anspruch genommen werden muss)
+ 359 Mio. anteilig (Zuschuss des Flughafens, an dem Stuttgart mit 35% beteiligt ist)
+ 212 Mio. (Verzicht auf Verzugszinsen gegenüber der Bahn, da Verzug Grundstücksnutzung)
+ 90 Mio. (überteuerter Kauf Mineralbad Berg, Anteil Verband Region Stuttgart, Verlegung U-Bahn Haltestelle, Schulumzug etc.).
Dazu noch ein aktueller Artikel (25.04.09) aus den Stuttgarter Nachrichten: "Stadthaushalt vor dem Absturz. Die Landeshauptstadt muss in diesem Jahr mit deutlich weniger Gewerbesteuereinnahmen rechnen als kalkuliert. Nach der Kommunalwahl ... beginnt die Debatte über die Streichliste".


13. Sicherheit in den S21 Tunneln (01.05.2009)

Die neue EU-Richtlinie schreibt Querstollen als Fluchtmöglichkeit mindestens alle 500 m vor. Bei Stuttgart 21 beharrt die Bahn jedoch aus Kostengründen auf den Abstand von 1000 m (Vergleich Eurotunnel: 375 m). Der Eurotunnel unter dem Ärmelkanal besitzt eine zusätzliche Fluchtröhre. Bei S21 ist keine Fluchtröhre geplant. Aussage eines erfahrenen Feuerwehrmannes zu S21: "Wer sich nicht selbst rettet, der kann nicht gerettet werden. Diese Tunnelplanung ist fast schon kriminell". Im Bahnhof Offenbach (zum Glück oberirdisch) gab es in der Vergangenheit einen ICE-Triebwerksbrand. Dieser konnte erst nach fünf Stunden gelöscht werden.


14. Gibt es keine Betriebsstörung? (01.05.2009)

Wenn ein Zug in einer Zufahrt des S21-Tiefbahnhofs liegen bleibt, ist die Hälfte des Bahnhofes blockiert. Auch bei einer Störung in dem langen Aufstiegstunnel zu den Fildern bietet K21 Vorteile. Bei K21 wird die heutige Panoramabahn (= Gäubahn zwischen Hauptbahnhof und S-Vaihingen ) bestehen bleiben und kann als Ausweichstrecke dienen. Das Thema "Gefahr von Terroranschlägen (was ich nicht hoffe) und deren Auswirkungen" möchte ich nicht vertiefen.


15. Weitere Gründe gegen Stuttgart 21 in Kurzform: (01.05.2009)

- S21 ist die größte Baustelle Europas für mindestens 10 Jahre
- Während der Bauzeit entfällt der mittlere Schlossgarten als Erholungsgebiet
- 250 große Bäume im Schlossgarten werden abgeholzt
- Risiko: Viele weiter Bäume werden durch die Grundwasserabsenkung gefährdet
- Risiko: Gefährdung des Bahnhofturms durch die Grundwasserabsenkung
- Risiko: Gefährdung der Stuttgarter Mineralquellen
- Risiko: Einsturzgefahr bei Untertunnelung von Häusern (siehe Köln)
- Abbruch der Seitenflügel des historischen Bahnhofsgebäudes (den Stuttgarter Denkmalschützern wurde ein Maulkorb verpasst).


16. Nicht alles glauben (01.05.2009)

Nicht alles glauben, was die S21-Befürworter schreiben. Hier einiges von OB Schuster:

- Mit K21 verliert der Stuttgarter-Hafen den Bahn-Anschluss. (falsch)
- S21 bindet den Stuttgarter Bahnknoten in Europas Schienennetz ein. (ist schon heute eingebunden)
- Als Alternative (zu S21) bliebe nur ein massiver Ausbau der Autobahn und der Bau eines Großflughafens. (falsch)


17. Aber auch noch Kritisches zu K21 (01.05.2009)

Auch das Alternativkonzept K21 ist ein Großbauprojekt, das bestimmte Nachteile hat. So kosten die zwei zusätzlichen Gleise entlang des Neckartals bis vor Mettingen wertvolle Grünflächen. Kritisch zu sehen ist auch, dass bei S21 die Planung wesentlich weiter fortgeschritten ist als bei K21 und dass die Finanzierung geklärt ist (... zumindest aktuell noch).

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 2: 09.01.2010
Aktueller Stand Stuttgart 21: 09.01.2010

Liebe Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofs,

mit Überschreiten des Jahreswechsels ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass Stuttgart 21 gebaut wird. Bis zum Jahreswechsel hatten die Vertragspartner die Option aus den Verträgen auszusteigen, wenn die geplanten Kosten die Grenze von 4,5 Milliarden Euro überschritten hätten. Anfangs lag die neue Kalkulation der Bahn bei 4,9 Milliarden Euro. Durch Einsparungen wurden die geplanten Kosten auf 4,1 Milliarden Euro gedrückt. (Hinweis: Ein Teil der Einsparungen, wie z.B. die dünneren Tunnelwände wurden vom Eisenbahnbundesamt noch nicht genehmigt). Ein Ausstieg aus den Verträgen ist auch weiterhin möglich. Allerdings hätte ein einseitiger Ausstieg eines Vertragspartners Schadensersatzforderungen zur Folge (sofern man sich nicht gütlich einigt).

Viele Leute denken, dass Stuttgart 21 nicht mehr aufzuhalten ist. Aus verschiedenen Gründen ist dem aber nicht so:

1. Widerstand der Bürger
2. Urheberrecht des Bonatz Enkels
3. Neubaustrecke Wendlingen-Ulm
4. Neu auftauchende Fakten


1. Widerstand der Bürger (09.01.2010)

Dieser Punkt ist mir besonders wichtig. Vergangenen November und Dezember wurden sogenannte Montagsdemos vor dem Nordausgang des Stuttgarter Bahnhofs (Ausgang bei LBBW) veranstaltet. Jedes Mal kamen mehr Menschen. Bei der letzten Montagsdemo waren über 3.000 Leute anwesend. Ich behaupte, wenn 10 mal so viele Leute kommen, also 30.000 wird Stuttgart 21 gestoppt.

Das Bild der Meinungsumfragen hat sich in den letzten 3 Jahren wesentlich gewandelt. Immer mehr der Befragten sind gegen Stuttgart 21. Aktuell ist eine deutliche Mehrheit der Stuttgarter Bürger gegen dieses Projekt. Aber warum kommen dann nicht viel mehr Leute auf die Montagsdemos? Ich glaube es ist nicht nur die Bequemlichkeit, sondern vor allem der Glaube, dass nichts mehr zu machen ist. Weil der Glaube fehlt kommen zuwenig. Weil zuwenig kommen, wird Stuttgart 21 nicht gestoppt. Die Katze beisst sich in den Schwanz.

Genau das ist das Ziel der Stuttgart 21 Befürworter. Es geht ihnen nicht darum mit Argumenten zu überzeugen, sondern zu bewirken, dass die Gegner zu Hause bleiben. Auf jedem der weißen Plakate der aktuellen Werbekampagne steht der Satz: „Stuttgart 21 kommt“. Bestimmte Journalisten der Stuttgarter Zeitungsgruppe verkünden die gleiche Botschaft (Details zu den Zeitungen siehe weiter unten).


2. Urheberrecht des Bonatz Enkels (09.01.2010)

Für den Bau des Stuttgart 21 Tiefbahnhofs müssen die beiden Seitenflügel des Hauptbahnhofs abgerissen werden. Der Bahnhof wurde ab 1914 von dem Architekten Paul Bonatz erbaut und wird deshalb oft Bonatz-Bau genannt. Der Enkel von Bonatz heißt Peter Dübbers. Dieser besitzt das Urheberrecht auf das Bahnhofsgebäude. Die Bahn hatte es versäumt, sich um dieses Urheberrecht zu kümmern. Herr Dübbers will nun gegen den Abriss der Seitenflügel klagen. Derartige Prozesse dauern in der Regel mindestens zwei Jahre. Er will weder Geld von der Bahn noch ein Denkmal für seinen Großvater. Die Sache bleibt spannend. Ich sage dazu: Nicht auf einen Einzelnen setzen, sondern selbst aktiv werden.


3. Neubaustrecke Wendlingen-Ulm (kurz NBS) (09.01.2010)

Das Thema ist eine zwiespältige Angelegenheit. Stuttgart 21 macht ohne die Realisierung der Neubaustrecke (NBS) Wendlingen-Ulm keinen Sinn, da der Zeitgewinn fast ausschließlich durch die NBS erzielt wird. Für den Personenverkehr ist die NBS wünschenswert, da sie eine große Zeitersparnis von 23 Minuten bringt. Allerdings sind die Kosten genauso schöngerechnet wie bei Stuttgart 21. Die NBS soll 2 Milliarden Euro kosten. Die Kostenschätzungen von Experten reichen von 3,8 bis 5,5 Milliarden Euro.

Das Problem der NBS ist der Güterverkehr. Erstaunlicherweise ist die NBS mit 31 Promille Steigung steiler als die aktuelle Strecke über die Geislinger Steige mit 25 Promille. Eine solche Steigung kann nur von sogenannten Leichtgüterzügen befahren werden. Heimerl (auch der geistige Vater von Stuttgart 21) ist 1988 davon ausgegangen, dass es vermehrt Leichtgüterzüge geben wird. Diese sind bis auf 3 Paket-Intercity’s der Post nicht gekommen und Experten sagen, dass diese in Zukunft auch nicht kommen werden. Das heißt mit der NBS wird der Güterverkehrs-Engpass in Süddeutschland zementiert. Die Bahn rechnet aber weiterhin mit 40 Leichtgüterzügen täglich um eine positive Wirtschaftlichkeit darzustellen. Die Wirtschaftlichkeit der NBS wird im Frühjahr durch den Bund geprüft. Man darf gespannt sein.

Übrigens sind 5 der 7 Planfeststellungsabschnitte noch nicht genehmigt und der Tunnelbau durch die Schwäbische Alb ist sehr anspruchsvoll.


4. Neu auftauchende Fakten (09.01.2010)

Hier zwei Beispiele:

Der Umbau des Bahnhof-Gleisvorfeldes: Dauert nicht 18 Monate und kostet nicht 35 Mio. Euro (Zahlen von 2003), sondern dauert 26 Monate und kostet voraussichtlich mehr als das Doppelte.

Der bestehende Tunnel zwischen Echterdingen und Leinfelden ist für den geplanten Mischbetrieb um 40 cm zu eng.

... und noch einige andere Dinge (Kosten Verlegung Stadtbahn, Gleisabstand zwischen Rohr und Flughafen zu eng), die in den letzten Wochen aufgetaucht sind.

Spannend wird der noch nicht genehmigte Planfeststellungsabschnitt am Flughafen. Dort soll bahntechnisch ein Nadelöhr geschaffen werden: Der S-Bahn Verkehr soll zukünftig auf einem Gleis und der Regional- und Fernverkehr in den Süden auf dem anderen Gleis abgewickelt werden.


5. Nutzen-Aspekt für den Bahnfahrer (09.01.2010)

Es wird sehr viel über die Kosten berichtet. Leider wird der Nutzen Aspekt vernachlässigt, speziell was die Bahnfahrer anbelangt, obwohl es ja immer heißt: Stuttgart 21 ist ein Projekt der Bahn“. Ich behaupte Stuttgart 21 schadet dem Bahnfahrer mehr als dass es ihm nützt:

Die Bahnfahrer wollen nicht unter die Erde.

Der S21 Tiefbahnhof hat nur 8 Gleise im Gegensatz zum Kopfbahnhof mit 16 Gleisen. Züge können nicht mehr so gut wie heute aufeinander warten. Verspätungen werden nicht mehr so gut abgepuffert.

Es gibt nur 4 Bahnsteige. Die Platzverhältnisse im gesamten Tiefbahnhof sind beengt.

Ein ebenerdiges Umsteigen wie beim heutigen Kopfbahnhof ist nicht mehr möglich.

Bei bestimmten Störungen gibt es ein Verkehrschaos, da es wenig Ausweichstrecken gibt. So wird zum Beispiel die Gäubahn zwischen Hauptbahnhof und Stuttgart-Vaihingen abgebaut.

Die Wahrscheinlichkeit für einen Terroranschlag ist bei dem Tiefbahnhof wesentlich größer als bei einem konventionell gebauten Bahnhof. Ein Terroranschlag würde über längere Zeit den gesamten Bahnbetrieb in Stuttgart lahmlegen.

Für andere sinnvolle Bahnprojekte hat die Bahn kein Geld mehr oder die Realisierung dauert länger.

Der spätere Betrieb des Tiefbahnhofs ist teurer als bei einem konventionellen Bahnhof. Diese Mehrkosten führen zu erhöhten Fahrpreisen. Schon vermutlich bald darf der Bahnfahrer für den Bau von Stuttgart 21 bezahlen. Die DB bestätigte, dass die Trassen- und Stationspreise möglicherweise schon ab nächstem Jahr steigen würden, um das Projekt mitzufinanzieren.

Die Länder bestellen und bezahlen den Regionalverkehr in ihrem Bundesland (Regionalverkehr = Bahnen und Busse, die nicht zum Fernverkehr der DB gehören und nicht zu einem der 22 Verkehrsverbünde in BW). Aus Regionalisierungsmittel fließen 685 Mio. Euro in Stuttgart 21. Dieses Geld fehlt für ein besseres Zugangebot.


6. Warum ist die Bahn dann nicht ausgestiegen? (09.01.2010)

Laut Information des Handelsblattes wäre auf die Bahn Kosten von mehr als 2 Milliarden Euro zugekommen, wenn sie ausgestiegen wäre. Zu dem Thema auch Auszüge aus dem Artikel „Geheimpapier: Bahn profitiert von Stuttgart 21“ aus der Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau vom 18.12.09: „Die Deutsche Bahn erzielt mehr als die Hälfte ihres Gewinns dieses Jahr durch Sondererträge beim umstrittenen Projekt Stuttgart 21... Denn schon 2002 hatte die Bahn stolze 459 Millionen Euro Steuergeld für S21 kassiert. (Anmerkung: gemeint ist der Verkauf der Gleisgrundstücke an die Stadt)....Das DB-Geheimpapier belegt erstmals ...von S21 profitiert vor allem der Konzern DB – der Schienenverkehr ist aber der Verlierer.“


7. Die Rolle der Stuttgarter Zeitungen (09.01.2010)

Fast alle Abo-Zeitungen im Großraum Stuttgart gehören zu dem Pressekonzern SWMH (SüdWest Deutsche Medienholding): S-Zeitung, S-Nachrichten, S-Wochenblatt, Sonntag Aktuell, Cannstatter, Untertürkheimer, Eßlinger, Fellbacher, Marbacher, Backnanger, Kornwestheimer, Waiblinger, Leonberger sowie Hitradio Antenne 1. Dies soll auch keine Kritik sein. Aufgrund des enormen Kostendrucks gibt es immer weniger Verleger – und das in ganz Deutschland. Bei der SWMH kommt noch ein erhöhter Kostendruck durch den Aufkauf der Süddeutschen Zeitung hinzu. Mitarbeiter wurden bzw. werden freigesetzt. Eine „Stadtzeitung“ tut sich natürlich schwer, gegen die Stadt zu schreiben, insbesondere wenn es Querverbindungen zwischen dem Oberbürgermeister und dem Chef der SWMH Dr. Richard Rebmann gibt. Auffällig ist, dass bestimmte Redakteure ausschließlich positiv über Stuttgart 21 berichten und die gleichen Parolen absetzen wie die Stuttgart 21 Werbeagentur. So zum Beispiel Jörg Hamann, Leiter des Lokalressorts der S-Nachrichten: 2.4.09: „Stuttgart 21 ist ab heute unumkehrbar“, 11.12.09: „Stuttgart 21 ist unumkehrbar“, usw.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 3: 07.02.2010
Stuttgart 21 und die Montagsdemos: 07.02.2010

Liebe Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofs,

bin ich ein Fortschrittsverhinderer? Einer der ewig Gestrigen? So würde ich mich nicht einschätzen. Ein Beispiel, das ich immer wieder zu hören bekomme, ist die neue Messe. Ich sage: Gut dass die neue Messe gebaut wurde! Die alte Messe auf dem Killesberg war unübersichtlich und zu klein. Es geht nicht darum, Stuttgart 21 oder nichts zu machen, sondern welche Lösung gewählt wird. Lösung „Stuttgart 21“: Ein riskantes und sehr teures Tunnelsystem oder Lösung „Kopfbahnhof 21 (K21)“: Eine konventionelle Bahnlösung, die nur ein Drittel kostet und zudem leistungsfähiger ist.


1. Montagsdemos (07.02.2010)

OB Schuster hofft, dass mit dem inszenierten Baustart am 2. Februar, der Widerstand abnimmt. Aber die Wut der Bürger wird immer größer. Je mehr die Menschen wissen, desto größer wird ihre Wut. Es kommen immer neue Fakten ans Tageslicht und immer mehr Menschen lernen das Alternativkonzept K21 kennen und wollen sich den Stuttgart 21 Blödsinn nicht gefallen lassen.

Überschriften wie „Stuttgart 21 ist nun unumkehrbar“ oder die große Inszenierung des Baustarts bezeichne ich als Versuch, die Stuttgart 21 Gegner zu demotivieren. Verständlich, dass ich immer wieder höre, der Zug ist abgefahren, die ziehen das Ding jetzt gnadenlos durch. Ich behaupte, wenn 30.000 Bürger zu der Montagsdemo kommen, wird Stuttgart 21 gestoppt. Ein Problem ist natürlich die liebe Zeit, wer hat heute schon noch Zeit?

Vom zeitlichem Aspekt her lohnt sich der Widerstand in 2010 noch richtig. Die Bauarbeiten im nächsten halben Jahr betreffen vor allem das Gleisvorfeld. Große Teile dieser Bauarbeiten können auch für das Alternativkonzept K21 genutzt werden. Erst im September ist das Fällen der Großbäume im Schlossgarten und der Abriss der Seitenflügel geplant. Unumkehrbar wird Stuttgart 21 frühestens in 1 bis 2 Jahren, wenn die großen Tunnelarbeiten beginnen. Und im März 2011 stehen die Landtagswahlen an!!!


2. Werbung für die Parkschützer Internetseite www.parkschuetzer.de (07.02.2010)

Bitte sich als Parkschützer registrieren (ist anonym)! Aktuell sind bereits 5.147 Leute registriert. Für die große Baugrube des Stuttgart 21 Bahnhofs wird ein Teil des Schlossgartens zerstört.

Es gibt 4 verschiedene Stufen des Engagements (in Kurzform):
Stufe 1: Willenserklärung gegen Schlossgarten Zerstörung
Stufe 2: Teilnahme am „10.000-stehen-zu-ihrem-Park“ Zeichen, wenn 10.000 sich hier eingetragen haben
Stufe 3: Schnellstmögliches Vorort Kommen, wenn Bauarbeiten beginnen, Protest mit legalen Mitteln
Stufe 4: Baufahrzeugen entgegenstellen oder an Bäume ketten

Die Stuttgart 21 Befürworter sehen mit Sorge, dass sehr viele Stuttgarter bereit sind, sich für ihren Schlossgarten zu engagieren.


3. Informationsbildung (07.02.2010)

Die einen sagen so die anderen so. Ich verstehe alle Leute gut, die nur bestimmte Zeitungen lesen, das Stuttgarter Amtsblatt oder die Stuttgart 21 Ausstellung im Bahnhofsturm besuchen und dann für Stuttgart 21 sind. Heutzutage ist es wichtig, sich auch unabhängig von der Presse zu informieren, da die Pressevielfalt immer weiter abnimmt. Natürlich tun sich die Lokalzeitungen schwer, etwas gegen Stuttgart 21 zu schreiben. Erfreuliche Ausnahme ist aber die Stuttgarter-Zeitung, die ihren Kurs geändert hat und immer mehr kritische Berichte bringt. Auffällig ist auch, dass sich der „Mister Unumkehrbar“ der Stuttgarter-Nachrichten (Experten wissen wen ich meine) zurückhält oder vielleicht zurückhalten muss.

Nachtrag: Heute (6.2.2010) muss ich ausnahmsweise die Stuttgarter-Nachrichten positiv erwähnen. Ich habe gedacht ich traue meinen Augen nicht! Auf einer fast ganzen Seite! ein Interview mit Winfried Hermann, dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Bundestag mit der Überschrift: „Strecke ist eine absolute Fehlplanung“.


4. Nutzen für den Bahnfahrer (07.02.2010)

Ein entscheidender Punkt bei Stuttgart 21 ist der Nutzen, insbesondere der Nutzen für die Bahnfahrer. Erstaunlicherweise bringt Stuttgart 21 mehr Nachteile als Vorteile für den Bahnfahrer. Aber warum ist die Deutsche Bahn zum Jahreswechsel nicht ausgestiegen? Es darf vermutet werden, dass Herr Grube unter gewaltigem Druck von einigen politischen Schwergewichten steht und die Frankfurter-Rundschau hatte ein DB Geheimpapier enthüllt, dass bei einem Ausstieg der Bahn die Bahnbilanz verhagelt worden wäre. Link zum Bericht:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/2152663_Bahn-profitiert-von-Stuttgart-21.html

Interessant: Michael Holzhey, ein Bahnexperte, sagte in der Tagesschau! am 2.2.2010, dass Stuttgart 21 ein sinnloses Bahnprojekt sei.


5. Arbeitsplätze für die Region (07.02.2010)

Die Stuttgart 21 Werbung verspricht 5.000 zusätzliche Vollerwerbsstellen während der Bauzeit. Die Landesvereinigung Bauwirtschaft spricht dagegen von 4.000 Arbeitsplätze und stellt selbst in Frage, ob die Baufachkräfte im Land davon profitieren werden. Auch die IG Bau und der DGB Nordwürttemberg erwarten keinen großen Auftragsschub für die hiesige Bauwirtschaft. Das hat zwei Gründe. Der eine Grund ist, dass nur sehr große Baufirmen bei den europaweit ausgeschriebenen Baulosen mitbieten können. Die Baulose, die von der Bahn ausgeschrieben werden, sind so groß, dass sie für mittelständischen Firmen nicht in Frage kommen. Die Ausschreibung von kleineren Baulosen würde zu Zeitverzögerungen beim Bau führen. Der andere Grund sind die bei Großbauprojekten üblichen Sub- und Sub-Sub-Unternehmen. Nach einer Anfrage der SPD im Stuttgarter Gemeinderat 2008 plante die Bauherrin Deutsche Bahn AG ein Containerdorf hinter dem Hauptbahnhof für 3.900 Arbeiter aus Osteuropa.

Das Alternativkonzept K21 würde auch Arbeitsplätze bringen. Dabei sind die Arbeiten besser für Firmen aus der Region geeignet als bei Stuttgart 21, wo für die vielen Tunnelarbeiten Spezialfirmen benötigt werden.


6. Über Politiker und Parteien (07.02.2010)

Sowohl OB Schuster als auch Herr Drexler waren mir als ich sie kennengelernt habe sympathisch: OB Schuster sehr engagiert und Herr Drexler eine wahre Kämpfernatur. Dass die beiden nun von einzelnen Gegnern beleidigt werden, ist nicht korrekt! Allerdings hat mein Respekt vor beiden deutlich gelitten, da sie Sachen behaupten, die schlichtweg falsch sind (Beispiel „K21 Hafenblockade“). Beide haben ein Problem. Sie können nicht mehr zurück. Ein Ausstieg aus Stuttgart 21 wäre für beide ein gewaltiger Gesichtsverlust. Ähnlich verhält es sich bei einigen Stadträten und Parteien. Wer vor 16 Jahren „Ja“ gesagt hat, kann nun schwer „Nein“ sagen. Bei den Parteien habe ich den Eindruck, dass es ihnen nicht um die sachlichen Vor- und Nachteile von Stuttgart 21 geht, sondern wie die Partei am besten wegkommt. Eines wird mir immer unbegreiflich bleiben - wie kann sich der SPD Mann Drexler zu „Mister Stuttgart 21“ machen lassen. Er muss vom Klammerbeutel gepudert gewesen sein. Bildlich gesehen stellt er sich als Abwehrschild vor OB Schuster bzw. vor die CDU. Mit diesem parteischädigenden Verhalten schickt er die Stuttgarter SPD noch weiter in den Abgrund. Wenn man sich mit Kommunalpolitikern unterhält, stellt man fest, dass diese sich mit Bahnthemen sehr wenig auskennen. Ihnen geht es um die Stadtentwicklung – schaden damit aber dem Bahnfahrer.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 4: 19.03.2010
Stuttgart 21: 19.03.2010

Liebe Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofs,

Stuttgart 21 ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Immer mehr Fakten kommen an die Oberfläche. Ganz aktuell aus der StN 18.03.2010, Überschrift Titelseite: „Beim Flughafen-Bahnhof droht jahrelange Verzögerung“. „Bahn steht vor einem Fiasko, Bahn erhält voraussichtlich keine Ausnahmegenehmigung für ICE im S-Bahn-Tunnel“. Der Bahn-Konzernbeauftragte Werner Klingberg hatte dies vor fünf Wochen als mittlere Katastrophe bezeichnet und gesagt, dass sich dadurch Stuttgart 21 um mehrere Jahre verzögern würde. Im Bahnhofsturm wurde der Bauzeitplan inzwischen mit einer weißen Plane abgedeckt. Eine weitere Bombe wird auch bald detonieren: Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm wird aktuell neu berechnet. Mit Sicherheit werden die Kosten weit über den bisher geplanten 2,1 Milliarden Euro liegen.

Stuttgart 21 findet in der Zwischenzeit bundesweit Beachtung, unter anderem aufgrund der Tatsache, dass durch Stuttgart 21 Gelder für andere sinnvolle Bahnprojekte fehlen. Negative Berichte über Stuttgart 21 kamen unter anderem im Fokus, Frontal 21 und Panorama. Auch der „Stern“ bringt in Kürze einen Bericht. Interessant auch, dass die Tagesschau ein Interview gebracht hat, indem ein Bahnexperte Stuttgart 21 und die Neubaustrecke als „verkehrspolitisch unsinnige Investition“ bezeichnete. Selbst die Berichterstattung in den Stuttgarter Zeitungen wird immer kritischer.

Der Druck auf Stuttgart 21 wird größer. Das ist auch der Punkt, an dem jeder Bürger sich einbringen kann und sollte!! Die Anzahl der Teilnehmer auf den Montagsdemos bzw. an der Parkschützer Aktion (Registrierung unter www.parkschuetzer.de ) hat eine große Außenwirkung auf die Medien, auf die Politiker und auf die Bahn und übt Druck auf diese aus. Und bitte nicht alles glauben, was bestimmte Politiker von sich geben, z.B. Günther Oettinger „Stuttgart 21 ist unumkehrbar“ oder „Widerstand ist zwecklos“. Ich sage: „Nicht alles gefallen lassen!“

„Stuttgart 21 ein bahnbetrieblicher Engpass – Nein Danke“

Vieles Grüße
M. Rupp


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E-Mail 5: 04.07.2010
Protestkundgebung Stuttgart 21, 10.07.2010

Liebe Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofs,

Protestkundgebung gegen Stuttgart 21: „Gemeinsam Stuttgart 21 stoppen!“, 10 Juli 2010, Schlossgarten

Ich schätze, wenn das Wetter passt, kommen 20.000 Leute. Je mehr Leute teilnehmen, desto größer ist die Wirkung auf die Politik, auf die Presse und auf die Bahn. Jeder Einzelne zählt! Ich höre oft „die da oben drücken Stuttgart 21 durch, da haben wir keine Chance“. Hier bietet sich die Chance durch eine hohe Anzahl an Teilnehmern ein deutliches Zeichen gegen Stuttgart 21 zu setzen. Nicht alles gefallen lassen und sich wie Schlachtvieh zur Schlachtbank führen lassen, sondern aktiv werden!


1. Macht es noch Sinn sich gegen Stuttgart 21 zu engagieren? (04.07.2010)

„Stuttgart 21 ist unumkehrbar“ ist seit einigen Monaten die Hauptbotschaft der Stuttgart 21 Werber. Glaubt Ihr das? Habt Ihr Euch von der großen Inszenierung des Baustarts entmutigen lassen? Dann haben die Stuttgart 21 Verantwortlichen ihr Ziel erreicht. Aber erst 2012, wenn die großen Tunnelbauarbeiten beginnen sollten, gibt es keinen Weg zurück. Die derzeitigen Arbeiten sind nur kleinere Vorarbeiten, die teilweise auch von dem Alternativkonzept Kopfbahnhof-21 genutzt werden können.


2. Die Lokal-Presse schwenkt langsam um (04.07.2010)

StZ, 04.07.10: „Baubeginn rückt in weite Ferne. Der Zeitplan für das Milliardenprojekt Stuttgart 21 gerät aus den Fugen. Die Ausschreibung für die Tieferlegung des Nesenbach-Abwasserkanals ist geplatzt.“

StN 30.06.10 Titel: „Der ausgedünnte S-Bahn-Fahrplan bleibt. Stuttgart 21: Bahn AG weiß nicht, wie sie den Engpass vor dem Hauptbahnhof beheben kann.“
Die Ludwigsburger Kreiszeitung (eine unabhängige Zeitung) dazu: „Bei Stuttgart 21, dem „bestgeplanten Projekt der Deutschen Bahn AG“, gibt es bereits in der ersten Bauphase eine gravierende Panne. Die Folge: Im S-Bahn-Verkehr geht es drunter und drüber“.

StN 29.05.10: Zum neuen Filderbahnhof: „Die Pläne sehen aus Kostengründen einen geteilten Bahnhof vor. Die ICEs aus Richtung Zürich sollen im schon bestehenden S-Bahnhof halten. Alle anderen ICEs im mehrere hundert Meter entfernten Neubau. Das wäre verkehrstechnischer Murks ... „ Anmerkung: Wohl war, nur warum hat die StN das nicht viel früher kritisiert?


3. Zum Schluß noch Grundsätzliches (04.07.2010)

Stuttgart 21 wurde bereits 1994 gestartet. Es ging dem damaligen Bahnchef Heinz Dürr um den teuren Verkauf der Bahngrundstücke an die Stadt. Die Gleise haben bei diesem Immobiliengeschäft gestört und sollten deshalb unter die Erde. Stuttgart 21 ist eine reine Setzung der Politik! Daher wurde auch kein vorzeigbarer Vergleich mit einer konventionellen überirdischen Lösung wie zum Beispiel Kopfbahnhof-21 gemacht.


4. Kosten-Nutzen Verhältnis (04.07.2010)

Hohe Kosten
Extrem hohe Baukosten (zur Zeit noch geschönt). Auch die Folgekosten (Betrieb, Instandhaltung) sind bei Stuttgart 21 deutlich höher.

Wenig Nutzen
Stuttgart 21 bringt dem Bahnfahrer mehr Nachteile als Vorteile. Der Tiefbahnhof wird bei bestimmten Betriebssituationen zum Nadelöhr. Er war ursprünglich mit 10 Gleisen geplant. Aus Kostengründen wurden diese auf 8 Gleise reduziert (spätere Erweiterung so gut wie nicht möglich). Ein heute gut funktionierender Bahnhof soll durch einen aufgrund seiner Tunnelbauweise störanfälligeren Bahnhof ersetzt werden.

Zerstörung und Risiken
Mindestens 10 Jahre Mega-Baustelle in der City, damit Entfall des stadtnahen Erholungsgebiets, 282 Großbäume werden gefällt, weitere Gefährdung von Bäumen durch die Grundwasserabsenkung, Gefährdung des Mineralwassers, massive Bebauung des Gleisvorfelds verschlechtert die Frischluftzufuhr für die City, Teilabriss des denkmalgeschützten (zum Weltkulturerbe vorgeschlagenen) Bahnhofs, etc.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 6: 08.07.2010
Artikel im Stern zu Stuttgart 21

Liebe Stuttgarter Kopfbahnhof-Freunde,

dem Stern wurde eine geheime Studie zugespielt, die vor 2 Jahren vom Land Baden-Württemberg !!! beauftragt wurde. In der Studie der Schweizer Verkehrsplanungs-Experten SMA heißt es für den späteren Bahnbetrieb: Stuttgart 21 führt zu „Engpässen“, verursacht „Konflikte zwischen Hauptbahnhof und Flughafen mit dem Regionalverkehr“ und ist „nicht kompatibel mit den angenommenen Fernverkehrszügen“ .

