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Den Damen und Herren des Stuttgarter Gemeinderats (CDU, SPD, FDP, Freie Wähler) zur Kenntnis
1. Januar 2009 / 21. März 2010

S 21, Memory* 7, offener Brief

75% des Stuttgarter Gemeinderats


*„Memory“ im Sinne von „merken und aufdecken“. Bemerken und aufdecken nämlich, was von den Planern und Befürwortern bei S 21 verschwiegen oder falsch dargestellt wird.
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Oberbürgermeister Dr. Schuster: „75% der Stadträtinnen und Stadträte sind dafür.“
Stimmt das wirklich? Waren auch Sie dafür? Oder gehören Sie eher zu denen, die sich der Fraktionsdisziplin gebeugt haben? Meine Stuttgarter Verwandten und Bekannten aus dem gehobenen Bürgertum (mit Ausnahme eines ehemaligen Beamten aus dem Wirtschaftsministerium) sind entschieden bis leidenschaftlich gegen Stuttgart 21 und deshalb kann ich nicht glauben, dass alle Räte der CDU, SPD, FDP und der freien Wähler dafür gewesen sein sollen. 75% ist deshalb die typische Halbwahrheit zum Projekt Stuttgart 21.

Wenn Sie im Gemeinderat aus Überzeugung für Stuttgart 21 gestimmt haben, könnte es sein, dass Sie durch Informationen der Stuttgart-21-Planer dafür gewonnen worden sind, die sich
inzwischen immer deutlicher als falsch oder fragwürdig erweisen, zum Beispiel:

1. Stuttgart wird sonst bahnverkehrlich abgehängt
  1. Die Fahrzeiten nach Ulm und im Regionalverkehr werden stark gemindert, nach Ulm um fast eine halbe Stunde. Zum Flughafen nur noch 8 Minuten!
  2. Der Regionalverkehr wird gewinnen, dadurch verlagert sich mehr Autoverkehr auf die Schiene.
  3. Der neue Bahnhof ist doppelt so leistungsfähig. http://www.s21.siegfried-busch.de/page14/page11/page11.html
  4. Es ist ein Projekt der Bahn, diese trägt auch das Risiko beim Bau und bei der Finanzierung.
  5. Der Schloss- und Rosensteinpark wird größer, es ist ein „grünes Projekt“.
  6. Der neue Bahnhof ist hell, großzügig und repräsentativ, ein architektonischer Wurf.
  7. Mehr Komfort für die Reisenden beim Umsteigen.
  8. Es gibt keine Alternative!
  9. Die Finanzierung ist solide gerechnet und gesichert, die Kosten werden im Wesentlichen durch die Grundstücksverkäufe gedeckt.
  10. Für Stuttgart ist es eine Jahrhunderchance für die Stadtentwicklung.
  11. Das Wahrzeichen Bonatz-Bahnhof bleibt erhalten.
  12. Die Mineralquellen sind nicht gefährdet.

Dies alles oder das Meiste davon ist falsch oder hinfällig, zumindest aber sehr fragwürdig geworden (Belege finden Sie unter „Kommentierung“). Das „Querdenken“ erscheint immer mehr als Verquerdenken. Bahnchef Mehdorn und der Bahnvorstand haben nicht nur die Bahn und die Bahnkunden im Blick, sondern auch, wie gesehen, ihren eigenen Profit. Die städtebauliche Situation in Stuttgart kann der Bahn egal sein und die aufwendige Renovierung und Ertüchtigung des Kopfbahnhofs wäre sie durch S 21 los.

Der Widerstand gegen Stuttgart 21 hat sich erst dann wirklich und stark formiert, als die Planungen konkret wurden, man hatte nicht mehr daran geglaubt. Inzwischen gibt es viele warnende Stimmen, die gehört werden sollten und Expertisen herausragender und nicht mit den Projektoren verbundener Fachleute, die die angeblichen Vorteile von Stuttgart 21 deutlich in Frage stellen oder sogar zwingend widerlegen (Quellen: www.kopfbahnhof-21.de und das neue Buch „Die entzauberte Stadt“).

