Sehr geehrter Herr Brunnhuber!
Im Anhang lasse ich Ihnen meinen Flyer zukommen, in dem ich schwerwiegende, fundamentale Mängel beim Projekt Stuttgart 21 aufliste. Übrigens: Die .ingenieure22.de haben die gleiche Liste. Wohlgemerkt: Wenn schon ein einziger dieser Mängel eintritt, dann bedeutet dies das AUS für das gesamte Projekt Projekt. Das wäre eigentlich die logische Folge, wenn man die Konsequenzen für die etwa 300 000 Pendler täglich berücksichtigt. Unverantwortlich wäre es, in Kenntnis dieser Fakten einfach weiterzuwursteln, wie wenn nichts gewesen wäre.
ABER !!! Bisher hat sich noch kein einziger Politiker/in zu diesem Flyer geäußert, obwohl jeder einzelne im Landtag von BW diesen schon vor einem Jahr erhalten hat.
Meine bescheidene Frage an Sie:
Liege ich mit meinen Einschätzungen falsch oder richtig ???
Bedenken Sie bitte, dass ich diesen Schriftverkehr öffentlich machen werde. (Auch dann, wenn ich von Ihrer Seite keine Stellungnahme erhalte. Das wäre dann ja das fatale Eingeständnis der von mir genannten Fakten !!!)
Mit freundlichen Grüßen
Jobst Knoblauch
Betreff: Bürgeranfrage an Georg Brunnhuber: S21
Datum: 2019-05-07T16:28:36+0200
Von: "Georg Brunnhuber" <Georg.Brunnhuber@s21erleben.de>
An: "jobst-knoblauch@t-online.de" <jobst-knoblauch@t-online.de>
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Sehr geehrter Herr Knoblauch,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 20.4.2019.
Wie Sie sich vorstellen können, teile ich Ihre Einschätzung nicht. Die von Ihnen vorgetragenen Fragen oder Behauptungen wurden schon vor Jahren beantwortet und widerlegt. Auch der Baufortschritt belegt, dass das Bahnprojekt schon sehr viel weiter vorangekommen ist, als viele Kritiker es für möglich gehalten haben.
Ungeachtet dessen wären wir Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Ihre Fragen und unsere Antworten komplett veröffentlichen, damit die von Ihnen aufgebrachten Behauptungen richtig gestellt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Georg Brunnhuber
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Die Antwort im Detail:
Das Projekt Stuttgart 21 scheitert.
Nicht die Meldungen über Bauzeitverzögerungen, den Fund von Juchtenkäfern oder die Umsiedlung von Zauneidechsen wecken Zweifel an der Umsetzung des Projektes Stuttgart 21, sondern
s c h w e r w i e g e n d e, f u n d a m e n t a l e M ä n g e l am gesamten Konzept:
1) Der quellfähige Gipskeuper
Wer wissen will, wie sich quellfähiger Gipskeuper anfühlt, muss nur die A81 zwischen den Anschlussstellen Nr. 32 und 33 nahe Oberndorf befahren: Diese 500 m müssen immer wieder wegen Hebungen und Verwerfungen saniert werden. „Empfehlenswert“ ist auch die Altstadt von Staufen. Vier eingleisige Tunnelröhren münden
in die schräge Tiefhaltestelle. Sie alle führen durch den quellfähigen Gipskeuper. Die Bahn behauptet zwar,
alles im Griff zu haben, aber im streng geheim gehaltenen (warum eigentlich?) Dokument von KPMG und Ernst Basler steht auf Seite 46, dass man bei einer Begehung am 17. Aug. 2016 „Wasserzutritte“ festgestellt habe ...
Antwort: Die Planungen der Deutschen Bahn basieren auf profunden und belastbaren geologischen Informationen. In anhydrithaltigen Bereichen wurde ein an die geologischen Verhältnisse angepasstes Bauverfahren
angewandt. Dieses Verfahren wurde gemeinsam mit Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E. h. Walter Wittke, einem führenden Bauingenieur im Bereich Geotechnik und speziell Felsmechanik mit rund 40 Jahren Erfahrung entwickelt und umfasst unter anderem die Verwendung von Injektionen und die Herstellung von Abdichtungsbauwerken, um den Wassereintritt zu verhindern. „Alle relevanten Bereiche wurden erfolgreich durchfahren, ohne dass es zu nennenswerten Hebungen gekommen ist.“ Presseinformation vom 5.3.2018
Für die Geologie in Stuttgart bestehen umfangreiche Untersuchungen, Bohrungen aus einem mehrjährigen Bohr- und Erkundungsprogramm sowie die Erfahrungen aus zahlreichen Tunnelprojekten in der Landeshauptstadt und aus anderen Bauvorhaben. So gibt es in Stuttgart seit Jahrzehnten verlässliche Erfahrungen im Tunnelbau aus dem S- Bahn-, Stadtbahn- und Straßenbau. Auch beim S-Bahn-Tunnel nach Vaihingen trifft man auf die gleiche geologische Schichtfolge. Hier hat die Bahn in der Vergangenheit Tunnelbauprojekte im unausgelaugten Gipskeuper erfolgreich gebaut, zum Beispiel die S-Bahn-Wendeschleife und den Hasenbergtunnel. Weder beim Bau noch während der inzwischen rund 30-jährigen Betriebszeit gab es hier Probleme.