Das Land will übrigens das Geheimpapier nicht veröffentlichen. Genauso weigert sich die Bahn seit Jahren, die Wirtschaftlichkeitsrechnung zu Stuttgart 21 und zu der Neubaustrecke Wendlingen/Ulm herauszugeben .... Ein Schelm, der Böses denkt.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 7: 05.08.2010
Aufruf: Kommt zu den Stuttgart 21 Demos

Liebe Stuttgart 21 Interessierte,

die Anzahl der Leute, die sich aktiv am Widerstand gegen Stuttgart 21 beteiligen, wird immer größer. Die Anzahl der Demonstranten hat sich nach Errichtung des Bauzauns mehr als verdoppelt. Zur Montagsdemo am 2.8.2010 kamen mehr als 5.000 Menschen und das, obwohl es geregnet hat. Ich bin mir sicher die Bürger können einiges bewirken – nicht der Einzelne, aber die Masse. Die Presse berichtet aufgrund der vielen Demonstranten inzwischen deutschlandweit über die Proteste und außerhalb von Stuttgart auch sehr negativ über das Projekt. Meine These lautet immer noch: Wenn einmal 20.000 Menschen zur Montagsdemo kommen, wird Stuttgart 21 gestoppt. Es ist dann politisch nicht mehr durchsetzbar.

Es handelt sich bisher um äußerst friedliche Demonstrationen. So etwas hat die Polizei noch nicht gesehen. Lächerlich ist, wie versucht wird die Stuttgart 21 Gegner in die gewalttätige Ecke zu stellen. Nur laut kann es werden (Tempo‘s für die Ohren mitnehmen).

Langsam habe ich den Eindruck, die da oben drücken Stuttgart 21 durch, egal was die Mehrheit der Bevölkerung will. Es geht ihnen nicht um Stuttgart, sondern wie sie am besten aus der Sache herauskommen, also ja nicht aus der Deckung kommen und eine Bürgerbefragung zulassen. Und genau das ist meine Motivation zur Montagsdemo zu gehen. Ich zeige Flagge. Ich zeige, dass ich mir nicht alles gefallen lasse. Ich zeige, dass ich nicht will, dass mit meinen Steuergeldern der Bahnknoten Stuttgart geschwächt wird und ein Teil des Schlossgartens und denkmalgeschützte Bauwerke zerstört werden.

Neueste Informationen aus dem Bundesverkehrsministerium: Der Bund will wegen Finanzknappheit bis auf Weiteres keine neuen Straßen, Schienen und Wasserwege mehr bauen. Damit gerät die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm unter Druck.


1. SMA Gutachten (05.08.2010)

Das Land Baden-Württemberg, d.h. die Projektbefürworter, hatten vor 2 Jahren ein Gutachten bei der Firma SMA in Zürich beauftragt, um die Auswirkungen von Stuttgart 21 auf den Regionalverkehr zu untersuchen. Das Gutachten der Schweizer Verkehrsexperten wurde 2 Jahre vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg geheim gehalten und ist jetzt auf nicht geklärtem Weg an die Öffentlichkeit gelangt. Klar wird auch warum dieses Gutachten geheim gehalten wurde, wenn man diesen Satz aus dem Gutachten liest: "Aufgrund der Brisanz der vorliegenden Resultate ist absolutes Stillschweigen erforderlich."

Es werden sehr detailliert die grundsätzlichen Probleme des Projekts aufgezeigt und von einem "hohen Stabilitätsrisiko", einem "schwer beherrschbarem Gesamtsystem", und einer "geringen Gestaltungsmöglichkeit des Fahrplans" ohne Perspektiven für Angebotserweiterungen gesprochen. D.h. Stuttgart 21 schafft ein Nadelöhr, das Verschlechterungen für Fern- und Regionalzüge ebenso wie für die S-Bahn mit sich bringt.

Die Projektbefürworter mussten reagieren. Man will nachbessern und ein zweites Gleis zum Flughafenbahnhof bauen. Ein Kritikpunkt, der mit 35 Mill. Euro recht „günstig“ zu haben ist, wird damit beseitigt, aber die vielen anderen Schwachstellen bleiben. Das Gutachten mit Kommentierung kann man unter kopfbahnhof-21.de nachlesen. Hier das Fazit:

- sma + Partner bestätigen gravierende Mängel bei der Fahrbarkeit von S21.
- Ursache für die aufgezeigten Engpässe ist die zu knapp ausgelegte Infrastruktur.
- Die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs ist deutlich geringer als versprochen. Er wird zum Nadelöhr.
- Die vorhandene Infrastruktur im Wirtschaftsraum Mittlerer Neckar wird reduziert.
- Es gibt gravierende Nachteile für die S-Bahn, die Gäubahn und die Verknüpfung von Verkehrslinien.
- Ein Integraler Taktfahrplan ITF ist mit Stuttgart 21 nicht machbar.
- Die These, dass Stuttgart 21 die doppelte Leistungsfähigkeit wie der Kopfbahnhof besitzt, ist widerlegt.
- Aufgrund der Engpässe besteht die Gefahr, dass in Zukunft Züge um Stuttgart herum geführt werden müssen.


2. Strafanzeige wegen Untreue (05.08.2010)

Es wurde Strafanzeige wegen Untreue gegen die Unterzeichner der Finanzierungsvereinbarung für Stuttgart 21 vom 2. April 2009 (Oettinger, Schuster, Grube, Schuster, Wopperer) erstattet. Begründet wurde die Finanzierungsvereinbarung unter anderem mit der begrenzten Kapazität des bestehenden Stuttgarter Kopfbahnhofs und der höheren Leistungsfähigkeit eines unterirdischen Durchgangs-bahnhofs. Jetzt wurde aber durch die SMA Studie enthüllt, dass der bahnverkehrliche Nutzen von Stuttgart 21 im Vergleich zur heutigen Verkehrsinfrastruktur des Stuttgarter Kopfbahnhofs vernachlässigbar ist. Die Angezeigten haben sich damit wissentlich untreu im Sinne von § 266 Strafgesetzbuch verhalten, indem sie öffentliches Vermögen nicht Nutzen bringend verwenden.


3. Demokratische Entscheidung (05.08.2010)

Richtig ist, dass Stuttgart 21 demokratisch entschieden wurde, d.h. die Mehrheit der damaligen Entscheidungsträger (Stadträte, Landtagsabgeordnete) hat sich für Stuttgart 21 ausgesprochen. Allerdings muss man sich fragen, was man den damaligen Entscheidungsträgern versprochen hat. Man hatte ihnen verkehrstechnische Vorteile zu angemessenen Kosten versprochen. Jetzt stellt sich aber heraus, dass die Kosten wesentlich höher sind als damals angegeben und vermutlich noch deutlich steigen werden. Genauso ergeben sich für den Bahnverkehr keine verkehrstechnischen Vorteile sondern mehr Nachteile wie das SMA-Gutachten zeigt. Da muss man sich die Frage stellen, wurden die Entscheidungsträger arglistig getäuscht? Kann man da noch von einer demokratischen Legitimation von Stuttgart 21 sprechen?


4. Stuttgart 21 Werbung (05.08.2010)

Wenn man sich als unwissender Bürger in der Stuttgart 21 Ausstellung im Bahnhofsturm informiert, kommt man sicher als überzeugter Stuttgart 21 Befürworter heraus. Man muss aber bedenken, dass es sich um eine Werbeveranstaltung handelt, d.h. die positiven Seiten werden aufgezeigt und die negativen Seiten unter den Tisch gekehrt. Die Werbemaschinerie will ja schließlich ihr Produkt Stuttgart 21 verkaufen. Genauso muss es damals den Entscheidungsträgern ergangen sein. Man hat ihnen erzählt, dass der Kopfbahnhof am Ende seiner Leistungsfähigkeit sei und dringend ersetzt werden müsste.

Die Werbung verspricht, dass nach dem Bau von Stuttgart 21 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Das sagt ein Gutachten, das von Stuttgart 21 Befürwortern bezahlt und erstellt wurde. Aber warum sollen so viele Arbeitsplätze entstehen? Die Menschen haben nicht mehr Kaufkraft, laut Prognose der Stadt soll die Anzahl der Bewohner von Stuttgart sinken, es entsteht kein produzierendes Gewerbe. Sollen etwa Dienstleistungs-Arbeitsplätze außerhalb von Stuttgart abgezogen werden?


5. Bonatz Bau (05.08.2010)

Falsch ist, wie häufig geäußert, dass es sich bei dem Bahnhofsgebäude um ein Relikt aus der Nazizeit handelt. Der Bahnhof wurde von Paul Bonatz bereits 1914 bis 1928 erbaut. Bei Kunsthistorikern zählt er zu den bedeutendsten Bauwerken des beginnenden 20. Jahrhunderts in Europa. Er gilt als frühes herausragendes Beispiel des Kubismus in der deutschen Architektur. Die Seitenflügel, die abgerissen werden sollen, sind ein wesentlicher Bestandteil des Bauwerks. Viele weltweit namhafte Architekten haben sich gegen den Abriss ausgesprochen. Vor einigen Monaten wurde der Bahnhof von Beratern der UNESCO zum Weltkulturerbe vorgeschlagen. Mit den amputierten Seitenflügeln wäre dies nicht mehr möglich. Weiterhin steht das Bahnhofsgebäude unter Denkmalschutz. Es ist skandalös, dass sich ausgerechnet öffentliche Bauträger über diesen Schutz hinwegsetzen. Der Abriss des Nordflügels (Flügel bei der LBBW) soll nun vorgezogen werden. Dies ist für den Baufortschritt zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig. Es geht also nur darum Fakten zu schaffen und ist der Versuch die Stuttgart 21 Gegner zu demoralisieren.


6. Tunnelgebirge (05.08.2010)

Wenig bekannt ist, dass auch Teile des Gleisvorfelds des Stuttgarter Hauptbahnhofs unter Denkmalschutz stehen. Dort befinden sich sogenannte Überwerfungsbauwerke. Diese werden auch als Tunnelgebirge bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Verbindung von Tunnel- und Brückenkonstruktionen, die es ermöglicht, dass Züge über drei Ebenen weitestgehend kreuzungsfrei in den Bahnhof einfahren können. Aufgrund dieser ingenieurstechnischen Meisterleistung zählt der Stuttgarter Bahnhof heute zu den pünktlichsten und betriebssichersten Hauptbahnhöfen Deutschlands.


7. Unwahrheiten (05.08.2010)

Die Verbreitung von Unwahrheiten durch bestimmte Politiker ist der Punkt, der mich am meisten stört. Da ist man als Bürger enttäuscht wenn mit solchen Mitteln gearbeitet wird. Wenn man sich nicht auskennt, wird man diesen seriös wirkenden Herren Glauben schenken. Aber immer mehr Bürger informieren sich und durchschauen den Schwindel. Hier drei Beispiele:

Präsentation Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster 14.05.2009: „Bei K21 verliert der Stuttgarter Hafen den Bahn-Anschluss. Dies bedeutet 400.000 zusätzliche LKW-Fahrten pro Jahr“. So etwas wäre ein KO-Kriterium für K21. Die Aussage ist aber falsch. Es handelt sich um eine frei erfundene Interpretation des K21-Konzepts.
Dasselbe verkündete Wolfgang Drexler als Antwort auf einen Leserbrief in der Cannstatter Zeitung am 17.10.2009: „Bei den Trassenvorschlägen von K21 würde auch der Stuttgarter Hafen in seiner Funktion zerstört...“

Herr Wolfgang Drexler in seinem Vortrag am 17.03.2010 in Mühlacker: „In Stuttgart Hauptbahnhof können heute pro Stunde nur bis zu 28 Züge abgefertigt werden“. Auch dies ist falsch. Der heutige Stuttgarter Hauptbahnhof hat eine Kapazität von 51 Züge pro Stunde, genau so viel wie der geplante S21 Tiefbahnhof.

Herr Wolfgang Arnold, Technikvorstand der Stuttgarter Straßenbahnen (und somit ein Mitarbeiter von Dr. Wolfgang Schuster) stellte am 13.07.2010 das Alternativkonzept Kopfbahnhof 21 in Untertürkheim vor. Wie zu erwarten wurden die Vorteile von Stuttgart 21 und die Nachteile von K21 dargestellt (auch K21 ist ein Großbauprojekt und hat bestimmte Nachteile). Das Problem: Einige Dinge, die er behauptet hat sind falsch. Man kann die falschen Aussagen nachlesen unter “kopfbahnhof-21.de“. Dort runterscrollen zu dem Artikel „Nichts Neues aber viel Falsches“. Herr Arnold hat sich nicht aus erster Hand informiert, sondern Dinge interpretiert bzw. frei erfunden und hält dann Vorträge über das Thema. Kein Kommentar. Interessant auch die Überschrift des Artikels in den Stuttgarter Nachrichten, die wieder einmal mitspielt: „Kopfbahnhof wohl keine Alternative“.

Mir reicht’s - ich kündige mein Abonnement bei den Stuttgarter Nachrichten.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 8: 15.08.2010
Stuttgart 21, die Politik und die Bahn

Liebe Stuttgart-21-Interessierte,

eintragen bei: www.stuttgarterappell.de
Eine private Initiative sammelt Stimmen für einen Baustopp und einen Volksentscheid (aktuell 25.843 Einträge)


1. Die Politik (15.08.2010)

Früher habe ich mich wenig für Politik interessiert. Dann bin ich auf das Thema „Stuttgart 21“ gestoßen und ich habe mich in die endlosen „Informationsweiten“ von Stuttgart 21 und Kopfbahnhof 21 gestürzt. Beide Konzepte haben ihre Vor- und Nachteile. Das hat mich als Ingenieur interessiert. Zwangsläufig kommt man aber von den Sachthemen zur Politik. Es stellt sich aktuell die Frage, warum die Politik den Abriss des Nordflügels nicht stoppt. Hier der Versuch einer Erklärung.

Im Juli 2010 kam durch das SMA-Gutachten heraus, dass die Bahninfrastruktur von Stuttgart 21 zu klein dimensioniert ist und dass es mehrere Engstellen für den späteren Bahnbetrieb gibt. Man muss sich das einmal vorstellen: Durch Stuttgart 21 wird der regionale Bahnbetrieb nicht verbessert, sondern verschlechtert!

Erstaunlicherweise sprechen sich auch heute noch die meisten Parteien (CDU, SPD, FDP, Freie Wähler) für Stuttgart 21 aus. Hierfür gibt es meines Erachtens verschiedene Gründe.

Die wenigsten Politiker sind Bahnexperten und kennen sich mit Kapazitätsberechnungen bei Bahnsystemen aus. Das kann auch nicht anders sein. Bei einer Diskussion mit dem Stuttgart-21-Experten Wolfgang Drexler sieht man dann natürlich schlecht aus – und wer will sich das schon antun? Allerdings muss man bedenken, dass Herr Drexler fast ausschließlich die positiven Seiten von Stuttgart 21 darstellt und die negativen Seiten unter den Tisch kehrt. Hier eine Aussage von ihm während des SPD-Landesparteitags im November 2009: „Die Stuttgarter Halbhöhenlage macht Front, den Arbeitervororten im Neckartal, denen wollt Ihr zwei neue Gleise reindrücken.“ Aber aufgepasst, er verschweigt dabei die zusätzlichen Gleise im Neckartal, die auch bei Stuttgart 21 benötigt werden. Weiterhin kommt hinzu, dass die meisten Bahnexperten von dem Monopolisten Deutsche Bahn abhängig sind und somit „die Klappe halten müssen“.

Ein weiterer Grund ist der Fraktionszwang. Nur wenige wagen sich, sich gegen Parteigrößen wie Wolfgang Drexler, Claus Schmiedel oder Ivo Gönner zu stellen. Wie hat Herr Schmiedel vor ein paar Tagen gesagt: „Es wird nicht gewackelt, die SPD-Landtagsfraktion steht ohne Wenn und Aber zu Stuttgart 21“. Übersetzt heißt das, wer diesen Kurs nicht mitträgt, macht sich bei den Parteioberen unbeliebt und womöglich ist die Karriere in der Partei gefährdet. Diese Mechanismen gibt es bei allen Parteien, nur die Ausprägung ist je nach Partei stärker beziehungsweise schwächer.

Dass die genannten Parteigrößen ihren Kurs nicht ändern, ist klar. Jahrelang haben sie die Werbeversprechungen von Stuttgart 21 publik gemacht. Würden sie jetzt ihre Meinung ändern, wäre ein Gesichtsverlust die Folge - und vermutlich würde der ein oder andere Posten wackeln.


2. Das SMA-Gutachten (15.08.2010)

Man hatte den Politikern gesagt, dass wir mit Stuttgart 21 einen deutlich leistungsfähigeren Bahnknoten bekämen. Das SMA-Gutachten hat gezeigt, dass dies alles falsche Versprechungen waren. Bekanntlich wurde das SMA-Gutachten vom Land Baden-Württemberg (also von Stuttgart-21-Befürwortern) beauftragt und zwei Jahre lang geheim gehalten bis es vor kurzem auf dubiosem Weg an die Öffentlichkeit gelangt ist. Den Inhalt des SMA-Gutachtens kann man grob mit einem Satz beschreiben: Die Bahn-Infrastruktur von Stuttgart 21 wurde zu knapp dimensioniert (Details siehe www.kopfbahnhof-21.de). Es gibt mehrere Schwachstellen, wobei die meisten dieser Schwachstellen nur mit immensen Kosten beseitigt werden könnten. Die Schwachstellen werden im späteren Bahnbetrieb zu den folgenden zwei Auswirkungen führen. Das Angebot der Züge kann man kaum erhöhen, da wegen der knappen Dimensionierung enge Grenzen Gesetz sind. Somit wird die Möglichkeit verbaut, mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Das ist auch einer der Gründe, warum gerade die Grünen, sowie Umwelt- und unabhängige Bahnverbände sich so vehement gegen Stuttgart 21 wehren. Die weitere Auswirkung ist der spätere Bahnbetrieb, der als sehr problematisch eingeschätzt wird. Der Betrieb bei Stuttgart 21 funktioniert, wenn die Züge einigermaßen pünktlich sind und es keine größeren Störungen gibt. Je nach Größe der Störung kann es aber auch zum Totalausfall des Bahnknotens Stuttgart kommen, da die Bahn-Infrastruktur zu knapp bemessen ist. Das erinnert mich immer wieder an den Satz eines Bahnexperten: „Wie kann man nur einen heute problemlos funktionierenden Bahnhof durch ein im späteren Betrieb anfälliges Konzept ersetzen?“


3. Wie konnte es nur soweit kommen? (15.08.2010)

Angefangen hat alles damit, dass die Bahn an die Börse wollte. Deshalb wurde beim Bahnbetrieb kräftig gespart. Die Auswirkungen zeigen sich heute: Gebrochene ICE-Achsen, defekte Bremsen bei der S-Bahn Berlin und zuletzt ausgefallene ICE-Klimaanlagen. Da fällt der Imageverlust, der gerade bei Stuttgart 21 entsteht, auch nicht mehr ins Gewicht. Mit der Idee, alle Gleise unter die Erde zu verlegen, kam 1993 für den damaligen Bahnchef Heinz Dürr die große Chance. Die Gleisgrundstücke konnten für 744 Millionen Euro (inklusive Zinsen) an die Stadt Stuttgart verkauft werden. Das ist einer der Gründe, warum sich die Bahn heute mit einem Ausstieg so schwer tut. Sie müsste das Geld zurückzahlen, das sie aber bereits ausgegeben hat. Um das Projekt durchzusetzen wurde aus Kostengründen die Infrastruktur knapp dimensioniert und später sogar die Kapazität reduziert. So hatte der geplante Tiefbahnhof ursprünglich nicht 8, sondern 10 Gleise. Für die Bahn ist Stuttgart 21 ein lohnendes Geschäft. Über die Jahre hinweg wurde der Finanzierungsanteil der Bahn immer geringer, und der Anteil des Steuerzahlers immer größer. Hinzu kommt, dass die Bahn für Neubauten (Tiefbahnhof) mehr Mittel bekommt als für Renovierungen (Kopfbahnhof). Warum sollte die Bahn also aussteigen? Was interessiert es die heutigen Bahnmanager, ob der Verkehrsknoten Stuttgart später gut funktioniert? Da sind sie ja schon lange nicht mehr im Amt.


4. Die Rolle von Ulm (15.08.2010)

Der Oberbürgermeister von Ulm, Ivo Gönner (SPD), ist einer der Hauptwerber für das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm. Er befürchtet, wenn Stuttgart 21 gestoppt wird, würde auch die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm gestoppt. Herr Gönner, als Interessenvertreter von Ulm hat natürlich ein großes Interesse an einer schnellen Verbindung nach Stuttgart und zum Flughafen (Anmerkung: Dies wäre auch mit K21 möglich). Ulm würde zweifelsohne von der Neubaustrecke profitieren, die Stadt Ulm würde an Bedeutung gewinnen.

Interessant ist, dass auch einige andere bekannte Politiker mit Ulm in Verbindung stehen. Dr. Wolfgang Schuster (CDU), Oberbürgermeister von Stuttgart, ist in Ulm aufgewachsen und ehemaliger Stadtrat von Ulm. Die derzeitige Bundesministerin für Bildung und Forschung und stellvertretende Vorsitzende der CDU, Frau Dr. Annette Schavan, ist seit 2005 Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Ulm. Sie gilt als eine der engsten Vertrauten von Bundeskanzlerin Angelika Merkel (CDU).


5. Die Verantwortlichen (15.08.2010)

Meines Erachtens gibt es nicht viele Hauptverantwortliche für Stuttgart 21. Die Wirtschaft trifft keine Schuld. Es war schon immer das Ziel der Wirtschaft, auch unter Mithilfe der Werbung einen möglichst großen Reibach zu machen. Auch den Politikern, die aufgrund falscher Informationen für Stuttgart 21 gestimmt haben, kann man nicht viel vorwerfen. Sehr wohl aber den Politikern, die aufgrund der neuen Faktenlage immer noch an Stuttgart 21 festhalten. Eine große Schuld trifft bestimmte Bahnmanager und einen Bahngutachter, die Stuttgart 21 als leistungsstarkes Bahnsystem verkauft haben.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 9: 18.08.2010
Stuttgart 21: Schweigemarsch, Freitag, 20.08, 18:00 Uhr

Liebe Stuttgart 21 Interessierte,

dies ist meine vorerst letzte E-Mail zu Stuttgart 21. Mehr dazu am Ende.

Wichtiger Termin: Freitag, 20. August, 18:00 Uhr, Schweigemarsch


1. Sendung Frontal 21 am 17. August 2010 (18.08.2010)

Das erfuhr die Bevölkerung von Deutschland von unserem Projekt in der Sendung Frontal 21 im ZDF mit dem Titel: „Schwäbischer Größenwahn – Bürger gegen Stuttgart 21“. Auszüge davon:

... Europas größtes Bauprojekt, dessen Nutzen immer mehr in Frage steht. Eine neue Studie zum Schienengüterverkehr bis 2030 im Auftrag des Umweltbundesamtes kommt für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm zum Fazit: Dass das Gesamtvorhaben verkehrlich hochgradig ineffektiv ist. Und weiter heißt es: Stuttgart 21 beseitigt kein Nadelöhr, sondern schafft Neue.

Entwicklung der Baukosten:
1995: 4,5 Mrd.
2007: 4,8 Mrd
April 2009: 5,0 Mrd
Dez. 2009: 6,5 Mrd
Juli 2010: 7,4 Mrd
Bundesrechnungshof: 8,9 Mrd
Gutachten des Umweltbundesamtes: bis zu 11 Mrd (= 11.000 Millionen)

Nach diesem Gutachten ist für den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages Winfried Hermann klar: „Dieses Projekt läuft finanziell völlig aus dem Ruder. Es ist hoch riskant und 10 bis 12 Milliarden für beide Projekte zusammen ist absolut realistisch .... Dieses Projekt ist auch aus finanziellen Gründen nicht verantwortbar.“ Hermann fordert seit Monaten Einblick in die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Bahn. Vergeblich, der Bundesverkehrsminister beantwortete eine kleine Anfrage des Abgeordneten mit folgendem Schreiben: „Die ... Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde von der Deutsche Bahn AG erstellt und wird von dieser als Geschäfts- und Betriebsgeheimnis eingestuft.“ Hermann: „Es ist einfach ein Skandal. Es kann nicht sein, das Abgeordnete des Deutschen Bundestages keine Informationsrechte gegenüber der Bahn haben, einem 100% Bundesunternehmen und zumal bei Projekten, die allesamt aus Steuermitteln finanziert werden. Wir werden das auch vom Bundesverfassungsgericht prüfen lassen.“

Unwirtschaftlich sind die Stuttgarter Bahnpläne auch, weil die geplante Neubaustrecke nach Ulm für Güterzüge viel zu steil ist. Noch steiler als die bisherige Route über die Schwäbische Alb, die deshalb schon jetzt eher gemieden wird vom Güterverkehr.... Würde man die 11 Milliarden Euro für Stuttgart so das neue Gutachten stattdessen in den Schienengüterverkehr investieren, könnte man die Straßen entlasten und in den nächsten 15 Jahren die Transportmengen auf der Schiene verdoppeln.

Klaus Arnoldi, Verkehrsclub Deutschland: „Ich finde es angesichts der steigenden Transportmengen auf der Straße unverantwortlich, dass so viel Geld in ein einziges Prestigeprojekt hineingesteckt wird und dass darunter die ganze Republik und der Ausbau der Schiene in der ganzen Republik leiden wird.“

... und die Verantwortlichen gehen in Deckung. Projektleiter und Landtagsvizepräsident Wolfgang Drexler, SPD und auch Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, CDU wollen nicht vor die Kamera und lassen verlauten die Sache sei entschieden, der Protest zwecklos.

Mein Kommentar zum Thema „Schienengüterverkehr“: Tragisch was die Bahn aufgrund kurzfristiger Denkweise hier macht.


2. Zeitgewinn durch die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm (18.08.2010)

Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm verringert die Fahrtzeit um 26 Minuten. Das ist beachtlich.

Dazu eine Information von Prof. Dipl.-Ing. Karl-Dieter Bodack (Er arbeitete fast 3 Jahrzehnte in Stabs- und Führungspositionen bei der Deutschen Bahn und berät freiberuflich Bahngesellschaften). Im Jahr 1995 fuhr der ICE von München nach Stuttgart in 2 Stunden 1 Minute; heute sind es 2 Stunden 24 Minuten! Würde der damalige Fahrplan wieder eingeführt und dazu in relativ flachem, unbebautem Gelände zwischen Amstetten, Ulm und Augsburg die dort wegen der Kurven langsame Strecke begradigt, wäre die Fahrzeitverkürzung ohne gigantische Tunnel erreichbar (Kosten: 200 Millionen Euro).


3. Die Stuttgart 21 Werbung (18.08.2010)

Werbung heißt die positiven Seiten darstellen und die negativen Seiten unter den Tisch kehren. Da hilft nur, sich auch aus anderen Quellen zu informieren und nicht nur auf die Werbung zu hören. Hier eines von vielen Beispielen: Zwischen Nordbahnhof und Hauptbahnhof entsteht bei Stuttgart 21 die neue Haltestelle „Mittnachtstraße“.

Stuttgart 21 Werbung: „Rund 20.000 Fahrgäste der S-Bahn zwischen Feuerbach und Cannstatt erreichen schneller ihr Ziel, weil der Umweg über den Hauptbahnhof entfällt.“

Das ist richtig. Nicht gesagt wird aber, dass 70.000 Fahrgäste zwischen Hauptbahnhof und Cannstatt durch den zusätzlichen Halt länger brauchen.


4. Meine vorerst letzte Stuttgart 21 E-Mail (18.08.2010)

Zwischen 01.05.2009 und heute habe ich zum Teil umfangreiche E-Mails verschickt. Herzlichen Dank an alle, die meine E-Mails weitergeleitet haben! Ich begann mit dem Schreiben der E-Mails, da in der Stuttgarter Presse wenig kritisch über das Projekt „Stuttgart 21“ berichtet wurde. Dies hat sich nun geändert. In ganz Deutschland und teilweise im Ausland wird ausführlich und zumeist negativ über das Thema berichtet. Zu verdanken ist das den Montagsdemos und natürlich den zahlreichen negativen Enthüllungen über Stuttgart 21. Damit sind meine E-Mails hinfällig geworden. Ein Thema hätte ich noch gerne beleuchtet. Was wurde den damaligen Stadträten und Landtagsabgeordneten versprochen, damit sie für Stuttgart 21 stimmen und welche Erkenntnisse gibt es heute über diese Versprechungen. Vielleicht kann das jemand anderes übernehmen!


5. Als Abschluss die Kurzfassung meiner Gründe gegen Stuttgart 21 (18.08.2010)

Das Projekt hat ein sehr schlechtes Kosten/Nutzen-Verhältnis (extrem teuer, mehr Nachteile als Vorteile für den Bahnfahrer, keinen Nutzen für den Schienengüterverkehr und bringt nur wenige Dauerarbeitsplätze). Der Preis dafür ist hoch: Zerstörung eines Bahnhofsgebäudes mit Weltkulturerbe-Potenzial, Zerstörung eines Teils des Schlossgartens, Gefährdung des Mineralwassers und mindestens 15 Jahre Baustelle mitten in der City.

Ich bin überzeugt, Stuttgart 21 wird gestoppt. Die Unumkehrbarkeit tritt erst ein, wenn die großen Tunnelarbeiten begonnen sind. Und bis dahin ist es noch weit. Bereits Ende März 2011 sind die Landtagswahlen. Die Verantwortlichen werden diesem in Deutschland einmaligen Bürgerprotest und den weiteren Enthüllungen nicht über längere Zeit standhalten. Tragisch wäre, wenn bis dahin der Bahnhof oder der Park zerstört wäre!

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 10: 23.10.2010
Stuttgart 21: Zwei kritische Stern Artikel

Liebe Stuttgart 21 Interessierte,

ich bin entsetzt, was am Donnerstag, den 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten passiert ist! Deshalb schreibe ich trotz knapper Zeit diese E-Mail.

Die Stuttgart 21 Befürworter sagen, sie wollen den Dialog. Damit meinen sie, sie wollen sich über die Möglichkeiten der Stadtentwicklung unterhalten, aber nicht über die wirklich kritischen Punkte. Nur dem andauernden und zahlreichen Protest der Bevölkerung ist es zu verdanken, dass jetzt umfassende Gespräche stattfinden. Ich bin aber immer noch skeptisch, ob die Stuttgart 21 Befürworter bereit sind, sich zu bewegen. Deshalb ist weiterhin der Druck der Bevölkerung, d.h. die Teilnahme an den Demonstrationen wichtig. Termine finden sich unter: www.kopfbahnhof-21.de

Zu meiner Verwunderung hat die CDU ihr politisches Schicksal in Baden Württemberg mit Stuttgart 21 verbunden. Sie wird daher eine massive Werbeoffensive starten. Die Kopfbahnhof 21 Befürworter haben weniger finanzielle Mittel zur Verfügung als die Stuttgart 21 Befürworter. Deshalb die Idee, E-Mails nach dem Schneeballprinzip an Freunde und Bekannte weiterzuleiten (ich rate zur Blindkopie).


1. Stern Artikel im Anhang (23.10.2010)

„Stuttgart 21: Die geheimen Akten“ vom 30.9.2010

Auszug: „... und brachte Tausende Seiten Dokumente mit, ... sowie streng vertrauliche Vorstandsvorlagen und Projektberichte, die Pfusch und Fehlplanung dokumentieren.“
„In Stuttgart wird ein Bahnhof gebaut..., der nicht funktionieren wird.“
„Bei S21 geht es drunter und drüber, so sehr, dass der Bauablauf in der geplanten Termin- und Bauabfolge nicht mehr realisiert werden kann.“


„Monopoly 21“ vom 14.10.2010

Was die Stuttgart 21 Insider schon gewusst haben, erfährt nun ganz Deutschland. Viele prominente Stuttgart 21 Befürworter sind persönlich in das Projekt verstrickt. Friederike Beyer (Lebensgefährtin von Günther Oettinger), Lothar Späth, Tanja Gönner, Wolfgang Schuster, Heinz Dürr (ehemaliger Bahnchef), etc.. Es werden die Zusammenhänge zwischen bestimmten Politikern, der Stuttgarter Presse und der LBBW aufgezeigt. Es ist gut, dass Stuttgart 21 nun ein deutschlandweites Thema ist und damit auch die deutschlandweite Presse über die Presseverhältnisse in Stuttgart berichtet.

