alter Kaffee?

Briefpost von OB Dr. Schuster Ende Oktober an alle 300 000 Stuttgart Haushalte
und Kommentare von
Prof. Dr.-Ing. Manfred Fischer zu einzelnen Aussagen Schusters am 23.7.2019

„Aus diesem fast12 Jahre alten Brief habe ich mir einige wichtig erscheinende Aussagen von Herrn Schuster herausgeschrieben und mit 1, bis 12. nummeriert. Zu jeder Aussage gebe ich einen Kommentar ab, der mehr oder weniger ernst gemeint ist (siehe oben).“

1.In Stuttgart wird viel Platz geschaffen für mehr Grün.
Ich nehme an, dass die Sekretärin bei Grün das e vergessen hat. Herr Schuster meint demnach : In Stuttgart wird durch das Projekt S21 viel Platz geschaffen für mehr Grüne. Damit hatte er Recht. Tatsächlich zog Herr Kretschmann in die große Staatskanzlei ein, Herr Kuhn in das Rathaus und Herr Hermann ins Verkehrsministerium.

2.Es wird viel Platz geschaffen für für neue Wohnungen.
Feststellen muss ich allerdings, dass bislang nur wenige teure Wohnungen gebaut wurden.

3.Wo heute gewaltige Gleisanlagen unsere Stadt zerschneiden, entsteht ein neuer Stadtteil.
Dass unsere Stadt zerschnitten sei, habe ich, als alter Stuttgarter, nicht so empfunden. Im Gegenteil, ich bin sogar begeistert, wie „hälinga“ die Züge in Stuttgart den Hauptbahnhof erreichen. Hervorragende Ingenieure haben einst
mit guten Ideen die Trassen der vielen Gleise in den geneigten Hang „hinein komponiert“,so dass die Züge kreuzungsfrei und ohne die Umgebung zu stören, ihren vorgesehenen Bahnsteig erreichen. Die Fahrgäste hatten kurz vor dem Bahnhof sogar noch eine schöne Aussicht auf den Kriegsberg in Fahrtrichtung rechts und auf die Uhlandshöhe links. Diese Einfahrt war für mich immer ein Erlebnis. Heute ist diese Aussicht schon teilweise verstellt und soll noch weiter verstellt werden. Der Hinweis auf eine Stadtzerschneidung ist m. E.lediglich ein Vorwand gewesen, um die Immobilienbranche zum Zuge kommen zu lassen. Tatsächlich fehlen zukünftig in diesem „verbauten“ Bezirk freie Flächen, um diesen Stadtbereich gut zu belüften.


4.Rosensteinpark und Schlossgarten werden um die Fläche von rund 30 Fußballfeldern erweitert.Unsere Stadt wird noch lebenswerter. 
Das verdanken wir auch den vielen Anregungen von Bürgerinnen und Bürgern, die sich in der Bürgerbeteiligung in den letzten Jahren engagiert haben.
Beim ersten Satz dachte Herr Schuster vielleicht schon an eine Fußballweltmeisterschaft in Stuttgart? Ob allerdings Fußball eine Stadt lebenswerter macht (Satz 2), muss man derzeit in Stuttgart (mit seinem VfB) eher bezweifeln!
Im dritten Satz werden engagierte Bürger gelobt. Da sich hauptsächlich die S21-Gegner in Sachen S21 engagiert haben, dürfen sicher diese Bürger
 das Lob von Herrn Schuster auf sich beziehen. Und tatsächlich wären ohne die S21-Gegner die Grünen nicht in die Regierung gekommen. Und die drei vorher genannten Grünen sind ja tatsächlich Vasallen des Projekts Stuttgart 21 geworden. Der grüne Bürgermeister brachte es gar auf den Punkt mit dem Satz: Stuttgart 21 tut der Stadt gut! (Tunneldurchschlagfeier für Stuttgart 21, 2016).