2) Die geringere Leistungsfähigkeit
Die von der Bahn verheimlichte (!) Personenstromanalyse geht von 32 Zügen aus. Das ist deutlich weniger, als der jetzige Kopfbahnhof leistet. Damit sind die Berechnungen von WikiReal bestätigt. Die Bahn widerspricht diesen nicht.
Antwort: Der sogenannte Stresstest, eine Betriebssimulation, hat präzise und detailliert nachgewiesen, dass die neuen, schnell befahrbaren und weitgehend konfliktfreien Gleisanlagen zur Spitzenstunde 49 Zugankünfte zur
Spitzenstunde abwickeln kann. Mit der Veröffentlichung des SMA-Abschlussberichts, der öffentlichen Vorstellung der Stresstest-Ergebnisse Ende Juli 2011 und dem zweiten Simulationslauf im Herbst 2011 wurde die Diskussion um den Stresstest erfolgreich abgeschlossen und alle Forderungen aus dem Schlichterspruch erfüllt. Auch die Fachwelt hat die Ergebnisse des Stresstests bestätigt. Ein wichtiger Unterschied ist, dass der Stresstest Zughalte berechnet, die Personenstromanalyse die Aufenthaltsqualität auf den Bahnsteigen bewertet. Das eine (Personenstromanalyse) hat also mit dem anderen (Leistungsfähigkeit des Bahnhofs) nichts zu tun.
3) Der ungenügende Brandschutz
Der Brandsachverständige vergleicht die schräge Tiefhaltestelle mit einer Fabrikhalle.
Der gravierende Unterschied ist jedoch, dass die wenigen hundert Arbeiter aus einer Halle
in alle Himmelsrichtungen und auf ebenem Boden fliehen können, während in der schrägen Tiefhaltestelle Tausende über Treppen nach oben in die gleiche Richtung, wie auch der Rauch abzieht, flüchten müssen.
!!! Die schräge Tiefhaltestelle = Eine Todesfalle mit Ansage !!!
Antwort: Der Brandschutz wurde mit dem Planfeststellungsbeschluss des neuen Durchgangsbahnhofs bereits 2005 genehmigt. Er wird seitdem an die gestiegenen Anforderungen angepasst. Das Eisenbahn-Bundesamt hat mit der Verlegung der Fluchttreppen an die Enden der Bahnsteige zugestimmt. Damit kann der Bahnhof so gebaut werden.
Noch ein inhaltlicher Auszug aus der Berichterstattung aus der Ausschusssitzung im Stuttgarter Rathaus: Für Markus Heber (stv. Leiter der Stuttgarter Feuerwehr) haben die Simulationen gezeigt, dass das Fluchtkonzept grundsätzlich funktioniere. Die frische Luft komme aus der Richtung, in die die Menschen rennen. Der Fachmann verweist darauf, dass die Studien und Gutachten der Bahn evaluiert und durch weitere Gutachter bestätigt worden seien. Auch ein unabhängiges Büro halte den Nachweis für erbracht: „‘Alle Personen können den Bahnhof sicher verlassen‘, sagt der Vize-Chef der Feuerwehr.“ Südwestpresse, 9.5.2018
4) Die Kosten
Die Bahn lügt und betrügt auch bei den Kosten. Im Herbst 2017 hat die Bahn die Kosten um ein weiteres „Scheibchen“ auf 7,6 Mrd. € angehoben, um am 26.01.2018 „finale Kosten“ von 8,2 Mrd. € anzugeben.
Der Bundesrechnungshof nennt schon lange ca. 10 Milliarden Euro, ebenso die renommierte Firma Vieregg und Rößler. Selbst der eigene Architekt Ingenhoven rechnet mit 10 Mrd. €. Die Bahn baut und baut, schafft Fakten, obwohl nicht einmal die letzte Erhöhung von 4,5 Mrd. € auf 6,5 Mrd. € finanziert ist !!!