Auszüge aus dem Stern-Artikel: „Ohne mediale Dauerunterstützung gebe es S21 wohl längst nicht mehr ... Vor allem die Stuttgarter Zeitungen unterstützen – mit gelegentlichen Ausnahmen – das Projekt bedingslos ... Die Stuttgarter Zeitung hat schon lange eine klare Haltung zu Stuttgart 21: Wir sehen das Vorhaben positiv.“

2008 kaufte der Stuttgarter Medienkonzern (SWMH = Südwestdeutsche Medien Holding) die Süddeutsche Zeitung für 625 Millionen Euro, größtenteils auf Kredit. Die Kreditgeber waren die landeseigene LBBW Bank und deren Tochter die BW-Bank.

Weitere Auszüge aus dem Stern-Artikel: „In dieser Bank (LBBW) hat die Politik das Sagen: Ministerpräsident Stefan Mappus ist Vorsitzender ihrer Trägerversammlung ... In der LBBW treffen sich wieder viele S21 Befürworter aus Politik und Wirtschaft: etwa Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, die Unternehmer Heinz Dürr und Dieter Hundt, auch Claus Schmiedel ...“

Quintessenz: Wer sich einigermaßen neutral über Stuttgart 21 informieren will, muß die überregionale Presse lesen.

PS: In dem Artikel nicht erwähnt wird der Stuttgarter Finanzbürgermeister Michael Föll, der bis vor kurzem im Beirat des Bauunternehmens Wolff & Müller war, das den Vertrag für den Abriss des Nordflügels bekommen hatte.


2. Der schwarze Donnerstag von Stuttgart (23.10.2010)

Am Donnerstag, den 30. September 2010 ging die Polizei mit massiver Gewalt (Wasserwerfer, Reizgas, Pfefferspay, Schlagstöcke) gegen größtenteils friedlich demonstrierende Stuttgart 21 Gegner vor. Die Polizei hat das Recht (und die Pflicht) eine sogenannte Verhinderungsblockade durch den Einsatz von „unmittelbarem Zwang“ aufzulösen. Die dabei eingesetzen Mittel müssen aber verhältnismäßig sein – dazu zählt zum Beispiel das Wegtragen unter Verhängung eines Ordnungsgeldes. Der Einsatz von Gas und Schlagstöcken kann nur das letzte Mittel sein, wenn die Situation auch vonseiten der Demonstranten eskaliert.

Aber die Lage eskalierte nicht von seiten der Demonstranten. Um ihr Verhalten zu rechtfertigen, behauptete die Polizei zunächst, die Polizisten seien mit Pflastersteinen angegriffen worden. Diese entpuppten sich später als Kastanien, die von den Wasserwerfern aus den Bäumen geschossen wurden. Ein paar Tage später konnte die Polizei in ihrer Pressekonferenz so gut wie keine gewalttätigen Demonstranten vorweisen. Ein einzelner Vermummter wurde gezeigt, der ein Spray einsetzte, allerdings lange nachdem die Polizei Pfefferspray und Wasserwerfer eingesetzt hatte. Interessant auch was der SWR aufgedeckt hat. Genau die Szene, in der ein Polizist mit dem Schlagstock um sich schlägt, wurde von der Polizei aus dem Film herausgeschnitten. Der Einsatz der Polizei war nicht verhältnismäßig, die Gewalt ging von der Polizei aus.

Ein Großteil der anfangs anwesenden Demonstranten waren Kinder, Jugendliche und ältere Leute. Die Kinder und Jugendliche kamen von einer polizeilich genehmigten Schülerdemo, die in der Lautenschlagerstraße stattfand und im Schlossgarten enden sollte. Wer eins und eins zusammenzählen kann, dem muss klar gewesen sein, dass die Schüler bei Beginn der Polizeiaktion in den Nahe gelegenen Schlossgarten eilen. Aus den StN, 2.10.2010: Allein deshalb hätte Polizeipräsident Siegfried Stumpf die Zaunaufstellung einige Tage verlegen müssen. „Dem standen wohl politische Wünsche entgegen“, deutet ein Polizeibeamter an.

Solche Szenen hat Deutschland noch nicht gesehen. Die Polizei geht mit massiver Gewalt gegen weitestgehend friedlich demonstrierende Kinder und Jugendliche vor. Das Bild der Demokratie wurde an diesem Tag für viele junge Leute geprägt. Es gibt 300 bis 400 Verletzte. Vier Personen haben durch den Wasserwerfer schwerste Augenverletzungen erlitten. Bei einem der Verletzten steht fest, dass er auf einem Auge nicht mehr sehen kann, auf dem anderen Auge erkennt er nur noch Schemen. Was dieser Mensch wohl dachte, als Innenminister Heribert Rech den Wasserstrahl als „feuchten Sprühnebel“ bezeichnete? Das Image der Polizei ist auf Jahre hinaus beschädigt. Polizisten werden in Stuttgart als „Kinderprügler“ tituliert.

Interessant die Meinung des Polizeiwissentschaftlers Thomas Felten (StZ, 2.10.2010): „Es spricht vieles dafür, dass bei diesem Einsatz von Anfang an keine Deeskalation geplant war, sondern eine harte Linie. Dass die Polizei gleich mit Wasserwerfern angerückt ist, war darauf angelegt, Stärke zu zeigen. Auch die Ausstattung der Einsatzkräfte spricht dafür: In eine friedliche Demonstration geht man nicht mit Vollschutz, sondern mit möglichst wenig Ausstattung, um Aggressionen erst gar nicht hochkommen zu lassen. Man hat das Gefühl, die Politik wollte diesen Konflikt.“

Ich finde es ist wichtig, dass dieser Fall restlos aufgeklärt wird. Insbesondere inwieweit die Politik Einfluss auf die Polizeiaktion genommen hat.


3. Ist Stuttgart 21 demokratisch legitimiert? (23.10.2010)

„Stuttgart 21 ist demokratisch legitimiert“ ist das derzeitige Hauptargument der Stuttgart 21 Befürworter. Richtig ist, dass Stuttgart 21 mehrheitlich beschlossen wurde. Aber für was haben die Entscheidungsträger ihre Stimme abgegeben?

Dazu Auszug aus dem Stern-Artikel vom 14.10.2010
Aufgrund von Gutachtern, die ihre institutseigene Planung begutachteten (Ergänzung: gemeint sind die Herren Heimerl und Martin von der Uni Stuttgart), votierten Parlamentarier im Landtag und Bundestag für S21. Kritische Expertisen hingegen, die den Einschätzungen der Stuttgarter Professoren fundiert widersprachen, wurden von der Landesregierung unter Verschluss gehalten... Die Abgeordneten kannten also gar nicht die Risiken von S21, wussten nicht, dass mit dem milliardenschweren Tiefbahnhof ein struktureller Verkehrsengpass geschaffen wird...“

Dazu Frankfurter Rundschau vom 19.8.2010
„Doch inzwischen ist unstrittig: Als Bundes- und Landtag, Stadt Stuttgart und Bahn-Aufsichtsräte S21 einst abnickten, waren ihnen viele Risiken nicht bekannt. Das Projekt wurde gnadenlos schöngerechnet, kritische Stimmen und unliebsame Faktoren rigoros unterdrückt. Zum Beispiel der Bedarf: Ohne S21 drohe Stuttgart der Verkehrskollaps, die Stadt verliere den Anschluss ans europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, heißt es heute. In Wirklichkeit ist Stuttgart einer der leistungsfähigsten deutschen Bahnknoten. Engpässe sind bis 2025 kaum zu befürchten. Das belegt unter anderem eine bisher verschwiegene Studie der Gutachter K+P für die IHK Stuttgart.“

Stuttgart 21 sollte anfangs 2,5 Milliarden Euro kosten. Aktueller Kostenstand: 4,9 Milliarden Euro (die Einsparvorschläge existieren bisher nur auf dem Papier). Experten rechnen mit Kosten von mindestens 7 Milliarden Euro. Eine gewisse Kostensteigerung ist akzeptabel, aber doch nicht um das Dreifache!

Ich weiss nicht, ob man von einer demokratischen Legitimation sprechen kann, wenn die Parlamentarier bewusst getäuscht wurden.


4. Wer sind die Fortschrittsverhinderer? (23.10.2010)

Sind die Kopfbahnhof 21 Befürworter die Fortschrittsverhinderer oder die Stuttgart 21 Befürworter? Für mich ist der Nutzen für den Bahnverkehr die entscheidende Frage.

Ich behaupte folgendes zu Stuttgart 21:

- Viel Geld fließt in ein zentrales Projekt. Das Geld fehlt für andere sinnvollere Bahnprojekte in der Fläche.
- Fahren im Tunnel und beengte Platzverhältnisse im Tiefbahnhof machen das Bahnfahren unattraktiver.
- Züge können nicht mehr so gut im Bahnhof aufeinander warten wie heute.
- Stuttgart 21 ist kaum leistungsfähiger als der heutige Bahnhof und besitzt einige Engpaßstellen.
- Stuttgart 21 ist in Stein gemeißelt bzw. in Zement gegossen. Es kann so gut wie nicht erweitert werden.
- Störfälle wirken sich massiver aus als heute. Bestimmte Störfälle führen zum Verkehrschaos.
- Es besteht ein Risiko, dass durch die Tunnelbauweise in Anhydrit-Gestein hohe Folgekosten entstehen.

Wen wundert es da, dass unabhängige Verkehrsverbände wie der Verkehrsclub Deutschland und Pro-Bahn so vehemente Gegner von Stuttgart 21 sind.

PS: Meine bisherigen E-Mails finden sich unter: www.siegfried-busch.de
Dort in der rechten Spalte „SONSTIGES!!!“ --> M. Rupp

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 11: 11.09.2011
Stuttgart 21: Lügen, Presse, Stresstest, etc. (11.09.11)

Liebe Stuttgart-21-Interessierte,

ich habe schon lange keine Stuttgart 21 E-Mail mehr an meinen großen Verteiler verschickt. Die Motivation, meine E-Mails im Zeitraum von Mai 2009 bis Oktober 2010 zu schreiben, war, dass das Stuttgarter Zeitungswesen den Widerstand und die Kritik an Stuttgart 21 totgeschwiegen hatte. Nur wenige Insider kannten vor zwei Jahren das Alternativkonzept K21 (Kopfbahnhof 21). Deshalb auch immer die Bitte, die E-Mails nach dem Schneeballprinzip an eigene Freunde und Bekannte weiterzuleiten.

Meine Emails können unter folgendem Link nachgelesen werden:
http://www.siegfried-busch.de/page23/page31/page31.html

Diese E-Mail deckt keine Neuigkeiten auf. Viele Stuttgarter Bürger kennen sich in der Zwischenzeit sehr gut mit dem Thema aus. Es geht mir darum, Leute zu informieren, die sich nicht so intensiv mit dem Thema beschäftigt haben.

Ich hoffe, dass sich niemand ärgert, wenn er meine Stuttgart-21-Mail erhält. Viele können das Thema nicht mehr hören. Ich kann das gut nachvollziehen - es geht ja auch schon eine halbe Ewigkeit. Viele meinen, dass es nur darum geht, dass der Bahnhof nach unten soll. In Wirklichkeit geht es um viel mehr. Es geht darum, dass:

- der Großraum Stuttgart ein problematisches Bahnsystem erhält
- massiv Steuergelder verschwendet werden
- unsere Volksvertreter durch falsche Versprechungen getäuscht wurden.


Kapitel

1. So wird's gemacht ...
2. Die große Politik
3. Das Tragische an Stuttgart 21
4. Lügenpack
- Lüge-1: Kosten
- Lüge-2: Leistungsfähigkeit
- Lüge 3: Dauerarbeitsplätze
5. Das Stuttgarter Pressewesen
6. Gewalt gegen Polizisten
7. Die SPD und der Volksentscheid
8. Stresstest bestanden?
9. Nachtrag zur „Schlichtungsveranstaltung“
10. Die Kombilösung



1. So wird's gemacht ... (11.09.2011)
damit ein paar Wenige das große Immobiliengeschäft machen

- Alternative Lösungen werden nicht detailliert untersucht bzw. schlechtgerechnet
- Bei der eigenen Lösung (Stuttgart 21) wird gelogen, dass sich die Balken biegen (Kosten, Leistungsfähigkeit, Arbeitsplätze)
- Die Gegner werden als Fortschrittsverhinderer, Ewiggestrige, Asoziale, etc. diffamiert
- Nachdem der Schwindel aufgeflogen ist, wird versucht, Fakten zu schaffen, damit das ganze nicht mehr umzukehren ist (Abrissarbeiten, Vergabe von Bauaufträgen)
... und die Presse in Süddeutschland spielt mit


2. Die große Politik (11.09.2011)

Bis vor einem Jahr war Stuttgart 21 mehr oder weniger ein lokales Thema, bei dem es im Wesentlichen um die Frage ging, ob es sich um ein sinnvolles Projekt handelt oder nicht. Dann kam der große öffentlich sichtbare Widerstand der Bürger auf und die sogenannte Schlichtung, die das Projekt deutschlandweit bekannt machte. Bei der Landtagswahl in Baden Württemberg war der Streit um Stuttgart 21 einer der wesentlichen Gründe, warum es erstmals in der Geschichte Deutschlands einen grünen Ministerpräsidenten gibt und das ausgerechnet in einem Bundesland, das 58 Jahre von der CDU regiert wurde. Das hat allerdings zur Folge, dass es jetzt nicht nur um dieses Projekt geht, sondern auch um die zukünftige Machtverteilung in Deutschland. Meiner Meinung nach hat die CDU/CSU die Weisung ausgegeben: „Stuttgart 21 darf nicht zur weiteren Erfolgsgeschichte der Grünen werden.“ Aufgrund dieser politischen Beweggründe will die CDU/CSU, dass Stuttgart 21 durchgesetzt wird.


3. Das Tragische an Stuttgart 21 (11.09.2011)

Heute hat Stuttgart den pünktlichsten Fernbahnhof in ganz Deutschland (Stiftung Warentest Dezember 2010). Der Bahnknoten Stuttgart könnte durch Optimierungen für den Bahnfahrer noch attraktiver gestaltet werden (z.B. K21). Stuttgart 21 dagegen wird dazu führen, dass das Bahnfahren im Großraum Stuttgart unattraktiver wird. Es wird keine Verlagerung des Autoverkehrs auf die Schiene stattfinden. Es lebe der Stau! Genauso tragisch ist der Effekt für die Verlagerung des LKW-Verkehrs auf die Schiene. Bei Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm wird kein einziger LKW auf die Schiene verlagert. Aber genau dieses Geld fehlt der Bahn, um den Güterverkehr zu verbessern. Verkehrsexperten hatten berechnet, dass man die Gütertransportkapazität des deutschen Schienennetzes bis 2025 verdoppeln könnte, wenn man das Geld für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke dort investieren würde! (Quelle: Gutachten Beratungsunternehmen KCW für das Umweltbundesamt, August 2010)

Der achtgleisige Stuttgart 21-Bahnhof und die Zulaufstrecken sind zu klein dimensioniert. Das führt dazu, dass die durchschnittliche Umsteigezeit zwischen den Zügen größer werden wird.

Der Stuttgart 21-Bahnhof ist mit 49 Zügen bereits am Ende seiner Leistungsfähigkeit angelangt. Es wird zwar behauptet, dass man später ein neuntes und zehntes Gleis hinzufügen könnte. Dies ist leider auch eine der viele Unwahrheiten. Es ist einfach kein Platz für die zusätzlichen Gleise vorhanden. Damit wird der Bahnhof zum "Zukunftsverhinderer".

Der Stuttgart 21-Bahnhof und die Zulaufstrecken können "wirklichen Stress" nicht so gut bewältigen wie der heutige Bahnhof. Der heutige Bahnhof (damit meine ich nicht das S-Bahn System) hat in den vergangenen 80 Jahren bei "Stress" durch Unauffälligkeit geglänzt. Stuttgart 21 wird an den meisten Tagen im Jahr auch funktionieren, aber an ein paar Tagen eben nicht mehr so gut wie heute.

... tragisch sind natürlich auch die Zerstörungen in Stuttgart.


4. Lügenpack (11.09.2011)

Der Begriff „Lügenpack“ ist falsch, weil zu allgemein. Die falschen Behauptungen stammen nur von Wenigen. Mit Sicherheit wurden viele der Stuttgart 21-Befürworter mit falschen Versprechungen getäuscht und haben diese nur weitergegeben. Viele wurden geblendet von „Gold und Edelsteinen“, die man versprochen hatte. Notwendig ist eine Recherche, von wem die Lügen stammen. Als Lügner bezeichne ich diejenigen, die bewusst die Öffentlichkeit mit falschen Zahlen getäuscht haben. Die Lügner müssen namentlich benannt werden! Macht die Lügner öffentlich! Wie wäre es mit einem "Stuttgart 21 Lügner Buch"?


Lüge-1: Kosten (11.09.2011)

Viele denken, es kommt viel Geld nach Baden-Württemberg: "Endlich endlich kommt auch mal Geld zu uns und fließt nicht über den Länderfinanzausgleich in die anderen Bundesländer." Auch Bahnchef Grube sagte schon: "Stuttgart 21 ist ein Geschenk der Bahn".
Falsch. Wenn man eine Gesamtkostenbetrachtung macht, kommt heraus, dass Stuttgart 21 fast ausschließlich von Baden Württemberg und der Stadt Stuttgart bezahlt wird.

Details sind hier zu finden:
http://www.infooffensive.de/2011/07/die-finanzierungsluge/

Seit Juli 2011 liegen die Beweise (DB interne Protokolle) auf dem Tisch: Die Deutsche Bahn hat die Öffentlichkeit und das Parlament jahrelang systematisch mit falschen Kostenangaben belogen.

Die Bahn errechnete am 15.10.2002 2,6 Milliarden Euro für die Neubaustrecke Wendlingen - Ulm. Nach außen kommunizierte die Bahn nur 1,35 Milliarden Euro. 8 Monate später wurde die CDU eingeweiht. Damit die Neubaustrecke und damit auch Stuttgart 21 nicht gestrichen wird, beschlossen CDU und Bahn, die wahren Kosten der Öffentlichkeit und dem Parlament vorzuenthalten. Das Protokoll vermerkte dazu wörtlich: "Bis zur endgültigen Verabschiedung dürfen daher keine neuen Baukosten kommuniziert werden, um keine unzeitgemäße Diskussion auszulösen."

Das Gleiche auch bei Stuttgart 21. Beim Abschluss der Finanzierungsvereinbarung am 02.04.2009 gab die Bahn die Kosten für Stuttgart 21 mit 3,076 Milliarden Euro an. Intern hatte die Bahn Ende Oktober 2008 aber bereits 3,927 Milliarden Euro errechnet.

Der ehemalige DB-Vorstand Garber sagte, als er für die Bahn die Finanzierungsvereinbarung unterschrieb: "Er sei überzeugt, dass wir (die Bahn) die 120 Kilometer im Budget schaffen". Er kannte natürlich die viel höheren internen Kostenberechnungen. Ich nenne das schamlos. Wäre die Bahn ein privatrechtliches Unternehmen, wäre die Finanzierungsvereinbarung eindeutig hinfällig. Es würde sich um den Tatbestand der arglistigen Täuschung handeln. Es ist zum Verzweifeln: Die Bahn betrügt ihren Eigentümer den Bund, dieser geht aber nicht gegen die Bahn vor, da im Bund die CDU regiert.


Lüge-2: Leistungsfähigkeit (11.09.2011)

Die DB schrieb 1999 in ihrem Projektmagazin: "Der heutige Kopfbahnhof und die Bahntrassen Richtung Ulm werden das Zugaufkommen des Jahres 2010 nicht mehr bewältigen. Mit Stuttgart 21 schafft die Deutsche Bahn AG jetzt die erforderlichen Kapazitäten." Diese Aussage hat sich als falsch herausgestellt. Im Jahr 2010 konnte das Zugaufkommen problemlos abgewickelt werden und es gab und gibt noch erhebliche Reserven. Dazu schrieb die Frankfurter Rundschau: "In Wirklichkeit ist Stuttgart einer der leistungsfähigsten deutschen Bahnknoten. Engpässe sind bis 2025 kaum zu befürchten. Das belegt unter anderem eine Studie der Gutachter K+P für die IHK Stuttgart (2009)." ... aber man brauchte ja eine Begründung für das Projekt Stuttgart 21.

Präsentation von OB Dr. Wolfgang Schuster, Dezember 2008, Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm:
"Die Verkehrskapazität von Stuttgart 21 wird dabei um 100 Prozent höher sein als beim heutigen Kopfbahnhof." Auch das ist falsch. Stuttgart 21 kann nicht mehr Züge abwickeln als der heutige Kopfbahnhof. Betrachtet man noch weitere Leistungskriterien (Wartezeiten der Bahnfahrer, Platz auf den Bahnsteigen, Bewältigung von Stresssituationen) ist Stuttgart 21 sogar weniger leistungsfähig als der heutige Kopfbahnhof.

Interessant auch, wie die doppelte Leistungsfähigkeit zustande kam. Die Bahn beauftragte 2005 den Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Universität Stuttgart Prof. Ullrich Martin. Dieser hat natürlich ein großes Interesse an diesem weltweit einzigartigen Bahnprojekt und darüber hinaus ist sein Institut abhängig von der Deutsche Bahn. Die Bahn gab ihm die Zughaltezeiten vor: Zum Beispiel bei einem Regionalexpress 1 Minute bei Stuttgart 21, jedoch gewaltige 6 Minuten bei Kopfbahnhof 21. 1 Minute Haltezeit ist jedoch ein Wert, der völlig praxisfern ist. Der Professor ließ dann noch die leistungsmindernden Zulaufstrecken bei Stuttgart 21 weg und heraus kam - wen wundert es - die doppelte Leistungsfähigkeit. Über die Berechnungen schrieb er dann noch das Wort "Gutachten". Pikant, dass aufgrund dieses Gutachtens der Verwaltungsgerichtshof Mannheim im Jahre 2006 eine Klage gegen Stuttgart 21 abwies.

Für mich völlig unverständlich ist, wenn OB Dr. Wolfgang Schuster nach der Präsentation des Stresstests sagt, "... dass der neue Bahnhofsknoten deutlicher leistungsfähiger ist." (StN, 30.07.2011).
Wie kommt er zu dieser Aussage?

Im Gegenzug wurde versucht, das Alternativkonzept schlechtzumachen. (Präsentation von OB Dr. Wolfgang Schuster, Dezember 2008) "Bei Kopfbahnhof 21 verliert der Stuttgarter Hafen seinen Bahn-Anschluss. Das bedeutet 400.000 zusätzliche LKW-Fahrten pro Jahr." Es handelt sich schlichtweg um eine Unterstellung, die nicht zutreffend ist. Seit Androhung einer Strafanzeige seitens der K21-Befürworter wurde diese Behauptung nicht mehr kommuniziert.


Lüge 3: Dauerarbeitsplätze (11.09.2011)

Dauerarbeitsplätze sind solche, die dauerhaft entstehen, wenn alle Bauarbeiten (auch der Bau der Häuser) abgeschlossen sind. Für den Bau selbst entstehen zweifelsohne viele Arbeitsplätze. Allerdings würde mindestens genauso viele Arbeitsplätze entstehen, wenn die Schulen saniert würden oder K21 gebaut würde.

Auf den S21 Werbeplakaten stand (aus der Kampagne "die-guten-Argumente-überwiegen", Juli 2010)
ES STIMMT, ...
ES STIMMT ABER AUCH, dass Stuttgart 21 rund 10.000 Dauerarbeitsplätze schafft
... stärken die regionalen mittelständischen Unternehmen im Land und schaffen rund 10.000 neue dauerhafte Arbeitsplätze

oder Wolfgang Drexler: "...und 10.000 Dauerarbeitsplätze, die S21 schaffen wird ..." (Stuttgarter Stadtanzeiger, 21.10.2009).

In Wahrheit gibt es durch Stuttgart 21 so gut wie keine neuen dauerhaften Arbeitsplätze. Die Zahl "10.000" kam zustande, indem einfach die Arbeitsplätze der Neubaustrecke dazugezählt wurden. Zieht man diese ab, wären es nur noch 2.600 Arbeitsplätze für Stuttgart 21. Aber auch dabei handelt es sich nicht um neue Arbeitsplätze, sondern um Arbeitsplätze, die aus anderen Teilen der Stadt und aus der umliegenden Region nach Stuttgart verlagert würden. In den 90-igern Jahren war sogar von 24.000 Dauerarbeitsplätzen durch Stuttgart 21 die Rede - hört sich doch gut an!

Das Stuttgarter IMU Institut (eine unabhängige Beratungs- und Forschungseinrichtung) schrieb in einer eigenfinanzierten Untersuchung: Durch Stuttgart 21 entsteht nicht - wie behauptet - ein wichtiger "Jobmotor für die Region". Vielmehr seien die Beschäftigungswirkungen von Stuttgart 21 wie auch von K21 sehr bescheiden (März 2011)

Bei all diesen Unwahrheiten ist es schwer zu glauben, dass für das Stuttgarter Mineralwasser keine Gefahr bestünde.

Es klingt wie Hohn, wenn ich höre, Stuttgart 21 wurde demokratisch legitimiert und ist durch alle Instanzen gegangen. Richtig ist, dass die von uns gewählten Politiker Stuttgart 21 zugestimmt haben. Richtig ist aber auch, dass sie dies aufgrund von vielen falschen Versprechungen gemacht haben. Wie konnte man sich als Politiker auch dem Projekt verschließen, wenn der Region Stuttgart "Gold und Edelsteine" versprochen wurden?

Leben wir in einem Betrüger- und Schurkenstaat? Akzeptieren wir, dass gelogen wird um andere zu täuschen. als normales Geschäftsverhalten? Akzeptieren wir, dass die Betrüger in Maßanzügen unbehelligt davonkommen und gleichzeitig bestrafen wir die Verkäuferin, die ein altes Brötchen mit nach Haus nimmt?


5. Das Stuttgarter Pressewesen (11.09.2011)

Der Monopolist Stuttgarter Pressewesen spielt zusammen mit dem Monopolisten "DB AG" die entscheidende Rolle bei Stuttgart 21. Der ehemalige außenpolitischen Ressortleiter der Stuttgarter Zeitung Adrian Zielcke hatte geschrieben: "Ohne die Zustimmung der 'Stuttgarter Zeitung' zu diesem Großprojekt würde, so vermute ich einfach mal, Stuttgart 21 nie gebaut werden." (StZ, 27.2.2010). Wohl wahr! Zum einen hat das Stuttgarter Zeitungswesen den Widerstand gegen das Projekt totgeschwiegen, so dass viele Leute glauben, dass es früher keinen Widerstand gab - warum habt ihr nicht schon früher demonstriert? Zum anderen wurden nur die Werbeaussagen der Bahn übernommen und das Projekt nicht kritisch beleuchtet.

Fast niemand weiß, dass - lässt man die BILD-Zeitung einmal aussen vor - der größte Zeitungskonzern Deutschlands in Stuttgart sitzt. Der Name des Zeitungskonzerns ist SWMH (Süd Westdeutsche Medien Holding). Ihr Chef heißt Dr. Richard Rebmann aus Oberndorf am Neckar. Fast niemand kennt den vielleicht mächtigsten Mann in Süddeutschland.

Zur SWMH gehören:

Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten (mit den Lokalausgaben Fellbacher Zeitung, Kornwestheimer Zeitung, Marbacher Zeitung sowie der Sonntag Aktuell), Stuttgarter Wochenblatt, Süddeutsche Zeitung (seit 2008), Eßlinger Zeitung (24%, dazu gehören die Cannstatter Zeitung, Untertürkheimer Zeitung), Südwest Presse (Ulm), Reutlinger General-Anzeiger, Schwarzwälder Bote und viele andere Zeitungen mehr.

Die Stuttgarter Nachrichten erstellen die überregionalen Seiten (Mantel) folgender Lokalzeitungen: Backnanger Kreiszeitung, Gäubote, Heidenheimer Neue Presse, Mühlacker Tagblatt, Murrhardter Zeitung, Nürtinger Zeitung/Wendlinger Zeitung, Rems-Zeitung, Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung, Kreiszeitung Böblinger Bote, Vaihinger Kreiszeitung, Waiblinger Kreiszeitung/Schorndorfer Nachrichten/Welzheimer Zeitung/Winnender Zeitung.

Das ist das Erschreckende: Wir haben in Süddeutschland leider keine Pressevielfalt mehr!!!

Alle Stuttgarter Zeitungen des SWMH-Konzern sind für Stuttgart 21. Das haben sie auch schon geschrieben. Nur ist das vielen Lesern nicht bewusst, wenn sie einen Artikel über Stuttgart 21 lesen. Mag schon sein, dass eine Zeitung eine Position beziehen darf und dass dies in den Kommentaren zum Ausdruck kommt. Nichtsdestotrotz sollte die Berichterstattung ausgewogen sein - und das ist bei dem Thema "Stuttgart 21" leider nicht der Fall!

Stuttgarter Nachrichten, 03.04.2009
Titelseite, Kommentar des Leiters Lokalressort Jörg Hamann der Stuttgarter Zeitung schreibt nach der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung: "Dass wir als Zeitung diese Entwicklung ... begrüßen, ist richtig."

Stuttgarter Zeitung, 01.09.2010
Titelseite, Kommentar des stellvertretenden Chefredakteurs Michael Maurer: "Die Stuttgarter Zeitung hat schon lange eine klare Haltung zu Stuttgart 21: Wir sehen das Vorhaben positiv, weil wir in dem Ausbau der Schieneninfrastruktur eine große Chance für die Stadt, für die Region und das Land erkennen." (Anmerkung: Leider handelt es sich um keinen Ausbau der Schieneninfrastruktur, sondern um einen Rückbau).

Stuttgarter Wochenblatt. 01.04.2010
Titelseite, Chefredakteur Bernd Ruof: "Es geht uns dabei auch darum, Stuttgart 21, das viele Bürger ja immer noch ablehnen, mit offenen Armen zu begrüßen."


So arbeiten die Stuttgarter Nachrichten

Die Stuttgarter Nachrichten (StN) haben auch schon negativ über Stuttgart 21 berichtet. Aber diese sich gegen Stuttgart 21 richtenden Informationen werden fast nie durch die StN aufgedeckt, sondern kommen fast ausschließlich von anderen Quellen (Ausnahme StN, 21.10.2009: Die versprochenen 5.000 Bäume haben gar keinen Platz, es würde ein Wald entstehen). Das heißt: "Investigativer Journalismus" ist hier Fehlanzeige. Man hat den Eindruck, dass man der "eigenen Sache" nicht schaden will. Diese Zeitung verdient die Bezeichnung "4. Gewalt im Staat" nicht! Sie wird ihrer Verantwortung nicht gerecht!

Auffällig ist, dass alle Redakteure an den entscheidenden Stellen Befürworter von Stuttgart 21 sind. Mag schon sein, dass es in der Redaktion auch hitzige Diskussion zum Thema Stuttgart 21 gibt. Aber am Ende entscheiden die "linientreuen" Chefredakteure. Gebetsmühlenartig gebrauchen sie in ihren Kommentarspalten immer und immer wieder die gleichen Worte: "Stuttgart 21 wird gebaut, ist alternativlos, unumkehrbar, demokratisch legitimiert, K21 keine Alternative, etc."