5.Hinter dem historischen Bahnhofsbau entsteht ein neuer Durchgangsbahnhof, der doppelt so leistungsfähig ist.
Ich bin mir sicher, dass auch Herr Schuster das heute selbst nicht mehr glaubt. Darauf vertraue ich.

6.Zugleich wird die Innenstadt mit dem neuen Bahnhof am Flughafen verbunden.
Dieser neue Bahnhof am Flughafen wird wohl so interessant gestaltet werden, dass man ihn unbedingt gesehen haben muss, ehe man dann mit seinem Gepäck den längeren Fußweg von diesem Bahnhof zum Flughafen antritt.

7.Die Region Stuttgart liegt im Zentrum der neuen europäischen Bahnstrecke. Eine der wichtigsten künftigen Lebensadern des europäischen Kontinents verbindet uns mit Paris, Straßburg, Karlsruhe, Ulm, München, Wien und Budapest.
Da Karlsruhe mit seinen 14 Gleisen für den geplanten Deutschlandtakt der DB eher geeignet ist als der Tiefbahnhaltepunkt in Stuttgart mit seinen nur 8 Gleisen, muss wohl Stuttgart die Zentrumsaufgabe an Karlsruhe abtreten.

8.Gründliche Planungen stellen sicher, dass unsere wertvollen Mineralquellen nicht beeinträchtigt werden.
Da heute die meisten Bürger wissen, dass die Planungen von Stuttgart 21 überhaupt nicht gründlich waren, müssen sie leider um Beeinträchtigungen dieser Quellen bangen.

9.Nicht zuletzt wird das Stadtklima im empfindlichen Talkessel dank der neuen Parkanlagen nachhaltig verbessert,
und wegen der geplanten Überbauung von weiteren Flächen wieder nachhaltig verschlechtert.

10.Die Stadt übernimmt nur relativ geringe Kosten. Sie entsprechen bis zur Fertigstellung im Jahr 2020 weniger als 1 Prozent des Haushalts. Da die Stadt 2007 mehr Geld eingenommen hat als geplant, konnten wir eine Rücklage bilden. So werden künftige Haushalte nicht belastet. Unabhängig davon werden wir in den kommenden Jahren in unsere Schulen, Kindergärten und andere Einrichtungen mehr als je zuvor investieren.
Da die Schulen,Kindergärten und andere Einrichtungen in Stuttgart heute nicht gut gepflegt aussehen, ist obige Rechnung von Herrn Schuster bislang nicht aufgegangen.

11.Lassen Sie mich auf die Kosten eingehen: Richtig ist, dass die Bahnprojekte in Stuttgart mit 2,8 Mrd. Euro und die Neubaustrecke nach Ulm mit 2 Mrd. Euro große Investitionen sind. Richtig ist aber auch, dass die Alternativen langfristig nicht günstiger und schon gar nicht umweltschonender sind.
Dass das Projekt Stuttgart 21 mit seinen enormen Kostensteigerungen als völlig unwirtschaftliches Projekt gesehen werden muss, sagt heute selbst der Bahnvorstand Lutz. Der Vorschlag „Umstieg“ der Gegner spart dagegen einen hohen Kostenbetrag ein.

12. Vor uns liegt eine große Chance für die Zukunft unserer Stadt: bessere Zugverbindungen, mehr Klimaschutz, mehr Lebensqualität, mehr Wohnungen, mehr Arbeitsplätze, mehr Grün und bessere wirtschaftliche Perspektiven. Ich bitte Sie, dieses für unser Land, unsere Region und unsere Stadt so wichtige Projekt zu unterstützen. Mit freundlichen Grüßen
Ihr Wolfgang Schuster,Oberbürgermeister
Diese ehemaligen Einschätzungen von Herrn Schuster haben sich als falsch herausgestellt. Das Projekt S21 ist ein Klima- und Stadtkiller (siehe auch Aussagen von Claus Peymann zu Stuttgart21)