Antwort: Der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG genehmigte am 26.01.2018 eine Gesamtkostenschätzung für Stuttgart 21 in Höhe von 7.705 Mio. Euro sowie einen weiteren Risikopuffer in Höhe von 495 Mio. Euro. Somit beträgt der Finanzierungsrahmen für Stuttgart 21 insgesamt 8.200 Mio. Euro. Dieser Entscheidung des Aufsichtsrates ging ein Prozess voraus, in dem Chancen und Risiken für die Kostenentwicklung unter Berücksichtigung des Projektfortschritts kontinuierlich aktualisiert und die Kosten an die zunehmende Planungstiefe angepasst wurden.
5) Die schräge Tiefhaltestelle
Die Neigung der schrägen Tiefhaltestelle ist regelwidrig: Auf 400 m Länge ist das andere Ende 6 m höher bzw. tiefer. Diese Neigung wird immer wieder zu unbeabsichtigtem Wegrollen von Zügen führen. So wird dieses Gefälle über die gesamte Betriebszeit zu einer andauernden Gefahrenquelle für Reisende insbesondere beim Fahrgast- wechsel. Die Bahn nimmt bewusst Gefährdungen für Leib und Leben ihrer Kunden grob fahrlässig in Kauf.
Antwort: Die Längsneigung von 15 Promille ist auf die ungefähre Schrittlänge eines Menschen von einem Meter umgerechnet ein Höhenunterschied von 1,5 Zentimeter. Die eingereichten Planunterlagen und die darauf aufbauenden Ausführungen der neuen Durchgangsstation sind vom Eisenbahn-Bundesamt durch die Plangenehmigung aus dem Jahr 2005, was der Baugenehmigung entspricht, geprüft und damit rechtlich einwandfrei sowie regelkonform. Moderne Fahrzeuge lassen sich weder versehentlich rückwärts bewegen, noch rollen sie auch nur einen Meter, wenn auch nur eine einzige Tür geöffnet ist.
Die Gefahr, dass ein Gegenstand (Kinderwagen, Rollstuhl oder Koffer) unbeabsichtigt ins Gleisbett rollt ist nicht gegeben. Denn alle Bahnsteige haben eine Querneigung zur Bahnsteigmitte. Somit werden alle rollenden Objekte zur Bahnsteigmitte und damit weg von der Bahnsteigkante geführt.
Hinweis: Die S-Bahn-Station Feuerbach wird seit den 1970iger Jahren mit einem Längsgefälle von über 15 Promille unfallfrei betrieben.
6) Der Bahnhof als Schwimmhalle ?
In den Seitenwänden der unterirdischen Halle sind große Öffnungen eingebaut. Sie dienen dazu, den Bahnhof fluten zu können, damit der Trog bei extremen Hochwasserlagen nicht aufschwimmen kann.
Antwort: Allein das Eigengewicht der Bahnhofskonstruktion und ihrer Gründung reicht aus, um ein „Aufschwimmen“ zu verhindern. Prof. Dr. Ing. Dr. Ing. E. h. Werner Sobek, Tragwerksplaner des neuen Stuttgarter Hauptbahnhofs, hat dies 2010 in einem Interview in Dialog 21 ausführlich erläutert. Die Auftriebssicherheit des Tunnelbauwerks wird durch eine Sicherheitsdrainage auf Höhe des Bemessungswasserspiegels hergestellt, der sich an einem Grundwasserhöchststand der Jährlichkeit 200 orientiert. Bei Überschreitung dieses Bemessungswasserstandes wird das in der Sicherheitsdrainage anfallende Wasser über einen Kanal rückstaufrei zu einem im Unteren Schlossgarten gelegenen Sickerschacht geführt und über einen Kiesfilter in den Untergrund versickert.
Und wie schon einmal gehabt: Die Ausstiegslügen der Bahn
Genauso wie die Bahn vor der Volksabstimmung bei der Rechnung für den Ausstieg gelogen hat, lügt sie jetzt erneut. Sie beziffert den Ausstieg fast auf den gleichen Betrag wie ihre derzeitigen Baukosten.
Antwort: Nachdem knapp 80% der Tunnel bei S21 vorgetrieben sind, gehen wir auf diese Polemik nicht weiter ein.
Offensichtlich sind unsere Politiker unfähig, das absehbare Desaster bei S21 für Stuttgart u n d die Region u n d
für 300 000 Pendler täglich zu verhindern. Befassen Sie sich mit dem Konzept von www.umstieg-21.de ! V.i.S.d.P.: Jobst Knoblauch, Hexenwegle 9, 78234 Engen; Stand: 26.01.2018; seither inhaltlich unverändert: 12.02.2019