Es werden Werbeveranstaltungen mit dem Namen "Forum Stuttgart 21" abgehalten. Es heißt: "Forum Stuttgart 21 versteht sich als Plattform der Information und der Diskussion". Das Problem ist, dass fast nur Befürworter von Stuttgart 21 eingeladen werden (2008 Tiefensee, 2009 Ingenhoven, 2010 Grube, 2011 Dr. Schuster mit anderen). Am nächsten Tag kommt dann ein zweiseitiger Bericht nach dem Motto: "Stuttgart 21 wurde kritisch beleuchet, ist aber ein tolles Projekt."

Genauso ist es auch bei der Auswahl der Interview-Partner. Es kommen deutlich mehr Stuttgart 21-Befürworter als Stuttgart 21-Gegner zu Wort. Ähnlich verhält es sich mit der Themenauswahl. Themen, die gegen Stuttgart 21 sprechen, werden oft nur oberflächlich abgehandelt oder erst gar nicht berichtet. Ein aktuelles Beispiel ist die fehlende kritische Auseinandersetzung mit dem Ergebnis des Stresstests.

Was soll man nun machen? Seine Zeitung kündigen? Morgens beim Kaffee seine Zeitung zu lesen, ist für viele ein Stück Lebensqualität und man möchte ja auch informiert sein, was im "Städtle" so passiert. Denjenigen, die nicht auf ihre Lokalzeitung verzichten können, rate ich, von den Stuttgarter Nachrichten auf die Stuttgarter Zeitung umzusteigen. Die Stuttgarter Nachrichten fahren ihren Stuttgart 21-Werbekurs ungeniert weiter, die Stuttgarter Zeitung berichtet seit ca. 1 Jahr etwas ausgewogener. Ganz einfach: Postkarte an Pressehaus Stuttgart, Plieninger Straße 150, 70567 Stuttgart senden.

Man kann nur vermuten, warum das Stuttgarter Zeitungswesen so einseitig über Stuttgarter 21 berichtet. Gibt es eine Weisung von oben? Wurden die Journalisten von der Bahn hofiert? Wurden die Journalisten über den Tisch gezogen und wollen nun ihr Gesicht nicht verlieren? Haben die Journalisten gar keine Zeit mehr für aufwendige Recherchen und haben die Werbebroschüren der Bahn einfach abgeschrieben?

Aufgrund der einseitigen Berichterstattung hat sich auch eine neue Monatszeitung mit dem Titel "Einundzwanzig" gebildet. Einundzwanzig versteht sich als unabhängige Zeitung, die zu Themen aus Politik, Kultur und Gesellschaft in der Region Stuttgart und Baden-Württemberg kritisch berichten will.. Ich rate diese zu unterstützen! Info's unter:
http://www.21einundzwanzig.de


6. Gewalt gegen Polizisten (11.09.2011)

Jeder Kopfbahnhof-Befürworter, der am 30.09.2010 der Polizeikette gegenüber gestanden hat, kennt diese Wut im Bauch. Die Wut richtet sich gegen die Polizisten, weil sie an vorderster Front stehen. Viele der Polizisten sind auch gegen Stuttgart 21, müssen sich aber neutral verhalten. Man muss sich immer im Klaren sein, dass die Polizisten ihren Job machen müssen. Ich höre oft: „selber schuld, dass sie diesen Job gewählt haben“. Aber was wäre, wenn es keine Polizei gäbe: Hätten wir dann nicht ein Chaos im Land? Auch am 30.09.2010 hatte die Polizei die Aufgabe den Schlossgarten zu räumen - ich hatte schon darüber geschrieben. Was noch im Nachhinein anzumerken ist. Durch die Unverhältnismäßigkeit des Vorgehens (Reizgas gegen Kinder, etc.) wurde das Ansehen der Polizei auf Jahre hinaus beschädigt, und weiterhin auch weil innerhalb der Polizei niemand die Verantwortung für die Fehler übernehmen wollte. Die Polizei schützt also die Missetäter in ihren eigenen Reihen.

Am 20.06.2011 wurde bei der Besetzung des Grundwassermanagement-Geländes ein Polizist in Zivil von einem Demonstranten mehrfach ins Gesicht geschlagen. Das ist durch nichts zu rechtfertigen und sehr bedauerlich. Bedenkenswert ist allerdings, was in dem Polizeibericht stand: Weitere 8 Polizeibeamte hätten durch die Explosion eines Knallkörpers ein Knalltrauma erlitten. Es war schnell klar, dass dies nicht sein konnte, da mehrere Demonstranten unverletzt blieben, die näher an dem Knallkörper standen als die Polizisten. Derartige Anschuldigungen sind nicht dazu angetan, das Vertrauen in die Polizei wieder herzustellen. Für die Presse war der Polizeibericht natürlich eine Steilvorlage: 9 Polizisten verletzt. Man muss sich fragen: Wie kam dieser Polizeibericht zustande, wer steckt dahinter?


7. Die SPD und der Volksentscheid (11.09.2011)

Bei der SPD muss man unterscheiden zwischen der SPD-Führung und zwischen den SPD-Parteimitgliedern. Die SPD Führung spricht sich zwar für Stuttgart 21 aus, die Partei ist aber in dieser Frage in sich zerstritten. Die SPD Führung spricht zwar immer davon, dass man das Volk entscheiden lasse, also einen Volksentscheid durchführen müsse. Aber eine Befragung ihrer eigenen Mitglieder über Stuttgart 21 möchte die SPD nicht durchführen. Auch der von der SPD mit so viel Vehemenz geforderte Volksentscheid ist eine Mogelpackung. Jeder weiß, auch die SPD, dass das Quorum in Baden-Württemberg nicht zu erreichen ist. Dabei müsste ein Drittel aller wahlberechtigten Bürger in Baden-Württemberg gegen Stuttgart 21 stimmen. Das wären 2,5 Millionen der ingesamt 7,6 Millionen Bürger. Die Bürger sollen also über etwas abstimmen, von dem von vorne herein klar ist, dass keine Aussicht auf Erfolg besteht. Allerdings gibt es auch einen positiven Nebeneffekt. Es kommt Druck auf das Thema, dass Baden-Württemberg zusammen mit dem Saarland die schlechtesten Bedingungen für einen Volksentscheid hat. Nichtsdestotrotz sollte man zur Wahl gehen! Auch das Verhältnis von "Ja" zu "Nein" Stimmen hat eine hohe Aussagekraft!

Viele der Stuttgarter Bürger fragen sich, warum gerade die SPD, früher als Partei des kleinen Mannes bezeichnet, diese Bereicherung einzelner so willfährig unterstützt. Das Argument, der Wähler muss sich auf den Kurs einer Partei verlassen können, scheint mir nur vordergründig zu sein. Auch die SPD wurde getäuscht. Aber warum halten die Altvorderen der SPD wie Claus Schmiedel und Wolfgang Drexler so hartnäckig an Stuttgart 21 fest? Geht es Ihnen darum, ihre Position durchzusetzen oder wollen sie einfach nur ihr Gesicht nicht verlieren?


8. Stresstest bestanden? (11.09.2011)

Im Schlichterspruch steht: "Die Bahn muss mittels Simulation den Nachweis führen, dass ein Fahrplan mit 30 Prozent Leistungszuwachs in der Spitzenstunde mit guter Betriebsqualität möglich ist." Der sogenannte Stresstest besteht also aus zwei Punkten: Mehrleistung von 30% Züge und guter Betriebsqualität.

30% mehr Züge

Heute stehen im Fahrplan in der Spitzenstunde (7 bis 8 Uhr) 37 Züge. Die Bahn rechnet nun 30% dazu und kommt somit auf 49 Züge. Unglücklicherweise wurde nach der Verkündung des Schlichterspruchs die Maßzahl 49 Züge akzeptiert. Laut Fahrplan von Anfang 2011 wurden auch schon 44 Züge abgewickelt und viele Bahnexperten sagen, es könnten heute auch schon 49 Züge den Kopfbahnhof passieren. Das heißt, Stuttgart 21 kann nicht mehr Züge abwickeln als der 82 Jahre alte Kopfbahnhof! Wen wundert es da, dass die Bahn die Leistungsfähigkeit des heutigen Kopfbahnhofes nicht genauer untersuchen will! Interessant auch, wie es die Bahn geschafft hat, die 49 Züge zu erreichen. Entgegen aller Zusagen (... man kennt das ja von der Bahn) hat die Bahn den Stresstest im stillen Kämmerlein durchgeführt. Hier ein Teil der Tricks: Man verkürzt die Züge, so dass zwei Züge hintereinander am gleichen Bahnsteig halten können, oder streicht einfach zugesagte Züge aus dem Fahrplan. Weitere Tricksereien finden sich in dem Artikel "Schummeln 21" von Boris Palmer in der FAZ vom 03.08.2011
http://www.bei-abriss-aufstand.de/wp-content/uploads/Schummeln21_Boris-in-der-FAZ.pdf

Gute Betriebsqualität

"Gute Betriebsqualität" hieß nach den früheren Bahnrichtlinien, dass ein Bahnhof Verspätungen abbauen kann. Die Gutachterfirma SMA attestiert Stuttgart 21 aber nur die Qualität "wirtschaftlich optimal". Das hört sich zunächst einmal gut an, heißt aber, dass Stuttgart 21 eben keine Verspätungen abbauen kann. Somit wird eine gute Betriebsqualität nicht erreicht, das heißt der Stresstest ist nicht bestanden.

Die Bahn behauptet trotzdem, der Stresstest sei bestanden und einige Zeitungen drucken dies willfährig ab. Bemerkenswert ist, dass die Gutachterfirma SMA nicht davon spricht, dass der Stresstest bestanden sei. SMA sagt, es war kein Stresstest, sondern eine Simulation von 49 Zügen und diese Simulation sei bestanden mit der Qualität "wirtschaftlich optimal".

Übrigens ist der Begriff "Stresstest" genauso irreführend wie der Begriff "Schlichtung". Berücksichtigt wurden in der SMA-Simulation lediglich Verspätungen, nicht aber richtiger Stress wie Weichenstörungen, Gleissperrungen, Sperrung des S-Bahn Tunnels, Personenunfälle, liegengebliebene Züge, Zugbrände. Der heutige Kopfbahnhof hat viele Jahrzehnte bewiesen, dass er gut mit wirklichem Stress umgehen kann, indem er durch Unauffälligkeit geglänzt hat. Stuttgart 21: Ein Schildbürgerstreich: Für viele Milliarden erhält der Bahnkunde ein Bahnsystem, das schlechter funktioniert als das alte.


9. Nachtrag zur „Schlichtungsveranstaltung“ (11.09.2011)

Oft hört man: „Ihr hattet doch die Schlichtung und Heiner Geißler hat am Ende empfohlen, dass weitergebaut werden soll." Er sprach diese Empfehlung aus, unter anderem mit der Begründung, dass Stuttgart 21 genehmigt sei und Baurecht hätte und K21 nicht. Das ist aber falsch. Bei Stuttgart 21 sind 2 von den insgesamt 7 Abschnitten noch nicht genehmigt. Und es ist abzusehen, dass der komplexe Filderabschnitt (PFA 1.3) auch nach 9 Jahren Planung nicht genehmigt wird. Es handelt sich bei dem Filderabschnitt um eine planerische Sparlösung. Auch war der Begriff „Schlichtung“ falsch. Selbst Heiner Geißler hat später eingestanden, dass es keine Schlichtung geben konnte. Der Bahnhof kommt entweder unter die Erde oder bleibt oben. Es handle sich um einen Austausch der Argumente zwischen den zwei Seiten, einem Faktencheck – das ist die richtige Begrifflichkeit. Von wem kam der Begriff "Schlichtung"? Wer betreibt hier „Volksverdummung“?


10. Die Kombilösung (11.09.2011)

Ich wurde oft gefragt, was ich von der Kombilösung halte, also dem Vorschlag des Herrn Geißler einer Kombination von Stuttgart 21 und des bestehenden Kopfbahnhofs (Bezeichnung: SK 2.2). Dieser Vorschlag wurde von dem Bahnexperten Werner Stohler, dem Chef der SMA ausgearbeitet, dem gleichen Mann also, der den Stresstest durchgeführt hat. Bei diesem Vorschlag sollen 4 Gleise für den Fernverkehr in die Tiefe gelegt werden und gleichzeitig der Kopfbahnhof in großen Stücken erhalten bleiben.

Eine ähnliche Kombilösung mit 4 unterirdischen Gleisen wurde bereits 1988 von dem Verkehrswissentschaftler Professor Heimerl entwickelt. Die Idee für Stuttgart 21, also einer "Gesamt-Untertunnelung" stammt aber nicht von einem Verkehrsexperten, sondern von dem Stadtplaner Hansjörg Bohm und zwei Architektenkollegen (September 1990). "Wenn alle Gleise in die Tiefe kommen und das heutige Gleisvorfeld gestrichen wird, eröffnen sich für die Stadt neue städtebauliche Perspektiven. Heimerl beugte sich diesem Gedanken." (StN, 02.08.2011). Man sieht, die Kombilösung ist eine Verkehrslösung. Dagegen ist die Motivation für Stuttgart 21 primär die Stadtentwicklung.

Die Kombilösung ist in meinen Augen eine klar bessere Lösung für den Bahnverkehr als Stuttgart 21. SMA Chef Werner Stohler sagte in einem Interview, dass die Kombilösung aus eisenbahntechnischer Sicht dreimal so gut ist wie Stuttgart 21 (StZ, 04.08.2011). Und das sagt ein unabhängiger Bahnexperte! Die Kombilösung stellt bei anderen Gesichtspunkten (Bäume, Mineralwasser, Grundwasser, Tunnellänge, freiwerdende Fläche, Bahnhofsbau) einen Kompromiss dar. Jede Seite kann natürlich auf seiner Position beharren. Ich denke, man muss in bestimmten Situationen bereit sein, Kompromisse einzugehen! Übrigens würde auch bei der Kombilösung viel Fläche frei werden, da auch wie bei Stuttgart 21 der Abstellbahnhof nach Untertürkheim verlegt werden könnte.

Wie zu erwarten wurde die Kombilösung von vielen bekannten Stuttgart 21 Befürwortern umgehend abgelehnt, ohne diese intensiv geprüft zu haben. Von der Stadt Stuttgart, dem Kommunikationsbüro Stuttgart 21 und weiteren Befürwortern wurde ein „Prüfungsbericht zur Kompromiss-Lösung“ veröffentlicht. Bemerkenswert ist, dass sich anschließend Werner Stohler von der SMA zu Wort gemeldet hat. Er sagt, der Prüfungsbericht enthalte "Falschaussagen". Wundert das noch jemand?

Hier die Behauptungen und die Richtigstellungen von Herrn Stohler:
http://www.kopfbahnhof-21.de/fileadmin/downloads/Stresstest/110819_sma_kombi_erwiderung.pdf

Ich glaube schon, dass Heiner Geißler "Frieden in Stuttgart" will. Aber wenn ich manchen CDU oder FDP Politiker höre, glaube ich, dass diese keinen Frieden in Stuttgart wollen. Warum auch? Was gibt es denn Schöneres, wenn die Grünen und die SPD sich in Baden-Württemberg gegeneinander aufreiben.

Zum Schluss:

Die Kopfbahnhof-21 Volksbewegung hat bereits unheimlich viel erreicht - also positiv denken! Es gibt noch viele Gründe, warum Stuttgart 21 gestoppt wird (Überschreitung der Kostengrenze, verfassungswidrige Mischfinanzierung, fehlende Stilllegungs-Genehmigung der bestehenden Gleise, Widerstand der Bürger, etc.)

... und nicht provozieren lassen! Der friedliche Widerstand ist das größte Pfund der K21 Bewegung!

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 12: 25.11.2011
Stuttgart 21 Infos vor Volksentscheid (25.11.2011)

Liebe Stuttgart 21 Interessierte,

das Thema ist durch den bevorstehenden Volksentscheid wieder in aller Munde. Aufgrund des großen Interesses verschicke ich noch einmal eine Info E-Mail. Meine Position ist klar: Ich stimme mit "JA" für einen Ausstieg aus der Finanzierung des Landes zu Stuttgart 21.

Kommentare zu Plakate der Stuttgart 21 Befürworter:

Plakat "1,5 Milliarden für den Ausstieg verschwenden" (25.11.2011)

Die 1,5 Milliarden werden als Tatsache dargestellt - das ist falsch. Wieviel der Ausstieg das Land Baden Württemberg kostet, kann zur Zeit niemand mit Sicherheit sagen. Das Unternehmen DB wird 1,5 Milliarden als Schadensersatz fordern. Dann entscheiden die Gerichte. Dort muss die DB für jede Einzelposition nachweisen, dass ihr ein Schaden entstanden ist. Das dürfte ihr bei einigen Positionen nur schwer gelingen. Unter anderem nicht bei den 709 Millionen (Wert inklusive Zinsen), die sie für den Verkauf der Grundstücke von der Stadt Stuttgart bekommen hat. Die Bahn bekommt ja den Gegenwert, die Grundstücke zurück. Die Grünen nennen als Schadensersatzbetrag 350 Millionen. Möglich ist auch, dass die DB gar keinen Anspruch auf Schadensersatz hat, da sie bei Abschluß der Finanzierungsvereinbarung am 2.4.2009 ihre Vertragspartner arglistig getäuscht hat (Verschweigung von 850 Millionen Mehrkosten).


Plakat "Park oder Gleise?" (25.11.2011)

Mehr Park hört sich toll an. Bei Stuttgart 21 sind es 100 Hektar, bei der Kopfbahnhof Lösung 75 Hektar. Also kein großer Unterschied. Allerdings sind bei der Kopfbahnhof-Lösung die Flächen relativ schnell verfügbar, bei Stuttgart 21 können diese frühestens in 11 Jahren genutzt werden. Der Spruch müßte korrekt heißen "Gebäude oder Gleise".


Plakat "Zukunft geht vorwärts. Nicht rückwärts" (25.11.2011)

Ich sage dazu, Stuttgart 21 ist bahntechnisch kein Fortschritt, sondern eine Rückwärts-Entwicklung.

Stuttgart 21 ist der größte Schildbürgerstreich in der Geschichte der Deutschen Eisenbahn. Einer der pünktlichsten Bahnhöfe in Deutschland, der noch hohe Kapazitätsreserven hat, wird durch einen zu klein dimensionierten Bahnhof ersetzt. Dafür werden viele Milliarden Euro verbraten, die an anderen Ecken fehlen. Die 49 Züge in der Spitzenstunde, die im Stresstest vereinbart waren, konnte die DB nur erreichen, indem man mit 13 Doppelbelegungen (2 Züge halten hintereinander am gleichen Gleis) und anderen Tricksereien arbeitete. Vor kurzem kam ein Gutachten heraus, dass der heutige Kopfbahnhof 50 Züge bewältigen kann, mit einer Verbesserung der Signalanlagen wären es sogar 56 Züge. Das Verkehrsministerium lies diese Zahlen prüfen und kam zu der Wertung, dass diese Anzahl der Züge "grundsätzlich möglich" sei.

Ein Durchgangsbahnhof ist natürlich leistungsfähiger als ein Kopfbahnhof, wenn beide die gleiche Anzahl an Gleisen haben. In der Wissenschaft wird bei der Zugleistung mit einem Vergleichsfaktor von 1,4 gerechnet. Demnach müsste der geplante Durchgangsbahnhof 11,4 Gleise haben. Ursprünglich war Stuttgart 21 auch mit 10 Gleisen geplant. Aber zwei Gleise wurden eingespart. Ein verheerender Fehler! Und nachträglich ist es fast unmöglich, den Bahnhof zu erweitern (da Platzproblem zwischen Bonatz-Bau und LBBW). Auch die Zulaufstrecken zu Stuttgart 21 sind ungenügend. Eine Erweiterung ist nicht möglich.


Es geht immer mehr um die Politik (25.11.2011)

Und weniger darum, ob Stuttgart 21 eine gute oder schlechte Lösung ist. Die CDU/FDP möchte, dass sich die Koalition aus Grüne und SPD gegenseitig aufreibt, am besten scheitert. Das hätte eine große Bedeutung für eine mögliche Koalition der Grünen und der SPD bei der nächsten Bundestagswahl. Ich vermute, die Order an die CDU/FDP Gefolgschaft kommt von ganz oben. Die CDU/FDP möchte, dass die Wähler von den Grünen richtig enttäuscht sind. Das Mittel dazu ist der Streit um Stuttgart 21.

Verkehrsminister Winfried Hermann sagte dazu: "Die Wahrheit ist doch, dass eine schwarze Kanzlerin mit dem Festhalten an S21 einer grün-roten Regierung das Leben schwermachen will. Es gibt in Berlin ein großes Interesse, dem neuen Baden-Württemberg die Kante zu zeigen" (StN, 21.11.2011).


Was passiert eigentlich, wenn Stuttgart 21 gestoppt wird? (25.11.2011)

Die nächsten zwei Jahre wird gar nichts passieren. Es ist eine Illusion zu glauben, dass sofort mit einer Optimierung des Kopfbahnhofs begonnen wird. Die CDU/FDP wird aus politischem Interesse versuchen, jegliche Entwicklung zu blockieren. Aber das ist zunächst nicht tragisch, da wir einen sehr gut funktionierenden Bahnhof haben, der die nächsten Jahre völlig ausreichend ist. Entscheidend wird sein, wie die nächste Bundestagswahl im Oktober 2013 ausfällt.


Stuttgart 21 und die S-Bahn (25.11.2011)

Hier noch Informationen zu den negativen Auswirkungen von Stuttgart 21 auf die S-Bahn. Grund: Das heutige Nadelöhr wird um die Tunnelstation "Mitnachtstraße" verlängert. Infos hier:
http://infooffensive.de/2011/11/stuttgarter-s-bahn/


PS: Für Stuttgart 21 stimmen, heißt auch Betrug und Täuschung in der Politik unterstützen! (25.11.2011)

Der Spiegel hatte am 06.11.2011 in dem Artikel "Regierung Oettinger verheimlichte Berechnungen" folgendes berichtet. Auszüge daraus:

Die Ausgaben für das Projekt, errechneten die Prüfer der Landesregierung, könnten nun bis zu 6,5 Milliarden Euro betragen, mehr als doppelt so viel wie bis dahin veranschlagt. Das war im Herbst 2009, kurz bevor die letzten Einspruchsfristen Baden-Württembergs abliefen. Neue Zahlen hätten die Öffentlichkeit verschreckt. Und so verschwanden sie schnell wieder in den Schubladen. Die Beteiligten, allen voran der damalige Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU), taten einfach so, als hätte es die „Indizierung der Projektkosten“
nie gegeben. Parlament und Öffentlichkeit wurden zentrale Zahlen – offenbar bewusst – vorenthalten.

Wären diese Zahlen damals bekannt geworden, wäre Stuttgart 21 womöglich sofort erledigt gewesen.
Das wollten Oettinger, heute EU-Kommissar in Brüssel, und seine damalige Landesregierung verhindern. Stuttgart 21 war sein großes Projekt als Ministerpräsident und sollte für immer mit seinem Namen verbunden bleiben. Weitere Rechenübungen der Controller aus dem Innenministerium verbat sich Oettinger deshalb. „Auf Wunsch des Herrn MP“ solle derzeit von einer „neuen Kostenberechnung abgesehen werden“

Schon in ihrem Vermerk hatten die Beamten im Herbst 2009 Bedenken, die Genossen über die neuesten Berechnungen zu informieren. Es sei damit zu rechnen, „dass die SPD bei Bekanntwerden der Kostenentwicklung von dem Projekt abrücken wird“.


Anmerkung von meiner Seite: Die Stuttgart 21 Gegner hatten im Herbst 2009 auch ähnlich hohe Kosten errechnet. Diese wurden damals von der CDU als unseriös abgetan.

Ich rechne mit einem knappen (absoluten) Wahlergebnis. Das Quorum wird deutlich verfehlt werden. Trotzdem zur Wahl gehen!!!

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 13: 15.01.2012
Stuttgart 21: War die Volksabstimmung fair? (15.01.2012)

Liebe Stuttgart 21 Interessierte,

Vorwort zur Stuttgart 21 Volksabstimmung (15.01.2012)

„Dazu kam natürlich der Überdruss an dem viel zu lange andauernden Streit. Die Menschen sind in ihrem Medienkonsumverhalten gar nicht mehr gewohnt, dass ein Thema länger als zwei-, drei Wochen auf der Tagesordnung ist. Im Abstimmungswahlkampf war - gleich ob von Stadt- oder Landbevölkerung - die meistgehörte Äußerung, dass es nur noch nervt. Daraus den Schluss zu ziehen, wie auch oft zu hören war, dass man den Bahnhof doch bauen soll, damit endlich Ruhe herrscht, hat etwas zutiefst Unreifes und Dummes.“ (Zitat aus dem Internet)


Einleitung (15.01.2012)

Viele Menschen verstehen nicht, warum die Proteste gegen Stuttgart 21 nach der Volksabstimmung weitergehen. Es geht den Bürgern, die sich weiterhin engagieren, nicht nur um das Projekt "Stuttgart 21", sondern auch darum, wie mit ihnen umgegangen wird: Sie wollen nicht ignoriert, getäuscht und belogen werden. Sie wollen eine andere Politik. Sie wollen, dass die Bürger auch zwischen den Wahlen eine gewisse Mitsprachemöglichkeit haben. Eine Volksabstimmung ist deshalb grundsätzlich zu begrüßen. Allerdings nicht eine Volksabstimmung, wie wir sie am 27.11.2011 erlebt haben. Diese Volksabstimmung war in weiten Teilen "unfair". Sie war eine Farce. Sie ist ein Lehrbeispiel, wie eine Volksabstimmung nicht laufen sollte. Hier meine Erläuterung warum:


1. Zeitpunkt der Abstimmung (15.01.2012)

Eine Abstimmung muss am Anfang stattfinden und nicht wenn schon fast zwei Jahre gebaut wurde. Alles andere ist Blödsinn, da Zeit und Geld verschwendet wird. Die Bürgerbewegung wollte schon 1997 und 2007, dass eine Abstimmung stattfindet. Diese wurde ihnen verweigert. Somit gingen die Kopfbahnhof Befürworter bei der Volksabstimmung mit einem schweren Handicap ins Rennen.


2. Machtmissbrauch durch den Staat (15.01.2012)

Der Staat missbrauchte seine Macht, indem er das Steuergeld seiner Bürger nahm und eine höchst einseitige Information verbreitete. So geschehen durch den Stuttgarter OB Dr. Wolfgang Schuster, der mit dem Briefkopf der Stadt Stuttgart kurz vor der Volksabstimmung einen persönlichen Brief an jeden wahlberechtigten Stuttgarter Bürger verschickte. Das Schreiben fängt eigentlich gut an: "...
Wie immer im Leben, gibt es auch bei diesem großen Projekt nicht nur schwarz oder weiß. Vor- und Nachteile müssen abgewogen werden ...“ Aber dann folgt eine äußerst einseitige Darstellung.

Und es wurden Dinge behauptet, die nachweislich nicht stimmen. Dies ist verheerend für die Demokratie, wenn die staatliche Macht mit Lügen arbeitet. Hier beispielhaft zwei Auszüge:

"Es ist meine Pflicht Ihnen zu sagen, dass wir als Bürger Schadensersatz in schwindelerregender Höhe, mehr als 1,5 Milliarden Euro, an die Deutsche Bahn zahlen müssen.“
Das ist falsch. Wie viel Schadensersatz zu bezahlen wäre, kann aktuell niemand sagen. Die Höhe wird letztendlich von einem Gericht festgelegt. Von "müssen" kann also nicht die Rede sein.

"Völlig offen ist, wer darüber hinaus für die notwendige Sanierung der riesigen Gleisanlagen und des Bahnhofsgebäudes in Höhe von 1,3 Milliarden Euro aufkommen wird."
Auch das ist falsch. Die Bahn ist zuständig, sie bekommt jährlich Steuergelder für die Instandhaltung der Gleisanlagen und des Bahnhofs.

Hier der vollständige Brief von OB Dr. Wolfgang Schuster zum Nachlesen:
http://www.uploadarea.de/files/9newvt1kj2lk7pasepxzo8wnk.pdf

Weiterhin gibt es zahlreiche weitere derartige Beispiele von öffentlichen Körperschaften (Rathäuser, Landratsämter, Regionalparlamente). So hat zum Beispiel der Verband Region Stuttgart (eine aus Steuergeldern finanzierte Körperschaft des öffentlichen Rechts) vor der Volksabstimmung eine 1,0 Million Euro teure einseitige Werbekampagne für Stuttgart 21 aus der allgemeinen Verkehrsrücklage finanziert.


3. Drohungen und Versprechungen (15.01.2012)

In der Informationskampagne für Stuttgart 21 wurde wenig auf die Vorteile von Stuttgart 21 abgehoben. Stattdessen wurde viel mit Drohungen gearbeitet. Wenn Stuttgart 21 nicht gebaut wird:

- muss 1,5 Milliarden Schadenersatz bezahlt werden
- wird nichts in den Ausbau des Bahnhofs Stuttgart investiert
- wird Stuttgart vom Fernverkehr abgehängt
- wird die Neubaustrecke auch nicht gebaut
- fließt kein Geld nach Baden-Württemberg
- ist der Standort Deutschland in Gefahr

Es fehlt noch, dass ohne Stuttgart 21 das Abendland untergehen würde. Mit Drohungen wurde die Volksabstimmung gewonnen. Bedenklich!

Versprochen wurde vor der Volksabstimmung, dass auch die Großbäume versetzt werden (Ergebnis aus der Schlichtung). Davon sind die Bürger vor der Abstimmung ausgegangen. Nach der Volksabstimmung erfährt der Bürger, dass diese gefällt werden sollen (Anmerkung: Es geht nicht um die Frage, ob eine Versetzung sinnvoll ist).

Versprochen wurde vor der Volksabstimmung, dass durch Stuttgart 21 keine anderen Verkehrsprojekte in Baden-Württemberg verdrängt werden. So sollte die Elektrifizierung der Südbahn Ulm-Lindau und die Neubaustrecke Mannheim-Frankfurt spätestens 2015 begonnen werden. Nach der Volksabstimmung erfährt der Bürger, dass diese beiden sinnvollen Verkehrsprojekte auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wurden (aktueller Investitionsrahmenplan, Kategorie D, Beginn damit ca. 2025).

Versprochen wurde vor der Volksabstimmung, dass der Stuttgart 21 Bahnhof leistungsfähiger sei als der bestehende Bahnhof. Dies wurde von der Bahn im Stresstest auch so dargestellt. Jetzt wurde in einem wissenschaftlichen Gutachten nachgewiesen, dass die Bahn beim Stresstest massiv manipuliert hat. In Wirklichkeit leistet der neue Bahnhof weniger als der bestehende. Es handelt sich bei Stuttgart 21 also um einen Abbau von Schienenkapazität. Die Bahn vermochte die seit Mitte November 2011 vorliegenden Vorwürfe bislang nicht zu entkräften. Einer der führenden Verkehrswissenschaftler Österreichs, Prof. Dr. Hermann Knoflacher, bestätigte die von WikiReal vorgebrachten Vorwürfe. Details siehe:
http://www.wikireal.org


4. Fehlende Transparenz (15.01.2012)

Im Koalitionsvertrag zwischen den Grünen und der SPD von April 2011 steht: „Die Landesregierung wird für vollständige Transparenz über Prämissen und Ergebnisse des Stresstests sorgen. Nach Abschluss des Stresstests und der Bewertung der Ergebnisse wird eine aktualisierte Kostenrechnung von der Deutschen Bahn AG eingeholt und von der Landesregierung geprüft.“ Das hatten die Bürger vor der Volksabstimmung auch erwartet. Es kam aber ganz anders. Die Bahn hat wieder einmal gemauert. Es gab keine Transparenz über den Stresstest und keine neue Kostenberechnung. Die Leistungsfähigkeit des heutigen Bahnhofs wurde auch nicht ermittelt. Und unser neuer grüner Ministerpräsident lässt sich das gefallen, um die Koalition mit der SPD nicht zu gefährden.

Es ist typisch für dieses Projekt. Einfach Behauptungen in den Raum stellen (Dauerarbeitsplätze, Verlagerung Verkehr auf die Schiene, etc.), die sich zwar gut anhören, aber nicht nachvollziehbar sind. Am Ende stimmen die Bürger dann über „Sprechblasen“ ab.