Die Stuttgarter sehen jetzt schon mit eigenen Augen beim Bankenkomplex das kalte Gesicht der neuen Stadt (auf A 1 von 6 Stockwerken an aufwärts!). Stuttgarts Bürger sehen auch, welchen Schatz der Bonatz-Bahnhof für Stuttgart bedeutet: individuelle Baukunst unter Denkmalschutz, noble und repräsentative Urbanität und städtische Identität. Die Menschen wehren sich gegen die Zerstörung und Versiegelung des Schlossgartens an zentraler Stelle. Die 300 000 Bahnfahrer täglich (darunter etwa 30 000 Durchreisende) sollen die Stadt nicht nur von unten sehen.

Dass die Baden-Württemberger den Kostenschätzungen des Bundesrechnungshofes und anderer Gutachter mehr Glauben schenken als den offiziellen Verlautbarungen, führt zu Vertrauensverlust: wer wird denn gern so offensichtlich hinters Licht geführt? Wer so ungeniert schönrechnet, dem glaubt man auch die anderen Lobpreisungen nicht mehr. Kennen Sie die erschreckende Mängelliste, zum Beispiel die erdrückend niedrige Verteilerebene des Tiefbahnhofs, die „unterirdische Geislinger Steige“, die Fahrstraßenkonflikte und die Vernachlässigung der Sicherheit? Mit der neuen Verteilerebene tauscht man im Vergleich zur jetzigen Kopfbahnsteighalle Stroh für Gold. Glauben Sie selbst noch an das best-gerechnete und -geplante Stuttgart 21?

Auch die Alternative Kopfbahnhof 21 bringt wirtschaftlichen Aufschwung durch viele Baumaßnahmen, die jedoch eher die örtlichen Unternehmer berücksichtigen können als das gigantomanische Projekt S 21. Oben bleiben! Stuttgart nicht in seinem „Grundgesetz“ (Stuttgarts berühmtester Architekt Günter Benisch) zerstören und zur europagrößten Baustelle für mindestens zehn Jahre machen! Vieregg - Rössler hält das Projekt K 21 im Wesentlichen für richtig, hat aber eine eigene und verbesserte Version bereit. Warum wird diese sachkundige Planungsvariante nicht zumindest angefordert und geprüft? Warum schwindelt man mit der Behauptung „keine Alternative“ einfach so weiter?

Bitte verhindern Sie, dass mit dem Abbruch des Bahnhofs begonnen wird, bevor eine überzeugende städtebauliche Lösung gefunden wurde und bevor die aufgedeckten Mängel und Gefahren von Stuttgart 21 in verantwortlicher Weise aufgearbeitet worden sind. Verhindern Sie bitte die Verwüstung der Stadt zugunsten ungewisser Stadtplanungen. Die Stadt hat sich zu Grundstücksspekulationen verstiegen, die sich jetzt gegen sie wenden. Es gibt jetzt schon genügend Flächen in Stuttgart zu entwickeln statt zu blockieren wie allzu lang bei A 1 und dem Inneren Nordbahnhof. Verhindern Sie bitte auch die unnötige Zerstörung funktionierender Verkehrsstruktur wie die Stationen Staatsgalerie, Nordbahnhof und Zulauf Türlenstraße.

Die Bevölkerung ist mit großer Mehrheit gegen Stuttgart 21. Stuttgart hat andere wichtige und attraktive Bauvorhaben. Ohne S21 könnte es sich diesen mit größerer Kraft zuwenden. Die Bäume wachsen auch in Stuttgart nicht in den Himmel, die Finanzknappheit durch geringere Gewerbesteuereinnahmen und verlorene Millionen von Stadt und Land (LBBW) sind neue Fakten, die alte Vorhaben zusätzlich in Frage stellen. Man kann das Geld nur einmal ausgeben, die Bundeszuschüsse und EU-Gelder sind für den Anschluss an die Neubaustrecke, nicht für den Tiefbahnhof!

Die Kosten von S 21 sind für mich sekundär, es geht mir um Lebens- und Reisequalität und um den Schutz meiner Heimatstadt in ihrem innersten Kern.