5. Finanzielle Mittel
(15.01.2012)

Erschwerend kam hinzu, dass eine Parteien-Übermacht (CDU, FDP, SPD) und die Mehrheit der Wirtschaft sich für Stuttgart 21 eingesetzt haben. Daher hatten die Stuttgart 21 Befürworter wesentlich mehr Geld für Werbemaßnahmen zur Verfügung. In anderen Ländern gibt es für die eingesetzten Gelder Ausgabenlimits oder Offenlegungspflichten - bei uns leider nicht.


Falsch ist auch, Leute abstimmen zu lassen, die nicht direkt betroffen sind. Bei der Frage, ob der Stuttgarter Bahnhof unter die Erde kommt oder oben bleibt, wäre es richtig gewesen, dass nur die Stuttgarter Bürger abstimmen. Das wollten die Kopfbahnhof Befürworter auch. Aber die Übermacht im Stuttgarter Rathaus aus CDU, SPD, FDP und Freie Wähler hat dies jahrelang abgeblockt.

Wenn man sich diese Punkte vor Augen hält, ist klar, dass die Volksabstimmung aus Sicht der Kopfbahnhof-Befürworter nicht zu gewinnen war. Es war von vornherein auch klar, dass die Volksabstimmung aufgrund des hohen Quorums nicht zu gewinnen war. Das wusste auch die pro Stuttgart 21 SPD-Führung, die die Volksabstimmung initiiert hatte.


Es hat sich in Stuttgart eine vielschichtige Bürgerbewegung gebildet, die sich selber informiert und sich nicht mehr alles Gefallen lässt. Diese Bürgerbewegung ist für einige Politiker unbequem und deshalb unerwünscht. Deshalb war es für diese Politiker auch so wichtig mit der Volksabstimmung die Bürgerbewegung zu schwächen – egal welche Mittel eingesetzt werden. Nun kann man sich das demokratische Deckmäntelchen umhängen: „…
was wollt ihr denn noch, das Volk hat doch entschieden…“.

Der Verein "Mehr Demokratie e.V" beobachtet und bewertet landes- und europaweit Volksabstimmungen. Dieser Verein hat die Stuttgart 21 Volksabstimmung unter dem Strich als „unfair“ bewertet. Details siehe:
http://www.mehr-demokratie.de/stuttgart-21-volksabstimmung.html

An den Argumenten gegen Stuttgart 21 hat sich auch nach der Volksabstimmung nichts geändert:
Murks bleibt Murks.

Also weiterhin gegen Lügen in der Politik und gegen unfaire Volksabstimmungen kämpfen!

Viele Grüße
M. Rupp

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FINITO



E-Mails von M. Rupp zu „Stuttgart 21“ an seine Freunde und Bekannte im Zeitraum von Mai 2009 bis September 2011

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E-Mail 1: 01.05.2009
Gegen Stuttgart 21, Großkundgebung 14. Mai 18 Uhr Stuttgarter Schlossplatz

Liebe Mitbürger,

hier einige Informationen zum Thema "Gegen Stuttgart 21 (S21), für Kopfbahnhof 21 (K21)

1. Das Wichtigste (01.05.2009)


Stuttgart 21 ist noch nicht unumkehrbar, auch wenn es so von einigen Politikern dargestellt wird. Ziel dieser Politiker ist es, die Stuttgart 21 Gegner zu entmutigen: "Gegen Stuttgart 21 zu kämpfen, macht keinen Sinn mehr". Dem ist nicht so!

Die geplanten Kosten für Stuttgart 21 werden von der Stadt mit 3.100 Millionen EURO angegeben. Allerdings ist der Bundesrechnungshof (eine einigermaßen neutrale Instanz) bei seiner Prüfung auf Kosten von 5.300 Millionen EURO gekommen. Das von den Stuttgart 21 Gegnern beauftragte Münchner Ingenieursbüro Vieregg & Rößler kam auf Kosten von 6.900 Millionen EURO bis 8.700 Millionen EURO. Interessant ist, dass dem Bundesrechnungshof im Rahmen der Finanzierungsvereinbarung erweiterte Prüfrechte eingeräumt werden mussten (PS: Teile der Finanzierungsvereinbarung sind streng geheim. Nicht einmal der Fraktionsvorstand der Landtags-CDU, geschweige denn die Presse durfte diese sehen - warum wohl?)

Bisher war ich noch nie politisch aktiv. Aber das was in Stuttgart gerade passiert (Missachtung des Bürgerentscheids durch bestimmte Politiker, Falschinformation der Bürger, etc.), möchte ich mir nicht gefallen lassen. Lasst es Euch auch nicht gefallen und werdet aktiv!


2. Warum bin ich gegen Stuttgart 21? (01.05.2009)

Weil es für das was es bringt viel zu teuer ist. Das Geld, das in das Mega-Projekt Stuttgart 21 investiert wird, wird in vielen kleineren sinnvollen Bahnprojekten und für viele andere Dinge fehlen.

Weil es das bessere Konzept Kopfbahnhof 21 (K21) gibt (Kosten von 2.000 Millionen EURO).


3. Allgemeine Informationen (01.05.2009)

Diese Email stellt natürlich meine persönliche Meinung dar. Wer die Zeit investieren will, sollte sich also am besten selbst im Internet (zum Beispiel: Google) informieren. Hier die zwei Hauptadressen:

Gegen Stuttgart 21: http://www.kopfbahnhof-21.de
Für Stuttgart 21: http://www.das-neue-herz-europas.de

Stuttgart 21 hat sehr viele Vorteile, wenn man es mit dem jetzigen alten Zustand des Stuttgarter Bahnhofes bzw. Gleisanlagen vergleicht. Ein solcher Vergleich hinkt natürlich. Dazu eine interessante Seite: S21-Werbe-Broschüre "21 GUTE GRÜNDE FÜR STUTTGART 21" mit Kommentierung der S21-Gegner:
http://www.siegfried-busch.de/page18/page18.html

Vorsicht ist bei der Lektüre der "Stuttgarter Zeitung" und der "Stuttgarter Nachrichten" geboten. Diese sind abhängig von der Stadt und berichten entsprechend einseitig. Berichte in der FAZ, TAZ, Deutschlandfunk, etc. sind wesentlich kritischer. Interessant ist folgende Tatsache: Obwohl der Stuttgarter Oberbürgermeister das Informationsmonopol und viel Geld (unser Steuergeld) für Hochglanz-Broschüren für jeden Haushalt zur Verfügung hat, ist eine deutliche Mehrheit der Stuttgarter Bürger gegen Stuttgart 21.

Vorsicht auch bei bestimmten Gutachten, die von der Stadt "beauftragt" wurden oder vor den Veröffentlichungen des Herrn Arnold, des Technikvorstands der Stuttgarter Straßenbahnen (SSB), also quasi eines "Mitarbeiters" des Oberbürgermeisters.


4. Wie funktioniert das Konzept Stuttgart 21 (S21)? (01.05.2009)

Der heutige Stuttgarter Hauptbahnhof ist ein Kopfbahnhof mit 16 Gleisen. Mit Stuttgart 21 wird dieser in einen Durchgangsbahnhof mit 8 Gleisen gewandelt. Die Bahnhofsgleise werden um 90 Grad gedreht und in die Tiefe gelegt. Die Bahnhofsgleise befinden sich dann dort, wo man heute in die Züge einsteigt. Auf der einen Seite des S21-Bahnhofs gehen die Gleise neben dem Wagenburgtunnel in den Berg hinein und führen in dem 9,5 km langen Filderaufstiegstunnel zum Flughafen und von dort entlang der Autobahn Richtung Wendlingen. Ein weiterer Tunnel beginnt beim Hauptbahnhof, unterquert den Neckar und endet im neuen Abstellbahnhof Untertürkheim. Ingesamt werden 34 Kilometer Tunnel benötigt. Die langen Tunnelstrecken machen Stuttgart 21 so immens teuer.


5. Wie funktioniert das Konzept Kopfbahnhof 21 (K21)? (01.05.2009)

Das Konzept Kopfbahnhof 21 (K21) wurde 2004 von dem VCD (Verkehrsclub Deutschland) basierend auf Plänen der Deutschen Bundesbahn (der Variante H') entwickelt. Der Hauptbahnhof wird renoviert (da könnte man wirklich was Schönes draus machen) und die Bahnhofs-Kapazität durch eine Neuordnung der Gleisanlagen wesentlich erhöht. Für den Schnellverkehr werden zwei zusätzliche Gleise entlang der bisherigen Bahnstrecke im Neckartal gebaut. Diese überqueren dann zwischen Obertürkheim und Mettingen den Neckar und führen in einem 9 km langen Tunnel Richtung Scharnhausen und von dort wie bei S21 entlang der Autobahn Richtung Wendlingen. Bei K21 führt die ICE-Strecke nicht über den Flughafen. Das Konzept K21 wurde auch von einigen namhaften Verkehrsexperten geprüft und die Funktionsfähigkeit bestätigt. Hinweis zu dem Verband VCD: Dieser umfasst 70.000 Mitglieder und propagiert alternative Verkehrsmittel, vertritt also unter anderem die Interessen der Bahnfahrer.


6. Warum hat man sich nicht für das Konzept K21 entschieden? (01.05.2009)

Die Geschichte von Stuttgart 21 beginnt bereits im Jahr 1986 und beruht auf einem Vorschlag von Gerhard Heimerl, einen unterirdischen viergleisigen Durchgangsbahnhof zu bauen, wobei die oberirdischen Gleise des bestehenden Kopfbahnhofes erhalten geblieben wären. Verschiedenen Strecken- und Bahnhofs-Varianten wurden untersucht. Die Bahn wollte bis Herbst 1993 aus Kostengründen die Variante H-Minus bauen (diese entspricht ungefähr dem Konzept K21). 1994 ist der offizielle Startzeitpunkt von Stuttgart 21. Die Politik wollte unbedingt die direkte Anbindung des Flughafens an die Schnellbahntrasse und de facto ging es der Deutschen Bahn unter dem damaligen Vorstand Heinz Dürr um die Veräußerung von Bahnflächen und die Stadt Stuttgart war natürlich an den freiwerdenden Flächen für die Stadtentwicklung sehr interessiert. Stuttgart 21 ist also primär kein Bahnprojekt, sondern hauptsächlich ein Immobilienprojekt. Deshalb weist es ja auch so viele funktionelle Mängel auf. Weitere Informationen zur Geschichte siehe: http://www.wikipedia.de (Suche "Stuttgart 21").


7. Macht eine ICE Anbindung des Flughafens überhaupt Sinn? (01.05.2009)

Eigentlich nicht. Der TGV in Frankreich ist so erfolgreich, weil er wenige Haltepunkte hat. Bei S21 würde der ICE bereits nach 14 Kilometern am Flughafen halten. Deshalb ist geplant, dass nur jeder dritte ICE am Flughafen halten soll. Das heißt, wenn man mit der Anschlussverbindung nicht gerade Glück hat, wartet man dafür länger auf den nächsten ICE. Zudem muss für den ICE ein neuer Flughafenbahnhof zwischen Messe und Flughafen in 26 Meter Tiefe gebaut werden. Rechnet man die Zeit für die zusätzliche Fußgänger-Wegstrecke dazu, gelangt man mit dem Alternativkonzept K21 genauso schnell vom Hauptbahnhof zum Flughafen. Wichtig für die Flughafenanbindung ist der Regionalverkehr und weniger die ICE-Verbindung. Wer fährt schon von Mannheim oder Augsburg auf den "Großflughafen" Stuttgart. Richtig ist aber, dass man mit S21 von Ulm schneller am Stuttgarter Flughafen ist.


8. Städtebaulicher Aspekt (01.05.2009)

Ein Vorteil von S21 ist, dass die freiwerdenden Gleisflächen für städtebauliche Maßnahmen genutzt werden können. Allerdings können die meisten Flächen frühestens 2020 bebaut werden (wenn alles nach Plan läuft). Offen: Brauchen wir den Wohnraum dann noch? Durch die Bebauung wird eine schlechtere Belüftung des Talkessels befürchtet, da die heutige Gleisschneisse auch eine Frischluftschneisse darstellt. Übrigens bleibt das später funktionslose Bahnhofsgebäude (der Bonatz-Bau) zum größten Teil stehen und bildet zusammen mit der 8m-Erhöhung des S21-Halbtiefbahnhofs eine Trennung zu dem neuen Stadtteil (da die S-Bahn Gleise von dem S21-Halbtiefbahnhof überquert werden müssen, befindet sich der S21-Bahnhof nicht komplett unter der Erde, sondern bildet eine Erhöhung von 8m Höhe quer durch den Schlossgarten). Auch bei K21 werden Flächen für die Stadtentwicklung frei (ca. 75% der S21-Flächen), aber mit dem großen Vorteil, dass diese sofort genutzt werden könnten.


9. Nutzen für den Bahnkunden? (01.05.2009)

Je nach Einstiegspunkt und Ziel ist der Bahnkunde mit S21 oder mit K21 schneller. Für den Regionalverkehr ist K21 vorteilhaft. Dadurch dass der Kopfbahnhof 21 doppelt so viele Gleise aufweist wie der S21-Bahnhof, können mehr Umsteigebeziehungen zwischen den Zügen hergestellt werden. Der integrale Taktfahrplan, das Erfolgsrezept der Schweizer Bahnen, kann nur mit K21 realisiert werden. Interessant ist, wie der S21-Halbtiefbahnhof auf den Fahrgast wirkt. Selbst die S21-Befürworter sagen, dass der Bahnhof einen höhlenartigen Charakter hat (die Deckenhöhe ist begrenzt, oder man müsste die 8m-Erhöhung des Bahnhofs höher machen). Zu denken geben muss allen Bahnfahrern, dass der VCD (der Interessenverband der Bahnfahrer) ein vehementer Gegner von S21 ist!


10. Reicht der Kopfbahnhof für die Zukunft aus? (01.05.2009)

Das von den S21-Gegnern beauftragte Münchner Ingenieursbüro Vieregg & Rößler gab dazu folgende Auskunft: "Die Kapazität des verbesserten 16-gleisigen Kopfbahnhofes liegt um ca. 50% über der des geplanten nur 8-gleisigen Durchgangbahnhofes, dessen knappe Kapazitäts-Bemessung in Fachkreisen häufig kritisiert wird". Bei K21 ist eine nachträgliche Kapazitätserhöhung möglich, bei S21 so gut wie unmöglich (da unterirdische Bauweise).


11. Ist Stuttgart 21 ein Konjunkturprogramm? (01.05.2009)

Das ist eingeschränkt richtig. Es bringt Arbeit für bestimmte höherqualifizierte Stuttgarter Arbeitskräfte (Verkehrsplaner, Vorarbeiter, etc.). Die Mehrzahl der Arbeitsplätze entsteht für Arbeiter aus Osteuropa, die bei den Bauunternehmen als Sub-Sub-Unternehmer beschäftigt sind (die Arbeitsplätze gönne ich diesen auch). Geplant ist ein Containerdorf für 3900 Arbeitskräfte zu errichten. Die Mehrzahl der Arbeitsplätze wird aber nicht in 2010 entstehen, da S21 erst einmal anlaufen muss. Bei K21 wird mit genauso vielen Arbeitsplätzen für Stuttgarter Unternehmen gerechnet, da die teuren S21-Tunnelarbeiten vermutlich von ausländischen Firmen aus den Alpen mit dem entsprechenden Know-How ausgeführt werden.


12. Kostet S21 die Stadt Stuttgart nur 31,56 Millionen EURO? (01.05.2009)

Die offizielle Zahl der Stadt suggeriert, dass die Anderen (Bund, Land, Bahnfahrer) den Großteil der Kosten bezahlen. Laut BUND Kreisrundbrief März 2009 müssen aber noch folgende Kosten für die Stadt dazugerechnet werden:
+ 260 Mio. (da aller Voraussicht der Risikofond in Anspruch genommen werden muss)
+ 359 Mio. anteilig (Zuschuss des Flughafens, an dem Stuttgart mit 35% beteiligt ist)
+ 212 Mio. (Verzicht auf Verzugszinsen gegenüber der Bahn, da Verzug Grundstücksnutzung)
+ 90 Mio. (überteuerter Kauf Mineralbad Berg, Anteil Verband Region Stuttgart, Verlegung U-Bahn Haltestelle, Schulumzug etc.).
Dazu noch ein aktueller Artikel (25.04.09) aus den Stuttgarter Nachrichten: "Stadthaushalt vor dem Absturz. Die Landeshauptstadt muss in diesem Jahr mit deutlich weniger Gewerbesteuereinnahmen rechnen als kalkuliert. Nach der Kommunalwahl ... beginnt die Debatte über die Streichliste".


13. Sicherheit in den S21 Tunneln (01.05.2009)

Die neue EU-Richtlinie schreibt Querstollen als Fluchtmöglichkeit mindestens alle 500 m vor. Bei Stuttgart 21 beharrt die Bahn jedoch aus Kostengründen auf den Abstand von 1000 m (Vergleich Eurotunnel: 375 m). Der Eurotunnel unter dem Ärmelkanal besitzt eine zusätzliche Fluchtröhre. Bei S21 ist keine Fluchtröhre geplant. Aussage eines erfahrenen Feuerwehrmannes zu S21: "Wer sich nicht selbst rettet, der kann nicht gerettet werden. Diese Tunnelplanung ist fast schon kriminell". Im Bahnhof Offenbach (zum Glück oberirdisch) gab es in der Vergangenheit einen ICE-Triebwerksbrand. Dieser konnte erst nach fünf Stunden gelöscht werden.


14. Gibt es keine Betriebsstörung? (01.05.2009)

Wenn ein Zug in einer Zufahrt des S21-Tiefbahnhofs liegen bleibt, ist die Hälfte des Bahnhofes blockiert. Auch bei einer Störung in dem langen Aufstiegstunnel zu den Fildern bietet K21 Vorteile. Bei K21 wird die heutige Panoramabahn (= Gäubahn zwischen Hauptbahnhof und S-Vaihingen ) bestehen bleiben und kann als Ausweichstrecke dienen. Das Thema "Gefahr von Terroranschlägen (was ich nicht hoffe) und deren Auswirkungen" möchte ich nicht vertiefen.


15. Weitere Gründe gegen Stuttgart 21 in Kurzform: (01.05.2009)

- S21 ist die größte Baustelle Europas für mindestens 10 Jahre
- Während der Bauzeit entfällt der mittlere Schlossgarten als Erholungsgebiet
- 250 große Bäume im Schlossgarten werden abgeholzt
- Risiko: Viele weiter Bäume werden durch die Grundwasserabsenkung gefährdet
- Risiko: Gefährdung des Bahnhofturms durch die Grundwasserabsenkung
- Risiko: Gefährdung der Stuttgarter Mineralquellen
- Risiko: Einsturzgefahr bei Untertunnelung von Häusern (siehe Köln)
- Abbruch der Seitenflügel des historischen Bahnhofsgebäudes (den Stuttgarter Denkmalschützern wurde ein Maulkorb verpasst).


16. Nicht alles glauben (01.05.2009)

Nicht alles glauben, was die S21-Befürworter schreiben. Hier einiges von OB Schuster:

- Mit K21 verliert der Stuttgarter-Hafen den Bahn-Anschluss. (falsch)
- S21 bindet den Stuttgarter Bahnknoten in Europas Schienennetz ein. (ist schon heute eingebunden)
- Als Alternative (zu S21) bliebe nur ein massiver Ausbau der Autobahn und der Bau eines Großflughafens. (falsch)


17. Aber auch noch Kritisches zu K21 (01.05.2009)

Auch das Alternativkonzept K21 ist ein Großbauprojekt, das bestimmte Nachteile hat. So kosten die zwei zusätzlichen Gleise entlang des Neckartals bis vor Mettingen wertvolle Grünflächen. Kritisch zu sehen ist auch, dass bei S21 die Planung wesentlich weiter fortgeschritten ist als bei K21 und dass die Finanzierung geklärt ist (... zumindest aktuell noch).

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 2: 09.01.2010
Aktueller Stand Stuttgart 21: 09.01.2010

Liebe Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofs,

mit Überschreiten des Jahreswechsels ist die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass Stuttgart 21 gebaut wird. Bis zum Jahreswechsel hatten die Vertragspartner die Option aus den Verträgen auszusteigen, wenn die geplanten Kosten die Grenze von 4,5 Milliarden Euro überschritten hätten. Anfangs lag die neue Kalkulation der Bahn bei 4,9 Milliarden Euro. Durch Einsparungen wurden die geplanten Kosten auf 4,1 Milliarden Euro gedrückt. (Hinweis: Ein Teil der Einsparungen, wie z.B. die dünneren Tunnelwände wurden vom Eisenbahnbundesamt noch nicht genehmigt). Ein Ausstieg aus den Verträgen ist auch weiterhin möglich. Allerdings hätte ein einseitiger Ausstieg eines Vertragspartners Schadensersatzforderungen zur Folge (sofern man sich nicht gütlich einigt).

Viele Leute denken, dass Stuttgart 21 nicht mehr aufzuhalten ist. Aus verschiedenen Gründen ist dem aber nicht so:

1. Widerstand der Bürger
2. Urheberrecht des Bonatz Enkels
3. Neubaustrecke Wendlingen-Ulm
4. Neu auftauchende Fakten


1. Widerstand der Bürger (09.01.2010)

Dieser Punkt ist mir besonders wichtig. Vergangenen November und Dezember wurden sogenannte Montagsdemos vor dem Nordausgang des Stuttgarter Bahnhofs (Ausgang bei LBBW) veranstaltet. Jedes Mal kamen mehr Menschen. Bei der letzten Montagsdemo waren über 3.000 Leute anwesend. Ich behaupte, wenn 10 mal so viele Leute kommen, also 30.000 wird Stuttgart 21 gestoppt.

Das Bild der Meinungsumfragen hat sich in den letzten 3 Jahren wesentlich gewandelt. Immer mehr der Befragten sind gegen Stuttgart 21. Aktuell ist eine deutliche Mehrheit der Stuttgarter Bürger gegen dieses Projekt. Aber warum kommen dann nicht viel mehr Leute auf die Montagsdemos? Ich glaube es ist nicht nur die Bequemlichkeit, sondern vor allem der Glaube, dass nichts mehr zu machen ist. Weil der Glaube fehlt kommen zuwenig. Weil zuwenig kommen, wird Stuttgart 21 nicht gestoppt. Die Katze beisst sich in den Schwanz.

Genau das ist das Ziel der Stuttgart 21 Befürworter. Es geht ihnen nicht darum mit Argumenten zu überzeugen, sondern zu bewirken, dass die Gegner zu Hause bleiben. Auf jedem der weißen Plakate der aktuellen Werbekampagne steht der Satz: „Stuttgart 21 kommt“. Bestimmte Journalisten der Stuttgarter Zeitungsgruppe verkünden die gleiche Botschaft (Details zu den Zeitungen siehe weiter unten).


2. Urheberrecht des Bonatz Enkels (09.01.2010)

Für den Bau des Stuttgart 21 Tiefbahnhofs müssen die beiden Seitenflügel des Hauptbahnhofs abgerissen werden. Der Bahnhof wurde ab 1914 von dem Architekten Paul Bonatz erbaut und wird deshalb oft Bonatz-Bau genannt. Der Enkel von Bonatz heißt Peter Dübbers. Dieser besitzt das Urheberrecht auf das Bahnhofsgebäude. Die Bahn hatte es versäumt, sich um dieses Urheberrecht zu kümmern. Herr Dübbers will nun gegen den Abriss der Seitenflügel klagen. Derartige Prozesse dauern in der Regel mindestens zwei Jahre. Er will weder Geld von der Bahn noch ein Denkmal für seinen Großvater. Die Sache bleibt spannend. Ich sage dazu: Nicht auf einen Einzelnen setzen, sondern selbst aktiv werden.


3. Neubaustrecke Wendlingen-Ulm (kurz NBS) (09.01.2010)

Das Thema ist eine zwiespältige Angelegenheit. Stuttgart 21 macht ohne die Realisierung der Neubaustrecke (NBS) Wendlingen-Ulm keinen Sinn, da der Zeitgewinn fast ausschließlich durch die NBS erzielt wird. Für den Personenverkehr ist die NBS wünschenswert, da sie eine große Zeitersparnis von 23 Minuten bringt. Allerdings sind die Kosten genauso schöngerechnet wie bei Stuttgart 21. Die NBS soll 2 Milliarden Euro kosten. Die Kostenschätzungen von Experten reichen von 3,8 bis 5,5 Milliarden Euro.

Das Problem der NBS ist der Güterverkehr. Erstaunlicherweise ist die NBS mit 31 Promille Steigung steiler als die aktuelle Strecke über die Geislinger Steige mit 25 Promille. Eine solche Steigung kann nur von sogenannten Leichtgüterzügen befahren werden. Heimerl (auch der geistige Vater von Stuttgart 21) ist 1988 davon ausgegangen, dass es vermehrt Leichtgüterzüge geben wird. Diese sind bis auf 3 Paket-Intercity’s der Post nicht gekommen und Experten sagen, dass diese in Zukunft auch nicht kommen werden. Das heißt mit der NBS wird der Güterverkehrs-Engpass in Süddeutschland zementiert. Die Bahn rechnet aber weiterhin mit 40 Leichtgüterzügen täglich um eine positive Wirtschaftlichkeit darzustellen. Die Wirtschaftlichkeit der NBS wird im Frühjahr durch den Bund geprüft. Man darf gespannt sein.

Übrigens sind 5 der 7 Planfeststellungsabschnitte noch nicht genehmigt und der Tunnelbau durch die Schwäbische Alb ist sehr anspruchsvoll.


4. Neu auftauchende Fakten (09.01.2010)

Hier zwei Beispiele:

Der Umbau des Bahnhof-Gleisvorfeldes: Dauert nicht 18 Monate und kostet nicht 35 Mio. Euro (Zahlen von 2003), sondern dauert 26 Monate und kostet voraussichtlich mehr als das Doppelte.

Der bestehende Tunnel zwischen Echterdingen und Leinfelden ist für den geplanten Mischbetrieb um 40 cm zu eng.

... und noch einige andere Dinge (Kosten Verlegung Stadtbahn, Gleisabstand zwischen Rohr und Flughafen zu eng), die in den letzten Wochen aufgetaucht sind.

Spannend wird der noch nicht genehmigte Planfeststellungsabschnitt am Flughafen. Dort soll bahntechnisch ein Nadelöhr geschaffen werden: Der S-Bahn Verkehr soll zukünftig auf einem Gleis und der Regional- und Fernverkehr in den Süden auf dem anderen Gleis abgewickelt werden.


5. Nutzen-Aspekt für den Bahnfahrer (09.01.2010)

Es wird sehr viel über die Kosten berichtet. Leider wird der Nutzen Aspekt vernachlässigt, speziell was die Bahnfahrer anbelangt, obwohl es ja immer heißt: Stuttgart 21 ist ein Projekt der Bahn“. Ich behaupte Stuttgart 21 schadet dem Bahnfahrer mehr als dass es ihm nützt:

Die Bahnfahrer wollen nicht unter die Erde.

Der S21 Tiefbahnhof hat nur 8 Gleise im Gegensatz zum Kopfbahnhof mit 16 Gleisen. Züge können nicht mehr so gut wie heute aufeinander warten. Verspätungen werden nicht mehr so gut abgepuffert.

Es gibt nur 4 Bahnsteige. Die Platzverhältnisse im gesamten Tiefbahnhof sind beengt.

Ein ebenerdiges Umsteigen wie beim heutigen Kopfbahnhof ist nicht mehr möglich.

Bei bestimmten Störungen gibt es ein Verkehrschaos, da es wenig Ausweichstrecken gibt. So wird zum Beispiel die Gäubahn zwischen Hauptbahnhof und Stuttgart-Vaihingen abgebaut.

Die Wahrscheinlichkeit für einen Terroranschlag ist bei dem Tiefbahnhof wesentlich größer als bei einem konventionell gebauten Bahnhof. Ein Terroranschlag würde über längere Zeit den gesamten Bahnbetrieb in Stuttgart lahmlegen.

Für andere sinnvolle Bahnprojekte hat die Bahn kein Geld mehr oder die Realisierung dauert länger.

Der spätere Betrieb des Tiefbahnhofs ist teurer als bei einem konventionellen Bahnhof. Diese Mehrkosten führen zu erhöhten Fahrpreisen. Schon vermutlich bald darf der Bahnfahrer für den Bau von Stuttgart 21 bezahlen. Die DB bestätigte, dass die Trassen- und Stationspreise möglicherweise schon ab nächstem Jahr steigen würden, um das Projekt mitzufinanzieren.

Die Länder bestellen und bezahlen den Regionalverkehr in ihrem Bundesland (Regionalverkehr = Bahnen und Busse, die nicht zum Fernverkehr der DB gehören und nicht zu einem der 22 Verkehrsverbünde in BW). Aus Regionalisierungsmittel fließen 685 Mio. Euro in Stuttgart 21. Dieses Geld fehlt für ein besseres Zugangebot.


6. Warum ist die Bahn dann nicht ausgestiegen? (09.01.2010)

Laut Information des Handelsblattes wäre auf die Bahn Kosten von mehr als 2 Milliarden Euro zugekommen, wenn sie ausgestiegen wäre. Zu dem Thema auch Auszüge aus dem Artikel „Geheimpapier: Bahn profitiert von Stuttgart 21“ aus der Online-Ausgabe der Frankfurter Rundschau vom 18.12.09: „Die Deutsche Bahn erzielt mehr als die Hälfte ihres Gewinns dieses Jahr durch Sondererträge beim umstrittenen Projekt Stuttgart 21... Denn schon 2002 hatte die Bahn stolze 459 Millionen Euro Steuergeld für S21 kassiert. (Anmerkung: gemeint ist der Verkauf der Gleisgrundstücke an die Stadt)....Das DB-Geheimpapier belegt erstmals ...von S21 profitiert vor allem der Konzern DB – der Schienenverkehr ist aber der Verlierer.“


7. Die Rolle der Stuttgarter Zeitungen (09.01.2010)

Fast alle Abo-Zeitungen im Großraum Stuttgart gehören zu dem Pressekonzern SWMH (SüdWest Deutsche Medienholding): S-Zeitung, S-Nachrichten, S-Wochenblatt, Sonntag Aktuell, Cannstatter, Untertürkheimer, Eßlinger, Fellbacher, Marbacher, Backnanger, Kornwestheimer, Waiblinger, Leonberger sowie Hitradio Antenne 1. Dies soll auch keine Kritik sein. Aufgrund des enormen Kostendrucks gibt es immer weniger Verleger – und das in ganz Deutschland. Bei der SWMH kommt noch ein erhöhter Kostendruck durch den Aufkauf der Süddeutschen Zeitung hinzu. Mitarbeiter wurden bzw. werden freigesetzt. Eine „Stadtzeitung“ tut sich natürlich schwer, gegen die Stadt zu schreiben, insbesondere wenn es Querverbindungen zwischen dem Oberbürgermeister und dem Chef der SWMH Dr. Richard Rebmann gibt. Auffällig ist, dass bestimmte Redakteure ausschließlich positiv über Stuttgart 21 berichten und die gleichen Parolen absetzen wie die Stuttgart 21 Werbeagentur. So zum Beispiel Jörg Hamann, Leiter des Lokalressorts der S-Nachrichten: 2.4.09: „Stuttgart 21 ist ab heute unumkehrbar“, 11.12.09: „Stuttgart 21 ist unumkehrbar“, usw.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 3: 07.02.2010
Stuttgart 21 und die Montagsdemos: 07.02.2010

Liebe Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofs,

bin ich ein Fortschrittsverhinderer? Einer der ewig Gestrigen? So würde ich mich nicht einschätzen. Ein Beispiel, das ich immer wieder zu hören bekomme, ist die neue Messe. Ich sage: Gut dass die neue Messe gebaut wurde! Die alte Messe auf dem Killesberg war unübersichtlich und zu klein. Es geht nicht darum, Stuttgart 21 oder nichts zu machen, sondern welche Lösung gewählt wird. Lösung „Stuttgart 21“: Ein riskantes und sehr teures Tunnelsystem oder Lösung „Kopfbahnhof 21 (K21)“: Eine konventionelle Bahnlösung, die nur ein Drittel kostet und zudem leistungsfähiger ist.


1. Montagsdemos (07.02.2010)

OB Schuster hofft, dass mit dem inszenierten Baustart am 2. Februar, der Widerstand abnimmt. Aber die Wut der Bürger wird immer größer. Je mehr die Menschen wissen, desto größer wird ihre Wut. Es kommen immer neue Fakten ans Tageslicht und immer mehr Menschen lernen das Alternativkonzept K21 kennen und wollen sich den Stuttgart 21 Blödsinn nicht gefallen lassen.

Überschriften wie „Stuttgart 21 ist nun unumkehrbar“ oder die große Inszenierung des Baustarts bezeichne ich als Versuch, die Stuttgart 21 Gegner zu demotivieren. Verständlich, dass ich immer wieder höre, der Zug ist abgefahren, die ziehen das Ding jetzt gnadenlos durch. Ich behaupte, wenn 30.000 Bürger zu der Montagsdemo kommen, wird Stuttgart 21 gestoppt. Ein Problem ist natürlich die liebe Zeit, wer hat heute schon noch Zeit?

Vom zeitlichem Aspekt her lohnt sich der Widerstand in 2010 noch richtig. Die Bauarbeiten im nächsten halben Jahr betreffen vor allem das Gleisvorfeld. Große Teile dieser Bauarbeiten können auch für das Alternativkonzept K21 genutzt werden. Erst im September ist das Fällen der Großbäume im Schlossgarten und der Abriss der Seitenflügel geplant. Unumkehrbar wird Stuttgart 21 frühestens in 1 bis 2 Jahren, wenn die großen Tunnelarbeiten beginnen. Und im März 2011 stehen die Landtagswahlen an!!!


2. Werbung für die Parkschützer Internetseite www.parkschuetzer.de (07.02.2010)

Bitte sich als Parkschützer registrieren (ist anonym)! Aktuell sind bereits 5.147 Leute registriert. Für die große Baugrube des Stuttgart 21 Bahnhofs wird ein Teil des Schlossgartens zerstört.

Es gibt 4 verschiedene Stufen des Engagements (in Kurzform):
Stufe 1: Willenserklärung gegen Schlossgarten Zerstörung
Stufe 2: Teilnahme am „10.000-stehen-zu-ihrem-Park“ Zeichen, wenn 10.000 sich hier eingetragen haben
Stufe 3: Schnellstmögliches Vorort Kommen, wenn Bauarbeiten beginnen, Protest mit legalen Mitteln
Stufe 4: Baufahrzeugen entgegenstellen oder an Bäume ketten

Die Stuttgart 21 Befürworter sehen mit Sorge, dass sehr viele Stuttgarter bereit sind, sich für ihren Schlossgarten zu engagieren.


3. Informationsbildung (07.02.2010)

Die einen sagen so die anderen so. Ich verstehe alle Leute gut, die nur bestimmte Zeitungen lesen, das Stuttgarter Amtsblatt oder die Stuttgart 21 Ausstellung im Bahnhofsturm besuchen und dann für Stuttgart 21 sind. Heutzutage ist es wichtig, sich auch unabhängig von der Presse zu informieren, da die Pressevielfalt immer weiter abnimmt. Natürlich tun sich die Lokalzeitungen schwer, etwas gegen Stuttgart 21 zu schreiben. Erfreuliche Ausnahme ist aber die Stuttgarter-Zeitung, die ihren Kurs geändert hat und immer mehr kritische Berichte bringt. Auffällig ist auch, dass sich der „Mister Unumkehrbar“ der Stuttgarter-Nachrichten (Experten wissen wen ich meine) zurückhält oder vielleicht zurückhalten muss.

Nachtrag: Heute (6.2.2010) muss ich ausnahmsweise die Stuttgarter-Nachrichten positiv erwähnen. Ich habe gedacht ich traue meinen Augen nicht! Auf einer fast ganzen Seite! ein Interview mit Winfried Hermann, dem Vorsitzenden des Verkehrsausschusses im Bundestag mit der Überschrift: „Strecke ist eine absolute Fehlplanung“.


4. Nutzen für den Bahnfahrer (07.02.2010)

Ein entscheidender Punkt bei Stuttgart 21 ist der Nutzen, insbesondere der Nutzen für die Bahnfahrer. Erstaunlicherweise bringt Stuttgart 21 mehr Nachteile als Vorteile für den Bahnfahrer. Aber warum ist die Deutsche Bahn zum Jahreswechsel nicht ausgestiegen? Es darf vermutet werden, dass Herr Grube unter gewaltigem Druck von einigen politischen Schwergewichten steht und die Frankfurter-Rundschau hatte ein DB Geheimpapier enthüllt, dass bei einem Ausstieg der Bahn die Bahnbilanz verhagelt worden wäre. Link zum Bericht:
http://www.fr-online.de/in_und_ausland/wirtschaft/aktuell/2152663_Bahn-profitiert-von-Stuttgart-21.html

Interessant: Michael Holzhey, ein Bahnexperte, sagte in der Tagesschau! am 2.2.2010, dass Stuttgart 21 ein sinnloses Bahnprojekt sei.


5. Arbeitsplätze für die Region (07.02.2010)

Die Stuttgart 21 Werbung verspricht 5.000 zusätzliche Vollerwerbsstellen während der Bauzeit. Die Landesvereinigung Bauwirtschaft spricht dagegen von 4.000 Arbeitsplätze und stellt selbst in Frage, ob die Baufachkräfte im Land davon profitieren werden. Auch die IG Bau und der DGB Nordwürttemberg erwarten keinen großen Auftragsschub für die hiesige Bauwirtschaft. Das hat zwei Gründe. Der eine Grund ist, dass nur sehr große Baufirmen bei den europaweit ausgeschriebenen Baulosen mitbieten können. Die Baulose, die von der Bahn ausgeschrieben werden, sind so groß, dass sie für mittelständischen Firmen nicht in Frage kommen. Die Ausschreibung von kleineren Baulosen würde zu Zeitverzögerungen beim Bau führen. Der andere Grund sind die bei Großbauprojekten üblichen Sub- und Sub-Sub-Unternehmen. Nach einer Anfrage der SPD im Stuttgarter Gemeinderat 2008 plante die Bauherrin Deutsche Bahn AG ein Containerdorf hinter dem Hauptbahnhof für 3.900 Arbeiter aus Osteuropa.

Das Alternativkonzept K21 würde auch Arbeitsplätze bringen. Dabei sind die Arbeiten besser für Firmen aus der Region geeignet als bei Stuttgart 21, wo für die vielen Tunnelarbeiten Spezialfirmen benötigt werden.


6. Über Politiker und Parteien (07.02.2010)

Sowohl OB Schuster als auch Herr Drexler waren mir als ich sie kennengelernt habe sympathisch: OB Schuster sehr engagiert und Herr Drexler eine wahre Kämpfernatur. Dass die beiden nun von einzelnen Gegnern beleidigt werden, ist nicht korrekt! Allerdings hat mein Respekt vor beiden deutlich gelitten, da sie Sachen behaupten, die schlichtweg falsch sind (Beispiel „K21 Hafenblockade“). Beide haben ein Problem. Sie können nicht mehr zurück. Ein Ausstieg aus Stuttgart 21 wäre für beide ein gewaltiger Gesichtsverlust. Ähnlich verhält es sich bei einigen Stadträten und Parteien. Wer vor 16 Jahren „Ja“ gesagt hat, kann nun schwer „Nein“ sagen. Bei den Parteien habe ich den Eindruck, dass es ihnen nicht um die sachlichen Vor- und Nachteile von Stuttgart 21 geht, sondern wie die Partei am besten wegkommt. Eines wird mir immer unbegreiflich bleiben - wie kann sich der SPD Mann Drexler zu „Mister Stuttgart 21“ machen lassen. Er muss vom Klammerbeutel gepudert gewesen sein. Bildlich gesehen stellt er sich als Abwehrschild vor OB Schuster bzw. vor die CDU. Mit diesem parteischädigenden Verhalten schickt er die Stuttgarter SPD noch weiter in den Abgrund. Wenn man sich mit Kommunalpolitikern unterhält, stellt man fest, dass diese sich mit Bahnthemen sehr wenig auskennen. Ihnen geht es um die Stadtentwicklung – schaden damit aber dem Bahnfahrer.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 4: 19.03.2010
Stuttgart 21: 19.03.2010

Liebe Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofs,

Stuttgart 21 ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Immer mehr Fakten kommen an die Oberfläche. Ganz aktuell aus der StN 18.03.2010, Überschrift Titelseite: „Beim Flughafen-Bahnhof droht jahrelange Verzögerung“. „Bahn steht vor einem Fiasko, Bahn erhält voraussichtlich keine Ausnahmegenehmigung für ICE im S-Bahn-Tunnel“. Der Bahn-Konzernbeauftragte Werner Klingberg hatte dies vor fünf Wochen als mittlere Katastrophe bezeichnet und gesagt, dass sich dadurch Stuttgart 21 um mehrere Jahre verzögern würde. Im Bahnhofsturm wurde der Bauzeitplan inzwischen mit einer weißen Plane abgedeckt. Eine weitere Bombe wird auch bald detonieren: Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm wird aktuell neu berechnet. Mit Sicherheit werden die Kosten weit über den bisher geplanten 2,1 Milliarden Euro liegen.

Stuttgart 21 findet in der Zwischenzeit bundesweit Beachtung, unter anderem aufgrund der Tatsache, dass durch Stuttgart 21 Gelder für andere sinnvolle Bahnprojekte fehlen. Negative Berichte über Stuttgart 21 kamen unter anderem im Fokus, Frontal 21 und Panorama. Auch der „Stern“ bringt in Kürze einen Bericht. Interessant auch, dass die Tagesschau ein Interview gebracht hat, indem ein Bahnexperte Stuttgart 21 und die Neubaustrecke als „verkehrspolitisch unsinnige Investition“ bezeichnete. Selbst die Berichterstattung in den Stuttgarter Zeitungen wird immer kritischer.

Der Druck auf Stuttgart 21 wird größer. Das ist auch der Punkt, an dem jeder Bürger sich einbringen kann und sollte!! Die Anzahl der Teilnehmer auf den Montagsdemos bzw. an der Parkschützer Aktion (Registrierung unter www.parkschuetzer.de ) hat eine große Außenwirkung auf die Medien, auf die Politiker und auf die Bahn und übt Druck auf diese aus. Und bitte nicht alles glauben, was bestimmte Politiker von sich geben, z.B. Günther Oettinger „Stuttgart 21 ist unumkehrbar“ oder „Widerstand ist zwecklos“. Ich sage: „Nicht alles gefallen lassen!“

„Stuttgart 21 ein bahnbetrieblicher Engpass – Nein Danke“

Vieles Grüße
M. Rupp


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E-Mail 5: 04.07.2010
Protestkundgebung Stuttgart 21, 10.07.2010

Liebe Freunde des Stuttgarter Kopfbahnhofs,

Protestkundgebung gegen Stuttgart 21: „Gemeinsam Stuttgart 21 stoppen!“, 10 Juli 2010, Schlossgarten

Ich schätze, wenn das Wetter passt, kommen 20.000 Leute. Je mehr Leute teilnehmen, desto größer ist die Wirkung auf die Politik, auf die Presse und auf die Bahn. Jeder Einzelne zählt! Ich höre oft „die da oben drücken Stuttgart 21 durch, da haben wir keine Chance“. Hier bietet sich die Chance durch eine hohe Anzahl an Teilnehmern ein deutliches Zeichen gegen Stuttgart 21 zu setzen. Nicht alles gefallen lassen und sich wie Schlachtvieh zur Schlachtbank führen lassen, sondern aktiv werden!


1. Macht es noch Sinn sich gegen Stuttgart 21 zu engagieren? (04.07.2010)

„Stuttgart 21 ist unumkehrbar“ ist seit einigen Monaten die Hauptbotschaft der Stuttgart 21 Werber. Glaubt Ihr das? Habt Ihr Euch von der großen Inszenierung des Baustarts entmutigen lassen? Dann haben die Stuttgart 21 Verantwortlichen ihr Ziel erreicht. Aber erst 2012, wenn die großen Tunnelbauarbeiten beginnen sollten, gibt es keinen Weg zurück. Die derzeitigen Arbeiten sind nur kleinere Vorarbeiten, die teilweise auch von dem Alternativkonzept Kopfbahnhof-21 genutzt werden können.


2. Die Lokal-Presse schwenkt langsam um (04.07.2010)

StZ, 04.07.10: „Baubeginn rückt in weite Ferne. Der Zeitplan für das Milliardenprojekt Stuttgart 21 gerät aus den Fugen. Die Ausschreibung für die Tieferlegung des Nesenbach-Abwasserkanals ist geplatzt.“

StN 30.06.10 Titel: „Der ausgedünnte S-Bahn-Fahrplan bleibt. Stuttgart 21: Bahn AG weiß nicht, wie sie den Engpass vor dem Hauptbahnhof beheben kann.“
Die Ludwigsburger Kreiszeitung (eine unabhängige Zeitung) dazu: „Bei Stuttgart 21, dem „bestgeplanten Projekt der Deutschen Bahn AG“, gibt es bereits in der ersten Bauphase eine gravierende Panne. Die Folge: Im S-Bahn-Verkehr geht es drunter und drüber“.

StN 29.05.10: Zum neuen Filderbahnhof: „Die Pläne sehen aus Kostengründen einen geteilten Bahnhof vor. Die ICEs aus Richtung Zürich sollen im schon bestehenden S-Bahnhof halten. Alle anderen ICEs im mehrere hundert Meter entfernten Neubau. Das wäre verkehrstechnischer Murks ... „ Anmerkung: Wohl war, nur warum hat die StN das nicht viel früher kritisiert?


3. Zum Schluß noch Grundsätzliches (04.07.2010)

Stuttgart 21 wurde bereits 1994 gestartet. Es ging dem damaligen Bahnchef Heinz Dürr um den teuren Verkauf der Bahngrundstücke an die Stadt. Die Gleise haben bei diesem Immobiliengeschäft gestört und sollten deshalb unter die Erde. Stuttgart 21 ist eine reine Setzung der Politik! Daher wurde auch kein vorzeigbarer Vergleich mit einer konventionellen überirdischen Lösung wie zum Beispiel Kopfbahnhof-21 gemacht.


4. Kosten-Nutzen Verhältnis (04.07.2010)

Hohe Kosten
Extrem hohe Baukosten (zur Zeit noch geschönt). Auch die Folgekosten (Betrieb, Instandhaltung) sind bei Stuttgart 21 deutlich höher.

Wenig Nutzen
Stuttgart 21 bringt dem Bahnfahrer mehr Nachteile als Vorteile. Der Tiefbahnhof wird bei bestimmten Betriebssituationen zum Nadelöhr. Er war ursprünglich mit 10 Gleisen geplant. Aus Kostengründen wurden diese auf 8 Gleise reduziert (spätere Erweiterung so gut wie nicht möglich). Ein heute gut funktionierender Bahnhof soll durch einen aufgrund seiner Tunnelbauweise störanfälligeren Bahnhof ersetzt werden.

Zerstörung und Risiken
Mindestens 10 Jahre Mega-Baustelle in der City, damit Entfall des stadtnahen Erholungsgebiets, 282 Großbäume werden gefällt, weitere Gefährdung von Bäumen durch die Grundwasserabsenkung, Gefährdung des Mineralwassers, massive Bebauung des Gleisvorfelds verschlechtert die Frischluftzufuhr für die City, Teilabriss des denkmalgeschützten (zum Weltkulturerbe vorgeschlagenen) Bahnhofs, etc.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 6: 08.07.2010
Artikel im Stern zu Stuttgart 21

Liebe Stuttgarter Kopfbahnhof-Freunde,

dem Stern wurde eine geheime Studie zugespielt, die vor 2 Jahren vom Land Baden-Württemberg !!! beauftragt wurde. In der Studie der Schweizer Verkehrsplanungs-Experten SMA heißt es für den späteren Bahnbetrieb: Stuttgart 21 führt zu „Engpässen“, verursacht „Konflikte zwischen Hauptbahnhof und Flughafen mit dem Regionalverkehr“ und ist „nicht kompatibel mit den angenommenen Fernverkehrszügen“ .

Das Land will übrigens das Geheimpapier nicht veröffentlichen. Genauso weigert sich die Bahn seit Jahren, die Wirtschaftlichkeitsrechnung zu Stuttgart 21 und zu der Neubaustrecke Wendlingen/Ulm herauszugeben .... Ein Schelm, der Böses denkt.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 7: 05.08.2010
Aufruf: Kommt zu den Stuttgart 21 Demos

Liebe Stuttgart 21 Interessierte,

die Anzahl der Leute, die sich aktiv am Widerstand gegen Stuttgart 21 beteiligen, wird immer größer. Die Anzahl der Demonstranten hat sich nach Errichtung des Bauzauns mehr als verdoppelt. Zur Montagsdemo am 2.8.2010 kamen mehr als 5.000 Menschen und das, obwohl es geregnet hat. Ich bin mir sicher die Bürger können einiges bewirken – nicht der Einzelne, aber die Masse. Die Presse berichtet aufgrund der vielen Demonstranten inzwischen deutschlandweit über die Proteste und außerhalb von Stuttgart auch sehr negativ über das Projekt. Meine These lautet immer noch: Wenn einmal 20.000 Menschen zur Montagsdemo kommen, wird Stuttgart 21 gestoppt. Es ist dann politisch nicht mehr durchsetzbar.

Es handelt sich bisher um äußerst friedliche Demonstrationen. So etwas hat die Polizei noch nicht gesehen. Lächerlich ist, wie versucht wird die Stuttgart 21 Gegner in die gewalttätige Ecke zu stellen. Nur laut kann es werden (Tempo‘s für die Ohren mitnehmen).

Langsam habe ich den Eindruck, die da oben drücken Stuttgart 21 durch, egal was die Mehrheit der Bevölkerung will. Es geht ihnen nicht um Stuttgart, sondern wie sie am besten aus der Sache herauskommen, also ja nicht aus der Deckung kommen und eine Bürgerbefragung zulassen. Und genau das ist meine Motivation zur Montagsdemo zu gehen. Ich zeige Flagge. Ich zeige, dass ich mir nicht alles gefallen lasse. Ich zeige, dass ich nicht will, dass mit meinen Steuergeldern der Bahnknoten Stuttgart geschwächt wird und ein Teil des Schlossgartens und denkmalgeschützte Bauwerke zerstört werden.

Neueste Informationen aus dem Bundesverkehrsministerium: Der Bund will wegen Finanzknappheit bis auf Weiteres keine neuen Straßen, Schienen und Wasserwege mehr bauen. Damit gerät die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm unter Druck.


1. SMA Gutachten (05.08.2010)

Das Land Baden-Württemberg, d.h. die Projektbefürworter, hatten vor 2 Jahren ein Gutachten bei der Firma SMA in Zürich beauftragt, um die Auswirkungen von Stuttgart 21 auf den Regionalverkehr zu untersuchen. Das Gutachten der Schweizer Verkehrsexperten wurde 2 Jahre vom Verkehrsministerium Baden-Württemberg geheim gehalten und ist jetzt auf nicht geklärtem Weg an die Öffentlichkeit gelangt. Klar wird auch warum dieses Gutachten geheim gehalten wurde, wenn man diesen Satz aus dem Gutachten liest: "Aufgrund der Brisanz der vorliegenden Resultate ist absolutes Stillschweigen erforderlich."

Es werden sehr detailliert die grundsätzlichen Probleme des Projekts aufgezeigt und von einem "hohen Stabilitätsrisiko", einem "schwer beherrschbarem Gesamtsystem", und einer "geringen Gestaltungsmöglichkeit des Fahrplans" ohne Perspektiven für Angebotserweiterungen gesprochen. D.h. Stuttgart 21 schafft ein Nadelöhr, das Verschlechterungen für Fern- und Regionalzüge ebenso wie für die S-Bahn mit sich bringt.

Die Projektbefürworter mussten reagieren. Man will nachbessern und ein zweites Gleis zum Flughafenbahnhof bauen. Ein Kritikpunkt, der mit 35 Mill. Euro recht „günstig“ zu haben ist, wird damit beseitigt, aber die vielen anderen Schwachstellen bleiben. Das Gutachten mit Kommentierung kann man unter kopfbahnhof-21.de nachlesen. Hier das Fazit:

- sma + Partner bestätigen gravierende Mängel bei der Fahrbarkeit von S21.
- Ursache für die aufgezeigten Engpässe ist die zu knapp ausgelegte Infrastruktur.
- Die Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs ist deutlich geringer als versprochen. Er wird zum Nadelöhr.
- Die vorhandene Infrastruktur im Wirtschaftsraum Mittlerer Neckar wird reduziert.
- Es gibt gravierende Nachteile für die S-Bahn, die Gäubahn und die Verknüpfung von Verkehrslinien.
- Ein Integraler Taktfahrplan ITF ist mit Stuttgart 21 nicht machbar.
- Die These, dass Stuttgart 21 die doppelte Leistungsfähigkeit wie der Kopfbahnhof besitzt, ist widerlegt.
- Aufgrund der Engpässe besteht die Gefahr, dass in Zukunft Züge um Stuttgart herum geführt werden müssen.


2. Strafanzeige wegen Untreue (05.08.2010)

Es wurde Strafanzeige wegen Untreue gegen die Unterzeichner der Finanzierungsvereinbarung für Stuttgart 21 vom 2. April 2009 (Oettinger, Schuster, Grube, Schuster, Wopperer) erstattet. Begründet wurde die Finanzierungsvereinbarung unter anderem mit der begrenzten Kapazität des bestehenden Stuttgarter Kopfbahnhofs und der höheren Leistungsfähigkeit eines unterirdischen Durchgangs-bahnhofs. Jetzt wurde aber durch die SMA Studie enthüllt, dass der bahnverkehrliche Nutzen von Stuttgart 21 im Vergleich zur heutigen Verkehrsinfrastruktur des Stuttgarter Kopfbahnhofs vernachlässigbar ist. Die Angezeigten haben sich damit wissentlich untreu im Sinne von § 266 Strafgesetzbuch verhalten, indem sie öffentliches Vermögen nicht Nutzen bringend verwenden.


3. Demokratische Entscheidung (05.08.2010)

Richtig ist, dass Stuttgart 21 demokratisch entschieden wurde, d.h. die Mehrheit der damaligen Entscheidungsträger (Stadträte, Landtagsabgeordnete) hat sich für Stuttgart 21 ausgesprochen. Allerdings muss man sich fragen, was man den damaligen Entscheidungsträgern versprochen hat. Man hatte ihnen verkehrstechnische Vorteile zu angemessenen Kosten versprochen. Jetzt stellt sich aber heraus, dass die Kosten wesentlich höher sind als damals angegeben und vermutlich noch deutlich steigen werden. Genauso ergeben sich für den Bahnverkehr keine verkehrstechnischen Vorteile sondern mehr Nachteile wie das SMA-Gutachten zeigt. Da muss man sich die Frage stellen, wurden die Entscheidungsträger arglistig getäuscht? Kann man da noch von einer demokratischen Legitimation von Stuttgart 21 sprechen?


4. Stuttgart 21 Werbung (05.08.2010)

Wenn man sich als unwissender Bürger in der Stuttgart 21 Ausstellung im Bahnhofsturm informiert, kommt man sicher als überzeugter Stuttgart 21 Befürworter heraus. Man muss aber bedenken, dass es sich um eine Werbeveranstaltung handelt, d.h. die positiven Seiten werden aufgezeigt und die negativen Seiten unter den Tisch gekehrt. Die Werbemaschinerie will ja schließlich ihr Produkt Stuttgart 21 verkaufen. Genauso muss es damals den Entscheidungsträgern ergangen sein. Man hat ihnen erzählt, dass der Kopfbahnhof am Ende seiner Leistungsfähigkeit sei und dringend ersetzt werden müsste.

Die Werbung verspricht, dass nach dem Bau von Stuttgart 21 10.000 neue Arbeitsplätze entstehen. Das sagt ein Gutachten, das von Stuttgart 21 Befürwortern bezahlt und erstellt wurde. Aber warum sollen so viele Arbeitsplätze entstehen? Die Menschen haben nicht mehr Kaufkraft, laut Prognose der Stadt soll die Anzahl der Bewohner von Stuttgart sinken, es entsteht kein produzierendes Gewerbe. Sollen etwa Dienstleistungs-Arbeitsplätze außerhalb von Stuttgart abgezogen werden?


5. Bonatz Bau (05.08.2010)

Falsch ist, wie häufig geäußert, dass es sich bei dem Bahnhofsgebäude um ein Relikt aus der Nazizeit handelt. Der Bahnhof wurde von Paul Bonatz bereits 1914 bis 1928 erbaut. Bei Kunsthistorikern zählt er zu den bedeutendsten Bauwerken des beginnenden 20. Jahrhunderts in Europa. Er gilt als frühes herausragendes Beispiel des Kubismus in der deutschen Architektur. Die Seitenflügel, die abgerissen werden sollen, sind ein wesentlicher Bestandteil des Bauwerks. Viele weltweit namhafte Architekten haben sich gegen den Abriss ausgesprochen. Vor einigen Monaten wurde der Bahnhof von Beratern der UNESCO zum Weltkulturerbe vorgeschlagen. Mit den amputierten Seitenflügeln wäre dies nicht mehr möglich. Weiterhin steht das Bahnhofsgebäude unter Denkmalschutz. Es ist skandalös, dass sich ausgerechnet öffentliche Bauträger über diesen Schutz hinwegsetzen. Der Abriss des Nordflügels (Flügel bei der LBBW) soll nun vorgezogen werden. Dies ist für den Baufortschritt zum jetzigen Zeitpunkt nicht notwendig. Es geht also nur darum Fakten zu schaffen und ist der Versuch die Stuttgart 21 Gegner zu demoralisieren.


6. Tunnelgebirge (05.08.2010)

Wenig bekannt ist, dass auch Teile des Gleisvorfelds des Stuttgarter Hauptbahnhofs unter Denkmalschutz stehen. Dort befinden sich sogenannte Überwerfungsbauwerke. Diese werden auch als Tunnelgebirge bezeichnet. Es handelt sich dabei um eine Verbindung von Tunnel- und Brückenkonstruktionen, die es ermöglicht, dass Züge über drei Ebenen weitestgehend kreuzungsfrei in den Bahnhof einfahren können. Aufgrund dieser ingenieurstechnischen Meisterleistung zählt der Stuttgarter Bahnhof heute zu den pünktlichsten und betriebssichersten Hauptbahnhöfen Deutschlands.


7. Unwahrheiten (05.08.2010)

Die Verbreitung von Unwahrheiten durch bestimmte Politiker ist der Punkt, der mich am meisten stört. Da ist man als Bürger enttäuscht wenn mit solchen Mitteln gearbeitet wird. Wenn man sich nicht auskennt, wird man diesen seriös wirkenden Herren Glauben schenken. Aber immer mehr Bürger informieren sich und durchschauen den Schwindel. Hier drei Beispiele:

Präsentation Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster 14.05.2009: „Bei K21 verliert der Stuttgarter Hafen den Bahn-Anschluss. Dies bedeutet 400.000 zusätzliche LKW-Fahrten pro Jahr“. So etwas wäre ein KO-Kriterium für K21. Die Aussage ist aber falsch. Es handelt sich um eine frei erfundene Interpretation des K21-Konzepts.
Dasselbe verkündete Wolfgang Drexler als Antwort auf einen Leserbrief in der Cannstatter Zeitung am 17.10.2009: „Bei den Trassenvorschlägen von K21 würde auch der Stuttgarter Hafen in seiner Funktion zerstört...“

Herr Wolfgang Drexler in seinem Vortrag am 17.03.2010 in Mühlacker: „In Stuttgart Hauptbahnhof können heute pro Stunde nur bis zu 28 Züge abgefertigt werden“. Auch dies ist falsch. Der heutige Stuttgarter Hauptbahnhof hat eine Kapazität von 51 Züge pro Stunde, genau so viel wie der geplante S21 Tiefbahnhof.

Herr Wolfgang Arnold, Technikvorstand der Stuttgarter Straßenbahnen (und somit ein Mitarbeiter von Dr. Wolfgang Schuster) stellte am 13.07.2010 das Alternativkonzept Kopfbahnhof 21 in Untertürkheim vor. Wie zu erwarten wurden die Vorteile von Stuttgart 21 und die Nachteile von K21 dargestellt (auch K21 ist ein Großbauprojekt und hat bestimmte Nachteile). Das Problem: Einige Dinge, die er behauptet hat sind falsch. Man kann die falschen Aussagen nachlesen unter “kopfbahnhof-21.de“. Dort runterscrollen zu dem Artikel „Nichts Neues aber viel Falsches“. Herr Arnold hat sich nicht aus erster Hand informiert, sondern Dinge interpretiert bzw. frei erfunden und hält dann Vorträge über das Thema. Kein Kommentar. Interessant auch die Überschrift des Artikels in den Stuttgarter Nachrichten, die wieder einmal mitspielt: „Kopfbahnhof wohl keine Alternative“.

Mir reicht’s - ich kündige mein Abonnement bei den Stuttgarter Nachrichten.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 8: 15.08.2010
Stuttgart 21, die Politik und die Bahn

Liebe Stuttgart-21-Interessierte,

eintragen bei: www.stuttgarterappell.de
Eine private Initiative sammelt Stimmen für einen Baustopp und einen Volksentscheid (aktuell 25.843 Einträge)


1. Die Politik (15.08.2010)

Früher habe ich mich wenig für Politik interessiert. Dann bin ich auf das Thema „Stuttgart 21“ gestoßen und ich habe mich in die endlosen „Informationsweiten“ von Stuttgart 21 und Kopfbahnhof 21 gestürzt. Beide Konzepte haben ihre Vor- und Nachteile. Das hat mich als Ingenieur interessiert. Zwangsläufig kommt man aber von den Sachthemen zur Politik. Es stellt sich aktuell die Frage, warum die Politik den Abriss des Nordflügels nicht stoppt. Hier der Versuch einer Erklärung.

Im Juli 2010 kam durch das SMA-Gutachten heraus, dass die Bahninfrastruktur von Stuttgart 21 zu klein dimensioniert ist und dass es mehrere Engstellen für den späteren Bahnbetrieb gibt. Man muss sich das einmal vorstellen: Durch Stuttgart 21 wird der regionale Bahnbetrieb nicht verbessert, sondern verschlechtert!

Erstaunlicherweise sprechen sich auch heute noch die meisten Parteien (CDU, SPD, FDP, Freie Wähler) für Stuttgart 21 aus. Hierfür gibt es meines Erachtens verschiedene Gründe.

Die wenigsten Politiker sind Bahnexperten und kennen sich mit Kapazitätsberechnungen bei Bahnsystemen aus. Das kann auch nicht anders sein. Bei einer Diskussion mit dem Stuttgart-21-Experten Wolfgang Drexler sieht man dann natürlich schlecht aus – und wer will sich das schon antun? Allerdings muss man bedenken, dass Herr Drexler fast ausschließlich die positiven Seiten von Stuttgart 21 darstellt und die negativen Seiten unter den Tisch kehrt. Hier eine Aussage von ihm während des SPD-Landesparteitags im November 2009: „Die Stuttgarter Halbhöhenlage macht Front, den Arbeitervororten im Neckartal, denen wollt Ihr zwei neue Gleise reindrücken.“ Aber aufgepasst, er verschweigt dabei die zusätzlichen Gleise im Neckartal, die auch bei Stuttgart 21 benötigt werden. Weiterhin kommt hinzu, dass die meisten Bahnexperten von dem Monopolisten Deutsche Bahn abhängig sind und somit „die Klappe halten müssen“.

Ein weiterer Grund ist der Fraktionszwang. Nur wenige wagen sich, sich gegen Parteigrößen wie Wolfgang Drexler, Claus Schmiedel oder Ivo Gönner zu stellen. Wie hat Herr Schmiedel vor ein paar Tagen gesagt: „Es wird nicht gewackelt, die SPD-Landtagsfraktion steht ohne Wenn und Aber zu Stuttgart 21“. Übersetzt heißt das, wer diesen Kurs nicht mitträgt, macht sich bei den Parteioberen unbeliebt und womöglich ist die Karriere in der Partei gefährdet. Diese Mechanismen gibt es bei allen Parteien, nur die Ausprägung ist je nach Partei stärker beziehungsweise schwächer.

Dass die genannten Parteigrößen ihren Kurs nicht ändern, ist klar. Jahrelang haben sie die Werbeversprechungen von Stuttgart 21 publik gemacht. Würden sie jetzt ihre Meinung ändern, wäre ein Gesichtsverlust die Folge - und vermutlich würde der ein oder andere Posten wackeln.


2. Das SMA-Gutachten (15.08.2010)

Man hatte den Politikern gesagt, dass wir mit Stuttgart 21 einen deutlich leistungsfähigeren Bahnknoten bekämen. Das SMA-Gutachten hat gezeigt, dass dies alles falsche Versprechungen waren. Bekanntlich wurde das SMA-Gutachten vom Land Baden-Württemberg (also von Stuttgart-21-Befürwortern) beauftragt und zwei Jahre lang geheim gehalten bis es vor kurzem auf dubiosem Weg an die Öffentlichkeit gelangt ist. Den Inhalt des SMA-Gutachtens kann man grob mit einem Satz beschreiben: Die Bahn-Infrastruktur von Stuttgart 21 wurde zu knapp dimensioniert (Details siehe www.kopfbahnhof-21.de). Es gibt mehrere Schwachstellen, wobei die meisten dieser Schwachstellen nur mit immensen Kosten beseitigt werden könnten. Die Schwachstellen werden im späteren Bahnbetrieb zu den folgenden zwei Auswirkungen führen. Das Angebot der Züge kann man kaum erhöhen, da wegen der knappen Dimensionierung enge Grenzen Gesetz sind. Somit wird die Möglichkeit verbaut, mehr Verkehr von der Straße auf die Schiene zu verlagern. Das ist auch einer der Gründe, warum gerade die Grünen, sowie Umwelt- und unabhängige Bahnverbände sich so vehement gegen Stuttgart 21 wehren. Die weitere Auswirkung ist der spätere Bahnbetrieb, der als sehr problematisch eingeschätzt wird. Der Betrieb bei Stuttgart 21 funktioniert, wenn die Züge einigermaßen pünktlich sind und es keine größeren Störungen gibt. Je nach Größe der Störung kann es aber auch zum Totalausfall des Bahnknotens Stuttgart kommen, da die Bahn-Infrastruktur zu knapp bemessen ist. Das erinnert mich immer wieder an den Satz eines Bahnexperten: „Wie kann man nur einen heute problemlos funktionierenden Bahnhof durch ein im späteren Betrieb anfälliges Konzept ersetzen?“


3. Wie konnte es nur soweit kommen? (15.08.2010)

Angefangen hat alles damit, dass die Bahn an die Börse wollte. Deshalb wurde beim Bahnbetrieb kräftig gespart. Die Auswirkungen zeigen sich heute: Gebrochene ICE-Achsen, defekte Bremsen bei der S-Bahn Berlin und zuletzt ausgefallene ICE-Klimaanlagen. Da fällt der Imageverlust, der gerade bei Stuttgart 21 entsteht, auch nicht mehr ins Gewicht. Mit der Idee, alle Gleise unter die Erde zu verlegen, kam 1993 für den damaligen Bahnchef Heinz Dürr die große Chance. Die Gleisgrundstücke konnten für 744 Millionen Euro (inklusive Zinsen) an die Stadt Stuttgart verkauft werden. Das ist einer der Gründe, warum sich die Bahn heute mit einem Ausstieg so schwer tut. Sie müsste das Geld zurückzahlen, das sie aber bereits ausgegeben hat. Um das Projekt durchzusetzen wurde aus Kostengründen die Infrastruktur knapp dimensioniert und später sogar die Kapazität reduziert. So hatte der geplante Tiefbahnhof ursprünglich nicht 8, sondern 10 Gleise. Für die Bahn ist Stuttgart 21 ein lohnendes Geschäft. Über die Jahre hinweg wurde der Finanzierungsanteil der Bahn immer geringer, und der Anteil des Steuerzahlers immer größer. Hinzu kommt, dass die Bahn für Neubauten (Tiefbahnhof) mehr Mittel bekommt als für Renovierungen (Kopfbahnhof). Warum sollte die Bahn also aussteigen? Was interessiert es die heutigen Bahnmanager, ob der Verkehrsknoten Stuttgart später gut funktioniert? Da sind sie ja schon lange nicht mehr im Amt.


4. Die Rolle von Ulm (15.08.2010)

Der Oberbürgermeister von Ulm, Ivo Gönner (SPD), ist einer der Hauptwerber für das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm. Er befürchtet, wenn Stuttgart 21 gestoppt wird, würde auch die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm gestoppt. Herr Gönner, als Interessenvertreter von Ulm hat natürlich ein großes Interesse an einer schnellen Verbindung nach Stuttgart und zum Flughafen (Anmerkung: Dies wäre auch mit K21 möglich). Ulm würde zweifelsohne von der Neubaustrecke profitieren, die Stadt Ulm würde an Bedeutung gewinnen.

Interessant ist, dass auch einige andere bekannte Politiker mit Ulm in Verbindung stehen. Dr. Wolfgang Schuster (CDU), Oberbürgermeister von Stuttgart, ist in Ulm aufgewachsen und ehemaliger Stadtrat von Ulm. Die derzeitige Bundesministerin für Bildung und Forschung und stellvertretende Vorsitzende der CDU, Frau Dr. Annette Schavan, ist seit 2005 Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Ulm. Sie gilt als eine der engsten Vertrauten von Bundeskanzlerin Angelika Merkel (CDU).


5. Die Verantwortlichen (15.08.2010)

Meines Erachtens gibt es nicht viele Hauptverantwortliche für Stuttgart 21. Die Wirtschaft trifft keine Schuld. Es war schon immer das Ziel der Wirtschaft, auch unter Mithilfe der Werbung einen möglichst großen Reibach zu machen. Auch den Politikern, die aufgrund falscher Informationen für Stuttgart 21 gestimmt haben, kann man nicht viel vorwerfen. Sehr wohl aber den Politikern, die aufgrund der neuen Faktenlage immer noch an Stuttgart 21 festhalten. Eine große Schuld trifft bestimmte Bahnmanager und einen Bahngutachter, die Stuttgart 21 als leistungsstarkes Bahnsystem verkauft haben.

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 9: 18.08.2010
Stuttgart 21: Schweigemarsch, Freitag, 20.08, 18:00 Uhr

Liebe Stuttgart 21 Interessierte,

dies ist meine vorerst letzte E-Mail zu Stuttgart 21. Mehr dazu am Ende.

Wichtiger Termin: Freitag, 20. August, 18:00 Uhr, Schweigemarsch


1. Sendung Frontal 21 am 17. August 2010 (18.08.2010)

Das erfuhr die Bevölkerung von Deutschland von unserem Projekt in der Sendung Frontal 21 im ZDF mit dem Titel: „Schwäbischer Größenwahn – Bürger gegen Stuttgart 21“. Auszüge davon:

... Europas größtes Bauprojekt, dessen Nutzen immer mehr in Frage steht. Eine neue Studie zum Schienengüterverkehr bis 2030 im Auftrag des Umweltbundesamtes kommt für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm zum Fazit: Dass das Gesamtvorhaben verkehrlich hochgradig ineffektiv ist. Und weiter heißt es: Stuttgart 21 beseitigt kein Nadelöhr, sondern schafft Neue.

Entwicklung der Baukosten:
1995: 4,5 Mrd.
2007: 4,8 Mrd
April 2009: 5,0 Mrd
Dez. 2009: 6,5 Mrd
Juli 2010: 7,4 Mrd
Bundesrechnungshof: 8,9 Mrd
Gutachten des Umweltbundesamtes: bis zu 11 Mrd (= 11.000 Millionen)

Nach diesem Gutachten ist für den Vorsitzenden des Verkehrsausschusses des Deutschen Bundestages Winfried Hermann klar: „Dieses Projekt läuft finanziell völlig aus dem Ruder. Es ist hoch riskant und 10 bis 12 Milliarden für beide Projekte zusammen ist absolut realistisch .... Dieses Projekt ist auch aus finanziellen Gründen nicht verantwortbar.“ Hermann fordert seit Monaten Einblick in die Wirtschaftlichkeitsberechnung der Bahn. Vergeblich, der Bundesverkehrsminister beantwortete eine kleine Anfrage des Abgeordneten mit folgendem Schreiben: „Die ... Wirtschaftlichkeitsberechnung wurde von der Deutsche Bahn AG erstellt und wird von dieser als Geschäfts- und Betriebsgeheimnis eingestuft.“ Hermann: „Es ist einfach ein Skandal. Es kann nicht sein, das Abgeordnete des Deutschen Bundestages keine Informationsrechte gegenüber der Bahn haben, einem 100% Bundesunternehmen und zumal bei Projekten, die allesamt aus Steuermitteln finanziert werden. Wir werden das auch vom Bundesverfassungsgericht prüfen lassen.“

Unwirtschaftlich sind die Stuttgarter Bahnpläne auch, weil die geplante Neubaustrecke nach Ulm für Güterzüge viel zu steil ist. Noch steiler als die bisherige Route über die Schwäbische Alb, die deshalb schon jetzt eher gemieden wird vom Güterverkehr.... Würde man die 11 Milliarden Euro für Stuttgart so das neue Gutachten stattdessen in den Schienengüterverkehr investieren, könnte man die Straßen entlasten und in den nächsten 15 Jahren die Transportmengen auf der Schiene verdoppeln.

Klaus Arnoldi, Verkehrsclub Deutschland: „Ich finde es angesichts der steigenden Transportmengen auf der Straße unverantwortlich, dass so viel Geld in ein einziges Prestigeprojekt hineingesteckt wird und dass darunter die ganze Republik und der Ausbau der Schiene in der ganzen Republik leiden wird.“

... und die Verantwortlichen gehen in Deckung. Projektleiter und Landtagsvizepräsident Wolfgang Drexler, SPD und auch Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, CDU wollen nicht vor die Kamera und lassen verlauten die Sache sei entschieden, der Protest zwecklos.

Mein Kommentar zum Thema „Schienengüterverkehr“: Tragisch was die Bahn aufgrund kurzfristiger Denkweise hier macht.


2. Zeitgewinn durch die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm (18.08.2010)

Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm verringert die Fahrtzeit um 26 Minuten. Das ist beachtlich.

Dazu eine Information von Prof. Dipl.-Ing. Karl-Dieter Bodack (Er arbeitete fast 3 Jahrzehnte in Stabs- und Führungspositionen bei der Deutschen Bahn und berät freiberuflich Bahngesellschaften). Im Jahr 1995 fuhr der ICE von München nach Stuttgart in 2 Stunden 1 Minute; heute sind es 2 Stunden 24 Minuten! Würde der damalige Fahrplan wieder eingeführt und dazu in relativ flachem, unbebautem Gelände zwischen Amstetten, Ulm und Augsburg die dort wegen der Kurven langsame Strecke begradigt, wäre die Fahrzeitverkürzung ohne gigantische Tunnel erreichbar (Kosten: 200 Millionen Euro).


3. Die Stuttgart 21 Werbung (18.08.2010)

Werbung heißt die positiven Seiten darstellen und die negativen Seiten unter den Tisch kehren. Da hilft nur, sich auch aus anderen Quellen zu informieren und nicht nur auf die Werbung zu hören. Hier eines von vielen Beispielen: Zwischen Nordbahnhof und Hauptbahnhof entsteht bei Stuttgart 21 die neue Haltestelle „Mittnachtstraße“.

Stuttgart 21 Werbung: „Rund 20.000 Fahrgäste der S-Bahn zwischen Feuerbach und Cannstatt erreichen schneller ihr Ziel, weil der Umweg über den Hauptbahnhof entfällt.“

Das ist richtig. Nicht gesagt wird aber, dass 70.000 Fahrgäste zwischen Hauptbahnhof und Cannstatt durch den zusätzlichen Halt länger brauchen.


4. Meine vorerst letzte Stuttgart 21 E-Mail (18.08.2010)

Zwischen 01.05.2009 und heute habe ich zum Teil umfangreiche E-Mails verschickt. Herzlichen Dank an alle, die meine E-Mails weitergeleitet haben! Ich begann mit dem Schreiben der E-Mails, da in der Stuttgarter Presse wenig kritisch über das Projekt „Stuttgart 21“ berichtet wurde. Dies hat sich nun geändert. In ganz Deutschland und teilweise im Ausland wird ausführlich und zumeist negativ über das Thema berichtet. Zu verdanken ist das den Montagsdemos und natürlich den zahlreichen negativen Enthüllungen über Stuttgart 21. Damit sind meine E-Mails hinfällig geworden. Ein Thema hätte ich noch gerne beleuchtet. Was wurde den damaligen Stadträten und Landtagsabgeordneten versprochen, damit sie für Stuttgart 21 stimmen und welche Erkenntnisse gibt es heute über diese Versprechungen. Vielleicht kann das jemand anderes übernehmen!


5. Als Abschluss die Kurzfassung meiner Gründe gegen Stuttgart 21 (18.08.2010)

Das Projekt hat ein sehr schlechtes Kosten/Nutzen-Verhältnis (extrem teuer, mehr Nachteile als Vorteile für den Bahnfahrer, keinen Nutzen für den Schienengüterverkehr und bringt nur wenige Dauerarbeitsplätze). Der Preis dafür ist hoch: Zerstörung eines Bahnhofsgebäudes mit Weltkulturerbe-Potenzial, Zerstörung eines Teils des Schlossgartens, Gefährdung des Mineralwassers und mindestens 15 Jahre Baustelle mitten in der City.

Ich bin überzeugt, Stuttgart 21 wird gestoppt. Die Unumkehrbarkeit tritt erst ein, wenn die großen Tunnelarbeiten begonnen sind. Und bis dahin ist es noch weit. Bereits Ende März 2011 sind die Landtagswahlen. Die Verantwortlichen werden diesem in Deutschland einmaligen Bürgerprotest und den weiteren Enthüllungen nicht über längere Zeit standhalten. Tragisch wäre, wenn bis dahin der Bahnhof oder der Park zerstört wäre!

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 10: 23.10.2010
Stuttgart 21: Zwei kritische Stern Artikel

Liebe Stuttgart 21 Interessierte,

ich bin entsetzt, was am Donnerstag, den 30. September 2010 im Stuttgarter Schlossgarten passiert ist! Deshalb schreibe ich trotz knapper Zeit diese E-Mail.

Die Stuttgart 21 Befürworter sagen, sie wollen den Dialog. Damit meinen sie, sie wollen sich über die Möglichkeiten der Stadtentwicklung unterhalten, aber nicht über die wirklich kritischen Punkte. Nur dem andauernden und zahlreichen Protest der Bevölkerung ist es zu verdanken, dass jetzt umfassende Gespräche stattfinden. Ich bin aber immer noch skeptisch, ob die Stuttgart 21 Befürworter bereit sind, sich zu bewegen. Deshalb ist weiterhin der Druck der Bevölkerung, d.h. die Teilnahme an den Demonstrationen wichtig. Termine finden sich unter: www.kopfbahnhof-21.de

Zu meiner Verwunderung hat die CDU ihr politisches Schicksal in Baden Württemberg mit Stuttgart 21 verbunden. Sie wird daher eine massive Werbeoffensive starten. Die Kopfbahnhof 21 Befürworter haben weniger finanzielle Mittel zur Verfügung als die Stuttgart 21 Befürworter. Deshalb die Idee, E-Mails nach dem Schneeballprinzip an Freunde und Bekannte weiterzuleiten (ich rate zur Blindkopie).


1. Stern Artikel im Anhang (23.10.2010)

„Stuttgart 21: Die geheimen Akten“ vom 30.9.2010

Auszug: „... und brachte Tausende Seiten Dokumente mit, ... sowie streng vertrauliche Vorstandsvorlagen und Projektberichte, die Pfusch und Fehlplanung dokumentieren.“
„In Stuttgart wird ein Bahnhof gebaut..., der nicht funktionieren wird.“
„Bei S21 geht es drunter und drüber, so sehr, dass der Bauablauf in der geplanten Termin- und Bauabfolge nicht mehr realisiert werden kann.“


„Monopoly 21“ vom 14.10.2010

Was die Stuttgart 21 Insider schon gewusst haben, erfährt nun ganz Deutschland. Viele prominente Stuttgart 21 Befürworter sind persönlich in das Projekt verstrickt. Friederike Beyer (Lebensgefährtin von Günther Oettinger), Lothar Späth, Tanja Gönner, Wolfgang Schuster, Heinz Dürr (ehemaliger Bahnchef), etc.. Es werden die Zusammenhänge zwischen bestimmten Politikern, der Stuttgarter Presse und der LBBW aufgezeigt. Es ist gut, dass Stuttgart 21 nun ein deutschlandweites Thema ist und damit auch die deutschlandweite Presse über die Presseverhältnisse in Stuttgart berichtet.

Auszüge aus dem Stern-Artikel: „Ohne mediale Dauerunterstützung gebe es S21 wohl längst nicht mehr ... Vor allem die Stuttgarter Zeitungen unterstützen – mit gelegentlichen Ausnahmen – das Projekt bedingslos ... Die Stuttgarter Zeitung hat schon lange eine klare Haltung zu Stuttgart 21: Wir sehen das Vorhaben positiv.“

2008 kaufte der Stuttgarter Medienkonzern (SWMH = Südwestdeutsche Medien Holding) die Süddeutsche Zeitung für 625 Millionen Euro, größtenteils auf Kredit. Die Kreditgeber waren die landeseigene LBBW Bank und deren Tochter die BW-Bank.

Weitere Auszüge aus dem Stern-Artikel: „In dieser Bank (LBBW) hat die Politik das Sagen: Ministerpräsident Stefan Mappus ist Vorsitzender ihrer Trägerversammlung ... In der LBBW treffen sich wieder viele S21 Befürworter aus Politik und Wirtschaft: etwa Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster, die Unternehmer Heinz Dürr und Dieter Hundt, auch Claus Schmiedel ...“

Quintessenz: Wer sich einigermaßen neutral über Stuttgart 21 informieren will, muß die überregionale Presse lesen.

PS: In dem Artikel nicht erwähnt wird der Stuttgarter Finanzbürgermeister Michael Föll, der bis vor kurzem im Beirat des Bauunternehmens Wolff & Müller war, das den Vertrag für den Abriss des Nordflügels bekommen hatte.


2. Der schwarze Donnerstag von Stuttgart (23.10.2010)

Am Donnerstag, den 30. September 2010 ging die Polizei mit massiver Gewalt (Wasserwerfer, Reizgas, Pfefferspay, Schlagstöcke) gegen größtenteils friedlich demonstrierende Stuttgart 21 Gegner vor. Die Polizei hat das Recht (und die Pflicht) eine sogenannte Verhinderungsblockade durch den Einsatz von „unmittelbarem Zwang“ aufzulösen. Die dabei eingesetzen Mittel müssen aber verhältnismäßig sein – dazu zählt zum Beispiel das Wegtragen unter Verhängung eines Ordnungsgeldes. Der Einsatz von Gas und Schlagstöcken kann nur das letzte Mittel sein, wenn die Situation auch vonseiten der Demonstranten eskaliert.

Aber die Lage eskalierte nicht von seiten der Demonstranten. Um ihr Verhalten zu rechtfertigen, behauptete die Polizei zunächst, die Polizisten seien mit Pflastersteinen angegriffen worden. Diese entpuppten sich später als Kastanien, die von den Wasserwerfern aus den Bäumen geschossen wurden. Ein paar Tage später konnte die Polizei in ihrer Pressekonferenz so gut wie keine gewalttätigen Demonstranten vorweisen. Ein einzelner Vermummter wurde gezeigt, der ein Spray einsetzte, allerdings lange nachdem die Polizei Pfefferspray und Wasserwerfer eingesetzt hatte. Interessant auch was der SWR aufgedeckt hat. Genau die Szene, in der ein Polizist mit dem Schlagstock um sich schlägt, wurde von der Polizei aus dem Film herausgeschnitten. Der Einsatz der Polizei war nicht verhältnismäßig, die Gewalt ging von der Polizei aus.

Ein Großteil der anfangs anwesenden Demonstranten waren Kinder, Jugendliche und ältere Leute. Die Kinder und Jugendliche kamen von einer polizeilich genehmigten Schülerdemo, die in der Lautenschlagerstraße stattfand und im Schlossgarten enden sollte. Wer eins und eins zusammenzählen kann, dem muss klar gewesen sein, dass die Schüler bei Beginn der Polizeiaktion in den Nahe gelegenen Schlossgarten eilen. Aus den StN, 2.10.2010: Allein deshalb hätte Polizeipräsident Siegfried Stumpf die Zaunaufstellung einige Tage verlegen müssen. „Dem standen wohl politische Wünsche entgegen“, deutet ein Polizeibeamter an.

Solche Szenen hat Deutschland noch nicht gesehen. Die Polizei geht mit massiver Gewalt gegen weitestgehend friedlich demonstrierende Kinder und Jugendliche vor. Das Bild der Demokratie wurde an diesem Tag für viele junge Leute geprägt. Es gibt 300 bis 400 Verletzte. Vier Personen haben durch den Wasserwerfer schwerste Augenverletzungen erlitten. Bei einem der Verletzten steht fest, dass er auf einem Auge nicht mehr sehen kann, auf dem anderen Auge erkennt er nur noch Schemen. Was dieser Mensch wohl dachte, als Innenminister Heribert Rech den Wasserstrahl als „feuchten Sprühnebel“ bezeichnete? Das Image der Polizei ist auf Jahre hinaus beschädigt. Polizisten werden in Stuttgart als „Kinderprügler“ tituliert.

Interessant die Meinung des Polizeiwissentschaftlers Thomas Felten (StZ, 2.10.2010): „Es spricht vieles dafür, dass bei diesem Einsatz von Anfang an keine Deeskalation geplant war, sondern eine harte Linie. Dass die Polizei gleich mit Wasserwerfern angerückt ist, war darauf angelegt, Stärke zu zeigen. Auch die Ausstattung der Einsatzkräfte spricht dafür: In eine friedliche Demonstration geht man nicht mit Vollschutz, sondern mit möglichst wenig Ausstattung, um Aggressionen erst gar nicht hochkommen zu lassen. Man hat das Gefühl, die Politik wollte diesen Konflikt.“

Ich finde es ist wichtig, dass dieser Fall restlos aufgeklärt wird. Insbesondere inwieweit die Politik Einfluss auf die Polizeiaktion genommen hat.


3. Ist Stuttgart 21 demokratisch legitimiert? (23.10.2010)

„Stuttgart 21 ist demokratisch legitimiert“ ist das derzeitige Hauptargument der Stuttgart 21 Befürworter. Richtig ist, dass Stuttgart 21 mehrheitlich beschlossen wurde. Aber für was haben die Entscheidungsträger ihre Stimme abgegeben?

Dazu Auszug aus dem Stern-Artikel vom 14.10.2010
Aufgrund von Gutachtern, die ihre institutseigene Planung begutachteten (Ergänzung: gemeint sind die Herren Heimerl und Martin von der Uni Stuttgart), votierten Parlamentarier im Landtag und Bundestag für S21. Kritische Expertisen hingegen, die den Einschätzungen der Stuttgarter Professoren fundiert widersprachen, wurden von der Landesregierung unter Verschluss gehalten... Die Abgeordneten kannten also gar nicht die Risiken von S21, wussten nicht, dass mit dem milliardenschweren Tiefbahnhof ein struktureller Verkehrsengpass geschaffen wird...“

Dazu Frankfurter Rundschau vom 19.8.2010
„Doch inzwischen ist unstrittig: Als Bundes- und Landtag, Stadt Stuttgart und Bahn-Aufsichtsräte S21 einst abnickten, waren ihnen viele Risiken nicht bekannt. Das Projekt wurde gnadenlos schöngerechnet, kritische Stimmen und unliebsame Faktoren rigoros unterdrückt. Zum Beispiel der Bedarf: Ohne S21 drohe Stuttgart der Verkehrskollaps, die Stadt verliere den Anschluss ans europäische Hochgeschwindigkeitsnetz, heißt es heute. In Wirklichkeit ist Stuttgart einer der leistungsfähigsten deutschen Bahnknoten. Engpässe sind bis 2025 kaum zu befürchten. Das belegt unter anderem eine bisher verschwiegene Studie der Gutachter K+P für die IHK Stuttgart.“

Stuttgart 21 sollte anfangs 2,5 Milliarden Euro kosten. Aktueller Kostenstand: 4,9 Milliarden Euro (die Einsparvorschläge existieren bisher nur auf dem Papier). Experten rechnen mit Kosten von mindestens 7 Milliarden Euro. Eine gewisse Kostensteigerung ist akzeptabel, aber doch nicht um das Dreifache!

Ich weiss nicht, ob man von einer demokratischen Legitimation sprechen kann, wenn die Parlamentarier bewusst getäuscht wurden.


4. Wer sind die Fortschrittsverhinderer? (23.10.2010)

Sind die Kopfbahnhof 21 Befürworter die Fortschrittsverhinderer oder die Stuttgart 21 Befürworter? Für mich ist der Nutzen für den Bahnverkehr die entscheidende Frage.

Ich behaupte folgendes zu Stuttgart 21:

- Viel Geld fließt in ein zentrales Projekt. Das Geld fehlt für andere sinnvollere Bahnprojekte in der Fläche.
- Fahren im Tunnel und beengte Platzverhältnisse im Tiefbahnhof machen das Bahnfahren unattraktiver.
- Züge können nicht mehr so gut im Bahnhof aufeinander warten wie heute.
- Stuttgart 21 ist kaum leistungsfähiger als der heutige Bahnhof und besitzt einige Engpaßstellen.
- Stuttgart 21 ist in Stein gemeißelt bzw. in Zement gegossen. Es kann so gut wie nicht erweitert werden.
- Störfälle wirken sich massiver aus als heute. Bestimmte Störfälle führen zum Verkehrschaos.
- Es besteht ein Risiko, dass durch die Tunnelbauweise in Anhydrit-Gestein hohe Folgekosten entstehen.

Wen wundert es da, dass unabhängige Verkehrsverbände wie der Verkehrsclub Deutschland und Pro-Bahn so vehemente Gegner von Stuttgart 21 sind.

PS: Meine bisherigen E-Mails finden sich unter: www.siegfried-busch.de
Dort in der rechten Spalte „SONSTIGES!!!“ --> M. Rupp

Viele Grüße
M. Rupp


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E-Mail 11: 11.09.2011
Stuttgart 21: Lügen, Presse, Stresstest, etc. (11.09.11)

Liebe Stuttgart-21-Interessierte,

ich habe schon lange keine Stuttgart 21 E-Mail mehr an meinen großen Verteiler verschickt. Die Motivation, meine E-Mails im Zeitraum von Mai 2009 bis Oktober 2010 zu schreiben, war, dass das Stuttgarter Zeitungswesen den Widerstand und die Kritik an Stuttgart 21 totgeschwiegen hatte. Nur wenige Insider kannten vor zwei Jahren das Alternativkonzept K21 (Kopfbahnhof 21). Deshalb auch immer die Bitte, die E-Mails nach dem Schneeballprinzip an eigene Freunde und Bekannte weiterzuleiten.

Meine Emails können unter folgendem Link nachgelesen werden:
http://www.siegfried-busch.de/page23/page31/page31.html

Diese E-Mail deckt keine Neuigkeiten auf. Viele Stuttgarter Bürger kennen sich in der Zwischenzeit sehr gut mit dem Thema aus. Es geht mir darum, Leute zu informieren, die sich nicht so intensiv mit dem Thema beschäftigt haben.

Ich hoffe, dass sich niemand ärgert, wenn er meine Stuttgart-21-Mail erhält. Viele können das Thema nicht mehr hören. Ich kann das gut nachvollziehen - es geht ja auch schon eine halbe Ewigkeit. Viele meinen, dass es nur darum geht, dass der Bahnhof nach unten soll. In Wirklichkeit geht es um viel mehr. Es geht darum, dass:

- der Großraum Stuttgart ein problematisches Bahnsystem erhält
- massiv Steuergelder verschwendet werden
- unsere Volksvertreter durch falsche Versprechungen getäuscht wurden.


Kapitel

1. So wird's gemacht ...
2. Die große Politik
3. Das Tragische an Stuttgart 21
4. Lügenpack
- Lüge-1: Kosten
- Lüge-2: Leistungsfähigkeit
- Lüge 3: Dauerarbeitsplätze
5. Das Stuttgarter Pressewesen
6. Gewalt gegen Polizisten
7. Die SPD und der Volksentscheid
8. Stresstest bestanden?
9. Nachtrag zur „Schlichtungsveranstaltung“
10. Die Kombilösung



1. So wird's gemacht ... (11.09.2011)
damit ein paar Wenige das große Immobiliengeschäft machen

- Alternative Lösungen werden nicht detailliert untersucht bzw. schlechtgerechnet
- Bei der eigenen Lösung (Stuttgart 21) wird gelogen, dass sich die Balken biegen (Kosten, Leistungsfähigkeit, Arbeitsplätze)
- Die Gegner werden als Fortschrittsverhinderer, Ewiggestrige, Asoziale, etc. diffamiert
- Nachdem der Schwindel aufgeflogen ist, wird versucht, Fakten zu schaffen, damit das ganze nicht mehr umzukehren ist (Abrissarbeiten, Vergabe von Bauaufträgen)
... und die Presse in Süddeutschland spielt mit


2. Die große Politik (11.09.2011)

Bis vor einem Jahr war Stuttgart 21 mehr oder weniger ein lokales Thema, bei dem es im Wesentlichen um die Frage ging, ob es sich um ein sinnvolles Projekt handelt oder nicht. Dann kam der große öffentlich sichtbare Widerstand der Bürger auf und die sogenannte Schlichtung, die das Projekt deutschlandweit bekannt machte. Bei der Landtagswahl in Baden Württemberg war der Streit um Stuttgart 21 einer der wesentlichen Gründe, warum es erstmals in der Geschichte Deutschlands einen grünen Ministerpräsidenten gibt und das ausgerechnet in einem Bundesland, das 58 Jahre von der CDU regiert wurde. Das hat allerdings zur Folge, dass es jetzt nicht nur um dieses Projekt geht, sondern auch um die zukünftige Machtverteilung in Deutschland. Meiner Meinung nach hat die CDU/CSU die Weisung ausgegeben: „Stuttgart 21 darf nicht zur weiteren Erfolgsgeschichte der Grünen werden.“ Aufgrund dieser politischen Beweggründe will die CDU/CSU, dass Stuttgart 21 durchgesetzt wird.


3. Das Tragische an Stuttgart 21 (11.09.2011)

Heute hat Stuttgart den pünktlichsten Fernbahnhof in ganz Deutschland (Stiftung Warentest Dezember 2010). Der Bahnknoten Stuttgart könnte durch Optimierungen für den Bahnfahrer noch attraktiver gestaltet werden (z.B. K21). Stuttgart 21 dagegen wird dazu führen, dass das Bahnfahren im Großraum Stuttgart unattraktiver wird. Es wird keine Verlagerung des Autoverkehrs auf die Schiene stattfinden. Es lebe der Stau! Genauso tragisch ist der Effekt für die Verlagerung des LKW-Verkehrs auf die Schiene. Bei Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm wird kein einziger LKW auf die Schiene verlagert. Aber genau dieses Geld fehlt der Bahn, um den Güterverkehr zu verbessern. Verkehrsexperten hatten berechnet, dass man die Gütertransportkapazität des deutschen Schienennetzes bis 2025 verdoppeln könnte, wenn man das Geld für Stuttgart 21 und die Neubaustrecke dort investieren würde! (Quelle: Gutachten Beratungsunternehmen KCW für das Umweltbundesamt, August 2010)

Der achtgleisige Stuttgart 21-Bahnhof und die Zulaufstrecken sind zu klein dimensioniert. Das führt dazu, dass die durchschnittliche Umsteigezeit zwischen den Zügen größer werden wird.

Der Stuttgart 21-Bahnhof ist mit 49 Zügen bereits am Ende seiner Leistungsfähigkeit angelangt. Es wird zwar behauptet, dass man später ein neuntes und zehntes Gleis hinzufügen könnte. Dies ist leider auch eine der viele Unwahrheiten. Es ist einfach kein Platz für die zusätzlichen Gleise vorhanden. Damit wird der Bahnhof zum "Zukunftsverhinderer".

Der Stuttgart 21-Bahnhof und die Zulaufstrecken können "wirklichen Stress" nicht so gut bewältigen wie der heutige Bahnhof. Der heutige Bahnhof (damit meine ich nicht das S-Bahn System) hat in den vergangenen 80 Jahren bei "Stress" durch Unauffälligkeit geglänzt. Stuttgart 21 wird an den meisten Tagen im Jahr auch funktionieren, aber an ein paar Tagen eben nicht mehr so gut wie heute.

... tragisch sind natürlich auch die Zerstörungen in Stuttgart.


4. Lügenpack (11.09.2011)

Der Begriff „Lügenpack“ ist falsch, weil zu allgemein. Die falschen Behauptungen stammen nur von Wenigen. Mit Sicherheit wurden viele der Stuttgart 21-Befürworter mit falschen Versprechungen getäuscht und haben diese nur weitergegeben. Viele wurden geblendet von „Gold und Edelsteinen“, die man versprochen hatte. Notwendig ist eine Recherche, von wem die Lügen stammen. Als Lügner bezeichne ich diejenigen, die bewusst die Öffentlichkeit mit falschen Zahlen getäuscht haben. Die Lügner müssen namentlich benannt werden! Macht die Lügner öffentlich! Wie wäre es mit einem "Stuttgart 21 Lügner Buch"?


Lüge-1: Kosten (11.09.2011)

Viele denken, es kommt viel Geld nach Baden-Württemberg: "Endlich endlich kommt auch mal Geld zu uns und fließt nicht über den Länderfinanzausgleich in die anderen Bundesländer." Auch Bahnchef Grube sagte schon: "Stuttgart 21 ist ein Geschenk der Bahn".
Falsch. Wenn man eine Gesamtkostenbetrachtung macht, kommt heraus, dass Stuttgart 21 fast ausschließlich von Baden Württemberg und der Stadt Stuttgart bezahlt wird.

Details sind hier zu finden:
http://www.infooffensive.de/2011/07/die-finanzierungsluge/

Seit Juli 2011 liegen die Beweise (DB interne Protokolle) auf dem Tisch: Die Deutsche Bahn hat die Öffentlichkeit und das Parlament jahrelang systematisch mit falschen Kostenangaben belogen.

Die Bahn errechnete am 15.10.2002 2,6 Milliarden Euro für die Neubaustrecke Wendlingen - Ulm. Nach außen kommunizierte die Bahn nur 1,35 Milliarden Euro. 8 Monate später wurde die CDU eingeweiht. Damit die Neubaustrecke und damit auch Stuttgart 21 nicht gestrichen wird, beschlossen CDU und Bahn, die wahren Kosten der Öffentlichkeit und dem Parlament vorzuenthalten. Das Protokoll vermerkte dazu wörtlich: "Bis zur endgültigen Verabschiedung dürfen daher keine neuen Baukosten kommuniziert werden, um keine unzeitgemäße Diskussion auszulösen."

Das Gleiche auch bei Stuttgart 21. Beim Abschluss der Finanzierungsvereinbarung am 02.04.2009 gab die Bahn die Kosten für Stuttgart 21 mit 3,076 Milliarden Euro an. Intern hatte die Bahn Ende Oktober 2008 aber bereits 3,927 Milliarden Euro errechnet.

Der ehemalige DB-Vorstand Garber sagte, als er für die Bahn die Finanzierungsvereinbarung unterschrieb: "Er sei überzeugt, dass wir (die Bahn) die 120 Kilometer im Budget schaffen". Er kannte natürlich die viel höheren internen Kostenberechnungen. Ich nenne das schamlos. Wäre die Bahn ein privatrechtliches Unternehmen, wäre die Finanzierungsvereinbarung eindeutig hinfällig. Es würde sich um den Tatbestand der arglistigen Täuschung handeln. Es ist zum Verzweifeln: Die Bahn betrügt ihren Eigentümer den Bund, dieser geht aber nicht gegen die Bahn vor, da im Bund die CDU regiert.


Lüge-2: Leistungsfähigkeit (11.09.2011)

Die DB schrieb 1999 in ihrem Projektmagazin: "Der heutige Kopfbahnhof und die Bahntrassen Richtung Ulm werden das Zugaufkommen des Jahres 2010 nicht mehr bewältigen. Mit Stuttgart 21 schafft die Deutsche Bahn AG jetzt die erforderlichen Kapazitäten." Diese Aussage hat sich als falsch herausgestellt. Im Jahr 2010 konnte das Zugaufkommen problemlos abgewickelt werden und es gab und gibt noch erhebliche Reserven. Dazu schrieb die Frankfurter Rundschau: "In Wirklichkeit ist Stuttgart einer der leistungsfähigsten deutschen Bahnknoten. Engpässe sind bis 2025 kaum zu befürchten. Das belegt unter anderem eine Studie der Gutachter K+P für die IHK Stuttgart (2009)." ... aber man brauchte ja eine Begründung für das Projekt Stuttgart 21.

Präsentation von OB Dr. Wolfgang Schuster, Dezember 2008, Das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm:
"Die Verkehrskapazität von Stuttgart 21 wird dabei um 100 Prozent höher sein als beim heutigen Kopfbahnhof." Auch das ist falsch. Stuttgart 21 kann nicht mehr Züge abwickeln als der heutige Kopfbahnhof. Betrachtet man noch weitere Leistungskriterien (Wartezeiten der Bahnfahrer, Platz auf den Bahnsteigen, Bewältigung von Stresssituationen) ist Stuttgart 21 sogar weniger leistungsfähig als der heutige Kopfbahnhof.

Interessant auch, wie die doppelte Leistungsfähigkeit zustande kam. Die Bahn beauftragte 2005 den Leiter des Verkehrswissenschaftlichen Instituts der Universität Stuttgart Prof. Ullrich Martin. Dieser hat natürlich ein großes Interesse an diesem weltweit einzigartigen Bahnprojekt und darüber hinaus ist sein Institut abhängig von der Deutsche Bahn. Die Bahn gab ihm die Zughaltezeiten vor: Zum Beispiel bei einem Regionalexpress 1 Minute bei Stuttgart 21, jedoch gewaltige 6 Minuten bei Kopfbahnhof 21. 1 Minute Haltezeit ist jedoch ein Wert, der völlig praxisfern ist. Der Professor ließ dann noch die leistungsmindernden Zulaufstrecken bei Stuttgart 21 weg und heraus kam - wen wundert es - die doppelte Leistungsfähigkeit. Über die Berechnungen schrieb er dann noch das Wort "Gutachten". Pikant, dass aufgrund dieses Gutachtens der Verwaltungsgerichtshof Mannheim im Jahre 2006 eine Klage gegen Stuttgart 21 abwies.

Für mich völlig unverständlich ist, wenn OB Dr. Wolfgang Schuster nach der Präsentation des Stresstests sagt, "... dass der neue Bahnhofsknoten deutlicher leistungsfähiger ist." (StN, 30.07.2011).
Wie kommt er zu dieser Aussage?

Im Gegenzug wurde versucht, das Alternativkonzept schlechtzumachen. (Präsentation von OB Dr. Wolfgang Schuster, Dezember 2008) "Bei Kopfbahnhof 21 verliert der Stuttgarter Hafen seinen Bahn-Anschluss. Das bedeutet 400.000 zusätzliche LKW-Fahrten pro Jahr." Es handelt sich schlichtweg um eine Unterstellung, die nicht zutreffend ist. Seit Androhung einer Strafanzeige seitens der K21-Befürworter wurde diese Behauptung nicht mehr kommuniziert.


Lüge 3: Dauerarbeitsplätze (11.09.2011)

Dauerarbeitsplätze sind solche, die dauerhaft entstehen, wenn alle Bauarbeiten (auch der Bau der Häuser) abgeschlossen sind. Für den Bau selbst entstehen zweifelsohne viele Arbeitsplätze. Allerdings würde mindestens genauso viele Arbeitsplätze entstehen, wenn die Schulen saniert würden oder K21 gebaut würde.

Auf den S21 Werbeplakaten stand (aus der Kampagne "die-guten-Argumente-überwiegen", Juli 2010)
ES STIMMT, ...
ES STIMMT ABER AUCH, dass Stuttgart 21 rund 10.000 Dauerarbeitsplätze schafft
... stärken die regionalen mittelständischen Unternehmen im Land und schaffen rund 10.000 neue dauerhafte Arbeitsplätze

oder Wolfgang Drexler: "...und 10.000 Dauerarbeitsplätze, die S21 schaffen wird ..." (Stuttgarter Stadtanzeiger, 21.10.2009).

In Wahrheit gibt es durch Stuttgart 21 so gut wie keine neuen dauerhaften Arbeitsplätze. Die Zahl "10.000" kam zustande, indem einfach die Arbeitsplätze der Neubaustrecke dazugezählt wurden. Zieht man diese ab, wären es nur noch 2.600 Arbeitsplätze für Stuttgart 21. Aber auch dabei handelt es sich nicht um neue Arbeitsplätze, sondern um Arbeitsplätze, die aus anderen Teilen der Stadt und aus der umliegenden Region nach Stuttgart verlagert würden. In den 90-igern Jahren war sogar von 24.000 Dauerarbeitsplätzen durch Stuttgart 21 die Rede - hört sich doch gut an!

Das Stuttgarter IMU Institut (eine unabhängige Beratungs- und Forschungseinrichtung) schrieb in einer eigenfinanzierten Untersuchung: Durch Stuttgart 21 entsteht nicht - wie behauptet - ein wichtiger "Jobmotor für die Region". Vielmehr seien die Beschäftigungswirkungen von Stuttgart 21 wie auch von K21 sehr bescheiden (März 2011)

Bei all diesen Unwahrheiten ist es schwer zu glauben, dass für das Stuttgarter Mineralwasser keine Gefahr bestünde.

Es klingt wie Hohn, wenn ich höre, Stuttgart 21 wurde demokratisch legitimiert und ist durch alle Instanzen gegangen. Richtig ist, dass die von uns gewählten Politiker Stuttgart 21 zugestimmt haben. Richtig ist aber auch, dass sie dies aufgrund von vielen falschen Versprechungen gemacht haben. Wie konnte man sich als Politiker auch dem Projekt verschließen, wenn der Region Stuttgart "Gold und Edelsteine" versprochen wurden?

Leben wir in einem Betrüger- und Schurkenstaat? Akzeptieren wir, dass gelogen wird um andere zu täuschen. als normales Geschäftsverhalten? Akzeptieren wir, dass die Betrüger in Maßanzügen unbehelligt davonkommen und gleichzeitig bestrafen wir die Verkäuferin, die ein altes Brötchen mit nach Haus nimmt?


5. Das Stuttgarter Pressewesen (11.09.2011)

Der Monopolist Stuttgarter Pressewesen spielt zusammen mit dem Monopolisten "DB AG" die entscheidende Rolle bei Stuttgart 21. Der ehemalige außenpolitischen Ressortleiter der Stuttgarter Zeitung Adrian Zielcke hatte geschrieben: "Ohne die Zustimmung der 'Stuttgarter Zeitung' zu diesem Großprojekt würde, so vermute ich einfach mal, Stuttgart 21 nie gebaut werden." (StZ, 27.2.2010). Wohl wahr! Zum einen hat das Stuttgarter Zeitungswesen den Widerstand gegen das Projekt totgeschwiegen, so dass viele Leute glauben, dass es früher keinen Widerstand gab - warum habt ihr nicht schon früher demonstriert? Zum anderen wurden nur die Werbeaussagen der Bahn übernommen und das Projekt nicht kritisch beleuchtet.

Fast niemand weiß, dass - lässt man die BILD-Zeitung einmal aussen vor - der größte Zeitungskonzern Deutschlands in Stuttgart sitzt. Der Name des Zeitungskonzerns ist SWMH (Süd Westdeutsche Medien Holding). Ihr Chef heißt Dr. Richard Rebmann aus Oberndorf am Neckar. Fast niemand kennt den vielleicht mächtigsten Mann in Süddeutschland.

Zur SWMH gehören:

Stuttgarter Zeitung, Stuttgarter Nachrichten (mit den Lokalausgaben Fellbacher Zeitung, Kornwestheimer Zeitung, Marbacher Zeitung sowie der Sonntag Aktuell), Stuttgarter Wochenblatt, Süddeutsche Zeitung (seit 2008), Eßlinger Zeitung (24%, dazu gehören die Cannstatter Zeitung, Untertürkheimer Zeitung), Südwest Presse (Ulm), Reutlinger General-Anzeiger, Schwarzwälder Bote und viele andere Zeitungen mehr.

Die Stuttgarter Nachrichten erstellen die überregionalen Seiten (Mantel) folgender Lokalzeitungen: Backnanger Kreiszeitung, Gäubote, Heidenheimer Neue Presse, Mühlacker Tagblatt, Murrhardter Zeitung, Nürtinger Zeitung/Wendlinger Zeitung, Rems-Zeitung, Sindelfinger Zeitung/Böblinger Zeitung, Kreiszeitung Böblinger Bote, Vaihinger Kreiszeitung, Waiblinger Kreiszeitung/Schorndorfer Nachrichten/Welzheimer Zeitung/Winnender Zeitung.

Das ist das Erschreckende: Wir haben in Süddeutschland leider keine Pressevielfalt mehr!!!

Alle Stuttgarter Zeitungen des SWMH-Konzern sind für Stuttgart 21. Das haben sie auch schon geschrieben. Nur ist das vielen Lesern nicht bewusst, wenn sie einen Artikel über Stuttgart 21 lesen. Mag schon sein, dass eine Zeitung eine Position beziehen darf und dass dies in den Kommentaren zum Ausdruck kommt. Nichtsdestotrotz sollte die Berichterstattung ausgewogen sein - und das ist bei dem Thema "Stuttgart 21" leider nicht der Fall!

Stuttgarter Nachrichten, 03.04.2009
Titelseite, Kommentar des Leiters Lokalressort Jörg Hamann der Stuttgarter Zeitung schreibt nach der Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarung: "Dass wir als Zeitung diese Entwicklung ... begrüßen, ist richtig."

Stuttgarter Zeitung, 01.09.2010
Titelseite, Kommentar des stellvertretenden Chefredakteurs Michael Maurer: "Die Stuttgarter Zeitung hat schon lange eine klare Haltung zu Stuttgart 21: Wir sehen das Vorhaben positiv, weil wir in dem Ausbau der Schieneninfrastruktur eine große Chance für die Stadt, für die Region und das Land erkennen." (Anmerkung: Leider handelt es sich um keinen Ausbau der Schieneninfrastruktur, sondern um einen Rückbau).

Stuttgarter Wochenblatt. 01.04.2010
Titelseite, Chefredakteur Bernd Ruof: "Es geht uns dabei auch darum, Stuttgart 21, das viele Bürger ja immer noch ablehnen, mit offenen Armen zu begrüßen."


So arbeiten die Stuttgarter Nachrichten

Die Stuttgarter Nachrichten (StN) haben auch schon negativ über Stuttgart 21 berichtet. Aber diese sich gegen Stuttgart 21 richtenden Informationen werden fast nie durch die StN aufgedeckt, sondern kommen fast ausschließlich von anderen Quellen (Ausnahme StN, 21.10.2009: Die versprochenen 5.000 Bäume haben gar keinen Platz, es würde ein Wald entstehen). Das heißt: "Investigativer Journalismus" ist hier Fehlanzeige. Man hat den Eindruck, dass man der "eigenen Sache" nicht schaden will. Diese Zeitung verdient die Bezeichnung "4. Gewalt im Staat" nicht! Sie wird ihrer Verantwortung nicht gerecht!

Auffällig ist, dass alle Redakteure an den entscheidenden Stellen Befürworter von Stuttgart 21 sind. Mag schon sein, dass es in der Redaktion auch hitzige Diskussion zum Thema Stuttgart 21 gibt. Aber am Ende entscheiden die "linientreuen" Chefredakteure. Gebetsmühlenartig gebrauchen sie in ihren Kommentarspalten immer und immer wieder die gleichen Worte: "Stuttgart 21 wird gebaut, ist alternativlos, unumkehrbar, demokratisch legitimiert, K21 keine Alternative, etc."

Es werden Werbeveranstaltungen mit dem Namen "Forum Stuttgart 21" abgehalten. Es heißt: "Forum Stuttgart 21 versteht sich als Plattform der Information und der Diskussion". Das Problem ist, dass fast nur Befürworter von Stuttgart 21 eingeladen werden (2008 Tiefensee, 2009 Ingenhoven, 2010 Grube, 2011 Dr. Schuster mit anderen). Am nächsten Tag kommt dann ein zweiseitiger Bericht nach dem Motto: "Stuttgart 21 wurde kritisch beleuchet, ist aber ein tolles Projekt."

Genauso ist es auch bei der Auswahl der Interview-Partner. Es kommen deutlich mehr Stuttgart 21-Befürworter als Stuttgart 21-Gegner zu Wort. Ähnlich verhält es sich mit der Themenauswahl. Themen, die gegen Stuttgart 21 sprechen, werden oft nur oberflächlich abgehandelt oder erst gar nicht berichtet. Ein aktuelles Beispiel ist die fehlende kritische Auseinandersetzung mit dem Ergebnis des Stresstests.

Was soll man nun machen? Seine Zeitung kündigen? Morgens beim Kaffee seine Zeitung zu lesen, ist für viele ein Stück Lebensqualität und man möchte ja auch informiert sein, was im "Städtle" so passiert. Denjenigen, die nicht auf ihre Lokalzeitung verzichten können, rate ich, von den Stuttgarter Nachrichten auf die Stuttgarter Zeitung umzusteigen. Die Stuttgarter Nachrichten fahren ihren Stuttgart 21-Werbekurs ungeniert weiter, die Stuttgarter Zeitung berichtet seit ca. 1 Jahr etwas ausgewogener. Ganz einfach: Postkarte an Pressehaus Stuttgart, Plieninger Straße 150, 70567 Stuttgart senden.

Man kann nur vermuten, warum das Stuttgarter Zeitungswesen so einseitig über Stuttgarter 21 berichtet. Gibt es eine Weisung von oben? Wurden die Journalisten von der Bahn hofiert? Wurden die Journalisten über den Tisch gezogen und wollen nun ihr Gesicht nicht verlieren? Haben die Journalisten gar keine Zeit mehr für aufwendige Recherchen und haben die Werbebroschüren der Bahn einfach abgeschrieben?

Aufgrund der einseitigen Berichterstattung hat sich auch eine neue Monatszeitung mit dem Titel "Einundzwanzig" gebildet. Einundzwanzig versteht sich als unabhängige Zeitung, die zu Themen aus Politik, Kultur und Gesellschaft in der Region Stuttgart und Baden-Württemberg kritisch berichten will.. Ich rate diese zu unterstützen! Info's unter:
http://www.21einundzwanzig.de


6. Gewalt gegen Polizisten (11.09.2011)

Jeder Kopfbahnhof-Befürworter, der am 30.09.2010 der Polizeikette gegenüber gestanden hat, kennt diese Wut im Bauch. Die Wut richtet sich gegen die Polizisten, weil sie an vorderster Front stehen. Viele der Polizisten sind auch gegen Stuttgart 21, müssen sich aber neutral verhalten. Man muss sich immer im Klaren sein, dass die Polizisten ihren Job machen müssen. Ich höre oft: „selber schuld, dass sie diesen Job gewählt haben“. Aber was wäre, wenn es keine Polizei gäbe: Hätten wir dann nicht ein Chaos im Land? Auch am 30.09.2010 hatte die Polizei die Aufgabe den Schlossgarten zu räumen - ich hatte schon darüber geschrieben. Was noch im Nachhinein anzumerken ist. Durch die Unverhältnismäßigkeit des Vorgehens (Reizgas gegen Kinder, etc.) wurde das Ansehen der Polizei auf Jahre hinaus beschädigt, und weiterhin auch weil innerhalb der Polizei niemand die Verantwortung für die Fehler übernehmen wollte. Die Polizei schützt also die Missetäter in ihren eigenen Reihen.

Am 20.06.2011 wurde bei der Besetzung des Grundwassermanagement-Geländes ein Polizist in Zivil von einem Demonstranten mehrfach ins Gesicht geschlagen. Das ist durch nichts zu rechtfertigen und sehr bedauerlich. Bedenkenswert ist allerdings, was in dem Polizeibericht stand: Weitere 8 Polizeibeamte hätten durch die Explosion eines Knallkörpers ein Knalltrauma erlitten. Es war schnell klar, dass dies nicht sein konnte, da mehrere Demonstranten unverletzt blieben, die näher an dem Knallkörper standen als die Polizisten. Derartige Anschuldigungen sind nicht dazu angetan, das Vertrauen in die Polizei wieder herzustellen. Für die Presse war der Polizeibericht natürlich eine Steilvorlage: 9 Polizisten verletzt. Man muss sich fragen: Wie kam dieser Polizeibericht zustande, wer steckt dahinter?


7. Die SPD und der Volksentscheid (11.09.2011)

Bei der SPD muss man unterscheiden zwischen der SPD-Führung und zwischen den SPD-Parteimitgliedern. Die SPD Führung spricht sich zwar für Stuttgart 21 aus, die Partei ist aber in dieser Frage in sich zerstritten. Die SPD Führung spricht zwar immer davon, dass man das Volk entscheiden lasse, also einen Volksentscheid durchführen müsse. Aber eine Befragung ihrer eigenen Mitglieder über Stuttgart 21 möchte die SPD nicht durchführen. Auch der von der SPD mit so viel Vehemenz geforderte Volksentscheid ist eine Mogelpackung. Jeder weiß, auch die SPD, dass das Quorum in Baden-Württemberg nicht zu erreichen ist. Dabei müsste ein Drittel aller wahlberechtigten Bürger in Baden-Württemberg gegen Stuttgart 21 stimmen. Das wären 2,5 Millionen der ingesamt 7,6 Millionen Bürger. Die Bürger sollen also über etwas abstimmen, von dem von vorne herein klar ist, dass keine Aussicht auf Erfolg besteht. Allerdings gibt es auch einen positiven Nebeneffekt. Es kommt Druck auf das Thema, dass Baden-Württemberg zusammen mit dem Saarland die schlechtesten Bedingungen für einen Volksentscheid hat. Nichtsdestotrotz sollte man zur Wahl gehen! Auch das Verhältnis von "Ja" zu "Nein" Stimmen hat eine hohe Aussagekraft!

Viele der Stuttgarter Bürger fragen sich, warum gerade die SPD, früher als Partei des kleinen Mannes bezeichnet, diese Bereicherung einzelner so willfährig unterstützt. Das Argument, der Wähler muss sich auf den Kurs einer Partei verlassen können, scheint mir nur vordergründig zu sein. Auch die SPD wurde getäuscht. Aber warum halten die Altvorderen der SPD wie Claus Schmiedel und Wolfgang Drexler so hartnäckig an Stuttgart 21 fest? Geht es Ihnen darum, ihre Position durchzusetzen oder wollen sie einfach nur ihr Gesicht nicht verlieren?


8. Stresstest bestanden? (11.09.2011)

Im Schlichterspruch steht: "Die Bahn muss mittels Simulation den Nachweis führen, dass ein Fahrplan mit 30 Prozent Leistungszuwachs in der Spitzenstunde mit guter Betriebsqualität möglich ist." Der sogenannte Stresstest besteht also aus zwei Punkten: Mehrleistung von 30% Züge und guter Betriebsqualität.

30% mehr Züge

Heute stehen im Fahrplan in der Spitzenstunde (7 bis 8 Uhr) 37 Züge. Die Bahn rechnet nun 30% dazu und kommt somit auf 49 Züge. Unglücklicherweise wurde nach der Verkündung des Schlichterspruchs die Maßzahl 49 Züge akzeptiert. Laut Fahrplan von Anfang 2011 wurden auch schon 44 Züge abgewickelt und viele Bahnexperten sagen, es könnten heute auch schon 49 Züge den Kopfbahnhof passieren. Das heißt, Stuttgart 21 kann nicht mehr Züge abwickeln als der 82 Jahre alte Kopfbahnhof! Wen wundert es da, dass die Bahn die Leistungsfähigkeit des heutigen Kopfbahnhofes nicht genauer untersuchen will! Interessant auch, wie es die Bahn geschafft hat, die 49 Züge zu erreichen. Entgegen aller Zusagen (... man kennt das ja von der Bahn) hat die Bahn den Stresstest im stillen Kämmerlein durchgeführt. Hier ein Teil der Tricks: Man verkürzt die Züge, so dass zwei Züge hintereinander am gleichen Bahnsteig halten können, oder streicht einfach zugesagte Züge aus dem Fahrplan. Weitere Tricksereien finden sich in dem Artikel "Schummeln 21" von Boris Palmer in der FAZ vom 03.08.2011
http://www.bei-abriss-aufstand.de/wp-content/uploads/Schummeln21_Boris-in-der-FAZ.pdf

Gute Betriebsqualität

"Gute Betriebsqualität" hieß nach den früheren Bahnrichtlinien, dass ein Bahnhof Verspätungen abbauen kann. Die Gutachterfirma SMA attestiert Stuttgart 21 aber nur die Qualität "wirtschaftlich optimal". Das hört sich zunächst einmal gut an, heißt aber, dass Stuttgart 21 eben keine Verspätungen abbauen kann. Somit wird eine gute Betriebsqualität nicht erreicht, das heißt der Stresstest ist nicht bestanden.

Die Bahn behauptet trotzdem, der Stresstest sei bestanden und einige Zeitungen drucken dies willfährig ab. Bemerkenswert ist, dass die Gutachterfirma SMA nicht davon spricht, dass der Stresstest bestanden sei. SMA sagt, es war kein Stresstest, sondern eine Simulation von 49 Zügen und diese Simulation sei bestanden mit der Qualität "wirtschaftlich optimal".

Übrigens ist der Begriff "Stresstest" genauso irreführend wie der Begriff "Schlichtung". Berücksichtigt wurden in der SMA-Simulation lediglich Verspätungen, nicht aber richtiger Stress wie Weichenstörungen, Gleissperrungen, Sperrung des S-Bahn Tunnels, Personenunfälle, liegengebliebene Züge, Zugbrände. Der heutige Kopfbahnhof hat viele Jahrzehnte bewiesen, dass er gut mit wirklichem Stress umgehen kann, indem er durch Unauffälligkeit geglänzt hat. Stuttgart 21: Ein Schildbürgerstreich: Für viele Milliarden erhält der Bahnkunde ein Bahnsystem, das schlechter funktioniert als das alte.


9. Nachtrag zur „Schlichtungsveranstaltung“ (11.09.2011)

Oft hört man: „Ihr hattet doch die Schlichtung und Heiner Geißler hat am Ende empfohlen, dass weitergebaut werden soll." Er sprach diese Empfehlung aus, unter anderem mit der Begründung, dass Stuttgart 21 genehmigt sei und Baurecht hätte und K21 nicht. Das ist aber falsch. Bei Stuttgart 21 sind 2 von den insgesamt 7 Abschnitten noch nicht genehmigt. Und es ist abzusehen, dass der komplexe Filderabschnitt (PFA 1.3) auch nach 9 Jahren Planung nicht genehmigt wird. Es handelt sich bei dem Filderabschnitt um eine planerische Sparlösung. Auch war der Begriff „Schlichtung“ falsch. Selbst Heiner Geißler hat später eingestanden, dass es keine Schlichtung geben konnte. Der Bahnhof kommt entweder unter die Erde oder bleibt oben. Es handle sich um einen Austausch der Argumente zwischen den zwei Seiten, einem Faktencheck – das ist die richtige Begrifflichkeit. Von wem kam der Begriff "Schlichtung"? Wer betreibt hier „Volksverdummung“?


10. Die Kombilösung (11.09.2011)

Ich wurde oft gefragt, was ich von der Kombilösung halte, also dem Vorschlag des Herrn Geißler einer Kombination von Stuttgart 21 und des bestehenden Kopfbahnhofs (Bezeichnung: SK 2.2). Dieser Vorschlag wurde von dem Bahnexperten Werner Stohler, dem Chef der SMA ausgearbeitet, dem gleichen Mann also, der den Stresstest durchgeführt hat. Bei diesem Vorschlag sollen 4 Gleise für den Fernverkehr in die Tiefe gelegt werden und gleichzeitig der Kopfbahnhof in großen Stücken erhalten bleiben.

Eine ähnliche Kombilösung mit 4 unterirdischen Gleisen wurde bereits 1988 von dem Verkehrswissentschaftler Professor Heimerl entwickelt. Die Idee für Stuttgart 21, also einer "Gesamt-Untertunnelung" stammt aber nicht von einem Verkehrsexperten, sondern von dem Stadtplaner Hansjörg Bohm und zwei Architektenkollegen (September 1990). "Wenn alle Gleise in die Tiefe kommen und das heutige Gleisvorfeld gestrichen wird, eröffnen sich für die Stadt neue städtebauliche Perspektiven. Heimerl beugte sich diesem Gedanken." (StN, 02.08.2011). Man sieht, die Kombilösung ist eine Verkehrslösung. Dagegen ist die Motivation für Stuttgart 21 primär die Stadtentwicklung.

Die Kombilösung ist in meinen Augen eine klar bessere Lösung für den Bahnverkehr als Stuttgart 21. SMA Chef Werner Stohler sagte in einem Interview, dass die Kombilösung aus eisenbahntechnischer Sicht dreimal so gut ist wie Stuttgart 21 (StZ, 04.08.2011). Und das sagt ein unabhängiger Bahnexperte! Die Kombilösung stellt bei anderen Gesichtspunkten (Bäume, Mineralwasser, Grundwasser, Tunnellänge, freiwerdende Fläche, Bahnhofsbau) einen Kompromiss dar. Jede Seite kann natürlich auf seiner Position beharren. Ich denke, man muss in bestimmten Situationen bereit sein, Kompromisse einzugehen! Übrigens würde auch bei der Kombilösung viel Fläche frei werden, da auch wie bei Stuttgart 21 der Abstellbahnhof nach Untertürkheim verlegt werden könnte.

Wie zu erwarten wurde die Kombilösung von vielen bekannten Stuttgart 21 Befürwortern umgehend abgelehnt, ohne diese intensiv geprüft zu haben. Von der Stadt Stuttgart, dem Kommunikationsbüro Stuttgart 21 und weiteren Befürwortern wurde ein „Prüfungsbericht zur Kompromiss-Lösung“ veröffentlicht. Bemerkenswert ist, dass sich anschließend Werner Stohler von der SMA zu Wort gemeldet hat. Er sagt, der Prüfungsbericht enthalte "Falschaussagen". Wundert das noch jemand?

Hier die Behauptungen und die Richtigstellungen von Herrn Stohler:
http://www.kopfbahnhof-21.de/fileadmin/downloads/Stresstest/110819_sma_kombi_erwiderung.pdf

Ich glaube schon, dass Heiner Geißler "Frieden in Stuttgart" will. Aber wenn ich manchen CDU oder FDP Politiker höre, glaube ich, dass diese keinen Frieden in Stuttgart wollen. Warum auch? Was gibt es denn Schöneres, wenn die Grünen und die SPD sich in Baden-Württemberg gegeneinander aufreiben.

Zum Schluss:

Die Kopfbahnhof-21 Volksbewegung hat bereits unheimlich viel erreicht - also positiv denken! Es gibt noch viele Gründe, warum Stuttgart 21 gestoppt wird (Überschreitung der Kostengrenze, verfassungswidrige Mischfinanzierung, fehlende Stilllegungs-Genehmigung der bestehenden Gleise, Widerstand der Bürger, etc.)

... und nicht provozieren lassen! Der friedliche Widerstand ist das größte Pfund der K21 Bewegung!

Viele Grüße
M. Rupp

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FINITO